Friedberger Allgemeine

Der Staatsanwa­lt verschont Dr. jur. Markus Söder

Drei Strafanzei­gen wegen des Verdachts der Aufforderu­ng zur Wählertäus­chung werden nicht weiter verfolgt

- VON ULI BACHMEIER UND MICHAEL CZYGAN

München/Schweinfur­t Auweia – da wird doch für Dr. jur. Markus Söder aus Spaß nicht Ernst werden? Wer den CSU-Chef reden gehört hat auf seiner „Stadiontou­r“in Schweinfur­t, Landshut oder anderswo, der weiß, dass ihm angesichts der Umfragen kurz vor der Bundestags­wahl nicht wirklich zum Lachen zumute ist. Ohne Witz und Ironie freilich kommt so eine Wahlkampfr­ede nicht aus. Eine Partei, die gewählt werden will, muss auch gute Laune verbreiten. Also streut Söder zur Aufmunteru­ng des Publikums mehr oder weniger Humorvolle­s ein – etwa über Genderspra­che und seine Position in der privaten Familienhi­erarchie („Da wäre ich Elternteil Nummer Zwei“) oder über die Frisur des Grünen-Politikers Toni Hofreiter („...verweigert sich nachhaltig den hervorrage­nden Leistungen des bayerische­n Friseurhan­dwerks“). Seinen Schlussgag zur Wahl allerdings fanden zumindest in Schweinfur­t nicht alle lustig. Es gab drei Strafanzei­gen wegen des Verdachts der öffentlich­en Aufforderu­ng zur Wählertäus­chung. Und Wählertäus­chung ist eine Straftat.

Der Grund ist folgende Passage am Ende von Söders Rede: „Suchen Sie am Wahltag noch einmal durch im Haus, jeden den Sie finden können“, fordert Söder. Er zählt alle auf – Mann, Frau, Freundin, Opa, Oma, Onkel, Tante – und fährt fort: „Fragen Sie alle: Was möchtest du denn wählen? Und wenn diejenigen sagen: CSU, sagen Sie: Sofort mit zum Wählen! Und wenn sie sagen, sie schwanken noch bei einem anderen, sagen Sie: Gute Idee, lass dir noch eine Woche Zeit, die Wahl ist erst nächste Woche.“Söder lässt den Gag wirken und fügt nach einer kurzen Pause noch hinzu: „Es ist jetzt wirklich ernst.“

Mindestens drei Zuhörer Söders nahmen die Passage tatsächlic­h sehr ernst und erstattete­n in Schweinfur­t Strafanzei­ge. Die dortige Staatsanwa­ltschaft allerdings konnte keine strafbare Handlung erkennen. Sie teilte unserer Redaktion am Mittwoch auf Anfrage mit: „Nach rechtliche­r Prüfung hat die Staatsanwa­ltschaft Schweinfur­t heute entschiede­n, den Anzeigen keine Folge zu geben. Nach Prüfung eines Mitschnitt­s der Rede liegt kein Anfangsver­dacht vor, weder bezüglich einer öffentlich­en Aufforderu­ng zu Straftaten noch einer Wählertäus­chung. Die Äußerung erweckt erkennbar nicht den Eindruck der Ernsthafti­gkeit. Sie war für sich genommen und nach den Gesamtumst­änden als Scherz zu verstehen.“

Der renommiert­e Augsburger Strafverte­idiger Walter Rubach zweifelt die Entscheidu­ng an: „Dass der Straftatbe­stand der Wählertäus­chung erfüllt sein könnte, ist ein naheliegen­der Gedanke, denn es reicht laut Strafgeset­zbuch „die täuschende Einwirkung auf einen Wahlberech­tigten“mit dem Ziel, dass dieser einen Wahltermin versäumt. Schon der Versuch ist strafbar. Die eilige Einstellun­g des Verfahrens wundert mich allerdings nicht, wurde doch in Bayern schon in den 80er Jahren zur Erledigung der Parteispen­denaffäre der „animus auctoris“(„der tatsächlic­he Wille zur Tat“) strapazier­t, dessen angebliche­s Fehlen Politiker vor strafrecht­licher Verfolgung schützte.“Rubach kommentier­t: „Unabhängig davon, ob der Aufruf Söders scherzhaft gemeint war, ist er politisch ziemlich dämlich, kennzeichn­et er doch die Angst vor der Mündigkeit der Bürgerinne­n und Bürger – und der mangelnden Überzeugun­gskraft seiner Politik.“

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Foto: dpa Ein Gag von CSU‰Chef Markus Söder be‰ schäftigte den Staatsanwa­lt.

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