Stürmisches erstes Börsenjahr für Siemens Energy
Die abgespaltene Tochter profitiert von der Energiewende, trotzdem läuft nicht alles rund
München Man hätte sich ruhigere Umstände für ein erstes Jahr an der Börse vorstellen können. Als Siemens Energy am 28. September 2020 erstmals an der Frankfurter Börse notiert wurde, berappelte sich die Wirtschaftswelt gerade von der ersten Corona-Welle. Die Aktionäre – viele hatten die Papiere über Nacht in ihrem Depot vorgefunden, weil Siemens die Energiesparte an seine eigenen Anteilseigner verschenkt hatte – nahm Energy in seinem ersten Jahr auf eine Achterbahnfahrt mit: Zunächst ging es nach unten, die ersten Zahlen waren durch Abschreibungen und Restrukturierungskosten tiefrot. Doch dann schossen die Aktien nach oben. Anfang Februar meldete der Konzern schwarze Zahlen und im März schließlich schaffte er den Sprung in den Dax – nicht einmal ein halbes Jahr nach seinem Börsendebüt. Im dritten Geschäftsquartal ging es dann zurück in den Verlustbereich. Ausgerechnet die spanische Windkraftbeteiligung Siemens Gamesa zog Energy nach unten, dabei steht sie für die Zukunft des Unternehmens.
In München machte man aus dem Ärger über die Tochter keinen Hehl. Auch die Aktie hat das zu spüren bekommen. Vom dicken Plus Anfang des Jahres ist wenig geblieben. Zuletzt lag sie gegenüber ihrem ersten Tagesschlusskurs nur noch rund acht Prozent höher und hat sich schlechter als der Dax entwickelt. Bei Energy heißt es dazu: „Wir können mit dem aktuellen Kurs der Aktie nicht zufrieden sein.“
Das Bild von der Achterbahnfahrt der Anleger, es passt auch für die Beschäftigten – vor allem weil Siemens Energy Anfang des Jahres den Abbau von weltweit 7800 Stellen angekündigt hat, viele davon in Deutschland. „Es war ein durchwachsenes Jahr“, heißt es von der IG Metall. Grundsätzlich sei die Abspaltung richtig und „eine Befreiung“,
Siemens Energy habe großes Potenzial. Allerdings habe die Art, wie das Management die Konsolidierung vorangetrieben habe, die Aufbruchsstimmung der Mitarbeiter erheblich gedämpft.
„Das letzte Jahr war ein sehr anspruchsvolles Jahr“, bringt man es von Seiten des Konzerns auf den Punkt. Zentrale Herausforderung bleibt – darauf weisen zahlreiche Analysten hin –, Gamesa auf Kurs zu bringen. Hinzu kommt, dass das weite Teile des restlichen Geschäfts mit Turbinen für konventionelle Kraftwerke zwar stabil laufen, aber dennoch im Zuge der Energiewende schrumpfen werden. Auch wenn
Siemens Energy-Chef Christian Bruch nicht müde wird, zu betonen, dass gerade Gaskraftwerke als Übergangstechnologie in der Energiewende wichtig seien.
Ein Zukunftsgeschäft könnte dagegen Wasserstoff werden. Bruch erwartet hier zwar keine schnellen Gewinne, doch auf Dauer könnte das Gas für Energy zum neuen Standbein werden. In der Energiewende kann eine wichtige Rolle spielen, sei es für Flugzeugtreibstoff oder die Stahlproduktion. Doch hier braucht es langen Atem. Siemens Energy hat rund 91 000 Mitarbeiter weltweit, 26 000 davon in Deutschland.