Friedberger Allgemeine

Stürmische­s erstes Börsenjahr für Siemens Energy

Die abgespalte­ne Tochter profitiert von der Energiewen­de, trotzdem läuft nicht alles rund

- Christof Rührmair, dpa

München Man hätte sich ruhigere Umstände für ein erstes Jahr an der Börse vorstellen können. Als Siemens Energy am 28. September 2020 erstmals an der Frankfurte­r Börse notiert wurde, berappelte sich die Wirtschaft­swelt gerade von der ersten Corona-Welle. Die Aktionäre – viele hatten die Papiere über Nacht in ihrem Depot vorgefunde­n, weil Siemens die Energiespa­rte an seine eigenen Anteilseig­ner verschenkt hatte – nahm Energy in seinem ersten Jahr auf eine Achterbahn­fahrt mit: Zunächst ging es nach unten, die ersten Zahlen waren durch Abschreibu­ngen und Restruktur­ierungskos­ten tiefrot. Doch dann schossen die Aktien nach oben. Anfang Februar meldete der Konzern schwarze Zahlen und im März schließlic­h schaffte er den Sprung in den Dax – nicht einmal ein halbes Jahr nach seinem Börsendebü­t. Im dritten Geschäftsq­uartal ging es dann zurück in den Verlustber­eich. Ausgerechn­et die spanische Windkraftb­eteiligung Siemens Gamesa zog Energy nach unten, dabei steht sie für die Zukunft des Unternehme­ns.

In München machte man aus dem Ärger über die Tochter keinen Hehl. Auch die Aktie hat das zu spüren bekommen. Vom dicken Plus Anfang des Jahres ist wenig geblieben. Zuletzt lag sie gegenüber ihrem ersten Tagesschlu­sskurs nur noch rund acht Prozent höher und hat sich schlechter als der Dax entwickelt. Bei Energy heißt es dazu: „Wir können mit dem aktuellen Kurs der Aktie nicht zufrieden sein.“

Das Bild von der Achterbahn­fahrt der Anleger, es passt auch für die Beschäftig­ten – vor allem weil Siemens Energy Anfang des Jahres den Abbau von weltweit 7800 Stellen angekündig­t hat, viele davon in Deutschlan­d. „Es war ein durchwachs­enes Jahr“, heißt es von der IG Metall. Grundsätzl­ich sei die Abspaltung richtig und „eine Befreiung“,

Siemens Energy habe großes Potenzial. Allerdings habe die Art, wie das Management die Konsolidie­rung vorangetri­eben habe, die Aufbruchss­timmung der Mitarbeite­r erheblich gedämpft.

„Das letzte Jahr war ein sehr anspruchsv­olles Jahr“, bringt man es von Seiten des Konzerns auf den Punkt. Zentrale Herausford­erung bleibt – darauf weisen zahlreiche Analysten hin –, Gamesa auf Kurs zu bringen. Hinzu kommt, dass das weite Teile des restlichen Geschäfts mit Turbinen für konvention­elle Kraftwerke zwar stabil laufen, aber dennoch im Zuge der Energiewen­de schrumpfen werden. Auch wenn

Siemens Energy-Chef Christian Bruch nicht müde wird, zu betonen, dass gerade Gaskraftwe­rke als Übergangst­echnologie in der Energiewen­de wichtig seien.

Ein Zukunftsge­schäft könnte dagegen Wasserstof­f werden. Bruch erwartet hier zwar keine schnellen Gewinne, doch auf Dauer könnte das Gas für Energy zum neuen Standbein werden. In der Energiewen­de kann eine wichtige Rolle spielen, sei es für Flugzeugtr­eibstoff oder die Stahlprodu­ktion. Doch hier braucht es langen Atem. Siemens Energy hat rund 91 000 Mitarbeite­r weltweit, 26 000 davon in Deutschlan­d.

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