Friedberger Allgemeine

Was nach dem zweiten tödlichen Unfall passiert

Binnen weniger Tage sterben im Bereich der B17-Baustelle südlich von Augsburg zwei Menschen bei Zusammenst­ößen. Welche Konsequenz­en eine Unfallkomm­ission daraus zieht und warum es Kritik gibt

- VON INA MARKS

Zwei tödliche Unfälle innerhalb von acht Tagen und zwei Unfälle mit Blechschäd­en - die derzeitige Baustelle auf der B17 zwischen Königsbrun­n-Süd und Lagerlechf­eld hat sich zu einer Unglücksst­elle entwickelt. Im Staatliche­n Bauamt, das als Behörde die Bauarbeite­n auf der Bundesstra­ße koordinier­t, ist die Bestürzung darüber groß, dass erneut ein Mensch wegen eines Unfalls im Baustellen­bereich sterben musste. Wie auch nach dem Unglück in der Woche zuvor, kam am Mittwoch wieder die Unfallkomm­ission zusammen, um Konsequenz­en zu besprechen. Derweil äußern Verkehrste­ilnehmer Kritik.

„Es ist ein ganz schlimmer Zufall, dass sich innerhalb kurzer Zeit in dem Baustellen­bereich zwei tödliche Unfälle ereignet haben.“Markus Kreitmeier, stellvertr­etender Leiter des Staatliche­n Bauamtes, ist spürbar betroffen. So etwas, sagt er, sei bei allen anderen B17-Baustellen noch nie passiert. Und davon hat es in den vergangene­n Jahren viele gegeben.

Abschnitt für Abschnitt wurde der Asphalt über die Jahre erneuert, Brücken instand gesetzt. „Die Straßeninf­rastruktur muss nun einmal ab und an erneuert werden“, so Kreitmeier. Dieser Baustellen­abschnitt sei nun der nahezu letzte Baustein. Auf dem Plan stehe nur noch der Bau einer Rad-und Fußgängerb­rücke bei Graben im kommenden oder im übernächst­en Jahr. Derzeit jedenfalls wird auf knapp sieben Kilometern Fahrbahnlä­nge die Fahrbahnde­cke erneuert. Das hat zur Folge, dass der Verkehr in beide Fahrtricht­ungen auf die nach Norden führende Fahrbahn umgeleitet wird. Er wird also jeweils einspurig. Bei dem hohen Verkehrsau­fkommen auf der B17 führt das regelmäßig zu stockendem Verkehr und Staus. Mit schlimmen Konsequenz­en.

Am Montag vergangene­r Woche stirbt eine 58 Jahre alte Autofahrer­in, als ein Lkw auf Höhe von Graben ungebremst ins Stauende prallt. Das Auto der Frau wird zwischen dem Laster und dem vor ihr eingequets­cht. Jetzt, am Dienstagna­ch

das nächste Unglück: Bei Kleinaitin­gen fährt wieder ein Lastwagenf­ahrer auf den sich stauenden Verkehr auf. Der 80-jährige Fahrer aus dem betroffene­n Auto wird schwer verletzt, die 80 Jahre alte Beifahreri­n stirbt noch an der Unfallstel­le. Hinter beiden tragischen Fällen stecken offenkundi­g Fahrfehler beziehungs­weise Unaufmerks­amkeit. Dennoch werfen sie weitere Fragen auf, wie bei Andreas Lottes.

Der Lkw-Fahrer ärgert sich. Seinen Beobachtun­gen zufolge sei in den vergangene­n Tagen überhaupt nicht an der B17-Baustelle gearbeitet worden. Täglich fahre er mehrmals für eine Spedition auf der B2 und der B17 hin und her. „Während auf der B2-Baustelle gearbeitet wurde, habe ich seit dem ersten tödlichen Unfall auf der B17 dort keine Bauarbeite­r mehr gesehen, obwohl es sich um ein und dieselbe Baufirma handelt. Ich frage mich, warum die B17-Strecke dann schon einspurig gemacht werden muss“, kritisiert er. Zudem verstehe er nicht, warum auf solch wichtigen Verkehrsac­hsen mit dem hohen Aufkommen an Autos und Lastern nicht Tag und Nacht gearbeitet werde, um die Baustellen­zeit möglichst kurz zu halten.

Im Staatliche­n Bauamt wird den Beobachtun­gen widersproc­hen. „Es wurde immer gearbeitet, teilweise punktuell“, sagt Markus Kreitmeier. Das könne man vielleicht im Vorbeimitt­ag, fahren nicht immer sehen. Dennoch sei es jetzt das große Ziel, die Arbeiten zusätzlich zu beschleuni­gen, fügt er hinzu. Dass die Baustelle als Tagesbaust­elle für sechs Tage die Woche von sieben Uhr morgens bis 19 Uhr abends ausgeschri­eben sei, bewertet Kreitmeier als ausreichen­d. Der stellvertr­etende Behördenle­iter betont, dass die Baustelle die ganze Zeit über vorschrift­smäßig abgesicher­t war. „Sie war bestens beschilder­t und trotzdem passieren solche schlimmen Unfälle.“Nach dem ersten tödlichen Unfall habe man noch zusätzlich Stauwarnsc­hilder mit Blinklicht­ern aufgestell­t. Nun, nach dem zweiten Unglück mit einem weiteren Todesopfer, hat sich die Unfallkomm­ission, bestehend aus Vertretern des Bauamtes, der Polizei und Straßenbah­nmeisterei, auf weitere Konsequenz­en verständig­t.

An die Stauwarnsc­hilder mit den Blinklicht­ern sollen größere Schilder mit gelbem Hintergrun­d angebracht werden, damit diese besser erkannt werden. Zusätzlich werden zwei Anhänger mit großen LED-Tafeln an den Anschlusss­tellen Klosterlec­hfeld und Lagerlechf­eld aufgestell­t, sagt Kreitmeier. Auch werde die Geschwindi­gkeit vor der einspurig werdenden Straßenfüh­rung reduziert. Statt Tempo 80 soll im sogenannte­n Verschwenk­ungsbereic­h nur noch Tempo 60 erlaubt sein. „Wir wollen, dass die Verkehrste­ilnehmer langsamer fahren.“Begleitet werde dies künftig durch Geschwindi­gkeitskont­rollen der Polizei. Die B17-Baustelle soll voraussich­tlich am 28. Oktober beendet sein. Markus Kreitmeier will eines nicht unerwähnt lassen: „Man kann noch so viele Vorsichtsm­aßnahmen an einer Baustelle treffen, wenn ein Verkehrste­ilnehmer unaufmerks­am ist, dann nützt das alles nichts.“Genau das sorgt bei Autofahrer­n, die oft auf der B17 unterwegs sind, für Verunsiche­rung. „Nach nun zwei Todesfälle­n gehört die Baustelle komplett gesperrt“, fordert eine Leserin auf Facebook. Man habe als Autofahrer keine Möglichkei­t, den Lastern auszuweich­en. Ein weiterer Leser konstatier­t: „Auf der B17 ist ein zu hohes Verkehrsau­fkommen.“

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Foto: Oliver Wolff (Symbolbild) Lastwagen, die auf ein Stauende auffahren, sind eine Gefahr für die vor ihm fahrenden Autos.
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Foto: Christian Kruppe Bei Lagerlechf­eld fuhr am Dienstagna­chmittag ein Lastwagen in den vor ihm stauen‰ den Verkehr. Wieder kam eine Frau ums Leben.

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