Friedberger Allgemeine

Jung und liberal

Die FDP punktet bei den Erstwähler­n

- VON RUDI WAIS

Berlin Sie sind jung – aber nicht grün hinter den Ohren. Bei der Wahl am Sonntag haben 23 Prozent der Erstwähler nach einer Hochrechnu­ng von Infratest Dimap ihr Kreuz bei der FDP gemacht, damit liegen die Liberalen in dieser Altersgrup­pe einen Wimpernsch­lag vor den Grünen und deutlich vor den anderen Parteien: SPD 15 Prozent, Union zehn Prozent, Linke acht Prozent.

Ist Fridays for Future am Ende also doch nicht die Stimme einer ganzen Generation? Oder hat der Lockdown, unter dem junge Menschen ja besonders gelitten haben, deren Aufmerksam­keit auf die FDP gelenkt, die der Freiheit in dieser Zeit Gesicht und Stimme gab? Thorsten Faas ist Wahlforsch­er an der Freien Universitä­t Berlin und hat am Tag nach der Wahl auch noch keine richtige Erklärung für das Phänomen. „Traditione­ll sind die Grünen stark bei jungen Menschen“, sagt er. „Aber trotzdem hat die Partei keinen Alleinvert­retungsans­pruch.“Die Parteien der Großen Koalition, vermutet er, seien für viele, die nicht grün wählen wollten, keine Option mehr. Und das sei dann die Chance für die FDP gewesen. Über die Motive selbst können auch die Experten nur spekuliere­n. „Dafür ist unsere Datenbasis zu schmal“, sagt ein Sprecher der Forschungs­gruppe Wahlen in Mannheim. Das Thema Lockdown könne aber eine Rolle gespielt haben.

Aus früheren Wahlen gibt es keine Statistike­n über das Verhalten der Erstwähler, weil die Institute von ARD und ZDF die Wähler in Altersklas­sen eingeteilt haben. Schließlic­h führe der Begriff Erstwähler etwas in die Irre, heißt es bei der Forschungs­gruppe Wahlen. „Auch ein 40-Jähriger kann ja noch Erstwähler sein.“Bei der Wahl 2017 kam die FDP bei den 18- bis 24-Jährigen auf 13,2 Prozent, die Grünen lagen damals bei 14,6 Prozent. Ganz vorne: die Union mit knapp 20 Prozent. Trotzdem scheinen gerade die Freidemokr­aten, die zuletzt großen Wert auf Themen wie Digitalisi­erung, Schule und technische Innovation gelegt haben, kontinuier­lich bei jüngeren Wählern zu punkten – vor acht Jahren etwa gaben ihnen gerade mal 4,9 Prozent der 18- bis 24-Jährigen ihre Stimme.

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Foto: Jan Woitas, dpa Bonjour Tristesse: Die AfD nimmt im Osten (Grafik) den Platz der Linksparte­i ein, die am Wahlabend wie im Bild zu sehen wenig zu feiern hatte.

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