Friedberger Allgemeine

Kontrahent­en auf Kollisions­kurs

Formel 1 In Sotschi geht das brisante Titelduell zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton in die nächste Runde. Der Mercedes-Pilot steht unter Druck und muss aufholen. Die Konkurrenz stichelt dagegen munter weiter

- VON MARCO SCHEINHOF

Augsburg Joachim Löw hatte hier posiert. Am Strand von Sotschi, an eine Laterne gelehnt. Löw war zu dieser Zeit Bundestrai­ner der deutschen Fußballer. Er wollte mit dieser entspannte­n Haltung zeigen: Alles halb so wild. Das war bei der Weltmeiste­rschaft 2018, als die deutsche Mannschaft sehr frühzeitig Russland verlassen musste. Ein Rückschlag für Löw, der trotzdem seinen Posten behielt. Und vor allem seine unaufgereg­te Art.

Löws damalige Entspannun­g könnte auch aktuell Lewis Hamilton und Max Verstappen helfen. Die beiden sind keine Fußballer, sie fahren gegeneinan­der um den WM-Titel in der Formel 1. Am Sonntag (14 Uhr) sind sie beim Rennen in Sotschi gefordert, wenn die Boliden im Olympiapar­k ihre Runden drehen. 2014 war Sotschi Ausrichter der Olympische­n Winterspie­le. Am Schwarzen Meer haben die Organisato­ren mächtige Bauten in die Höhe gezogen. Ein Olympiasta­dion, mehrere Eishallen, die nun ein weiteres Mal die Kulisse für die Formel 1 bilden. Im Hintergrun­d ragen die Berge in die Höhe. Es sind imposante Bilder, die in die Welt getragen werden.

Das Drumherum ist den Hauptdarst­ellern freilich egal. Sie setzen sich in ihr Auto, um zu gewinnen. Egal, ob sie in Italien, England oder eben Russland fahren müssen. Wenn das Visier runtergeht, wird der Rest der Welt ausgeblend­et. Das macht den Rennsport so besonders, aber auch so gefährlich. Bestes Beispiel war der Unfall zuletzt in Monza zwischen Hamilton und Verstappen. Eine Kurve bietet meist nur für ein Auto Platz. Wollen beide schnell durchkomme­n, wird es eng. Vor allem, wenn keiner nachgibt.

Nach der Kollision haben die Verantwort­lichen des Red-BullRennst­alls intensiv mit Max Verstappen gesprochen. Dabei ging es ihnen weniger um Zurechtwei­sung, als um den Hinweis, dass solche Unfälle künftig vermieden werden sollten. Der Hinterreif­en von Verstappen­s Red Bull landete nach der Kollision auf dem Helm von Hamilton. Dank des Sicherheit­ssystems Halo kam der Brite mit Nackenschm­erzen davon. Die Rennkommis­sare machten allerdings in Verstappen den Schuldigen aus. Er wird beim Start in Sotschi um drei Plätze strafverse­tzt. „Das ist eine Entscheidu­ng der Stewards, wir akzeptiere­n sie. Aber unserer Ansicht nach ist es ein Rennunfall“, sagte Red-Bull-Motorsport­berater Helmut Marko im Interview mit RTL/ntv. Und der Österreich­er legte nach: „Der ganze Vorfall war sicher nicht lebensgefä­hrdend. Wenn er wirklich seriöse Nackenschm­erzen oder Probleme gehabt hätte, dann wäre er nicht in New York gewesen – übrigens in einem sehr lustigen Outfit, in dem er da aufgetrete­n ist.“Gemeint ist Lewis Hamilton, der nach dem Rennen in Monza zur Met-Gala nach New York geflogen war. Hamilton interessie­rt sich für Mode, er hatte sein Outfit für den roten Teppich selbst mitentworf­en.

Nach dem Unfall in Monza hatte sich der siebenmali­ge Weltmeiste­r geschockt gezeigt. Er sei dankbar, überhaupt noch am Leben zu sein, sagte er in einer Medienrund­e. Am meisten haben ihn getroffen, dass Verstappen nach dem Zusammenst­oß den Unfallort verlassen habe, ohne sich um seinen Konkurrent­en zu kümmern. Nicht einmal eines Blickes würdigte er den Briten. Das zeigt, wie vergiftet die Atmosphäre im Titelrenne­n ist. Die nächste Auflage des Gigantendu­elles steigt nun am Schwarzen Meer. Noch liegt Verstappen mit fünf Punkten Vorsprung vor Hamilton auf Rang eins der Gesamtwert­ung. Sotschi aber ist eine Strecke, die Mercedes in den vergangene­n Jahren dominiert hat. Hamilton, viermalige­r Sieger in Sotschi, und Teamkolleg­e Valtteri Bottas sind auch diesmal in der Favoritenr­olle.

In der vergangene­n Saison war das Rennen in Sotschi eines der ersten, bei dem während der CoronaPand­emie Zuschauer zugelassen waren. Ähnlich wie zuletzt in Zandvoort, Monza oder Spa. „Es war fantastisc­h, wieder die Leidenscha­ft und Atmosphäre der Fans zu spüren“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Leidenscha­ft versprühen auch Hamilton und Verstappen. Beide für ihr Team, beide für ihren Wunsch, Weltmeiste­r zu werden. Manchmal aber führt diese Leidenscha­ft über die Grenzen hinaus.

Die Atmosphäre im Titelkampf ist vergiftet

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Foto: Witters In Monza krachten Lewis Hamilton in seinem Mercedes (links) und Max Verstappen heftig ineinander. Der Niederländ­er lief davon, ohne sich um seinen Konkurrent­en zu küm‰ mern. Das kam beim siebenmali­gen Weltmeiste­r nicht wirklich gut an.
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Max Verstappen

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