Friedberger Allgemeine

„Das war nicht unser Gesicht“

Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter und Trainer Markus Weinzierl müssen nach der 0:3-Niederlage gegen Freiburg eine lange Mängellist­e erstellen

- VON ROBERT GÖTZ

Freiburg Als der schwarze Mannschaft­sbus des FC Augsburg um kurz nach 20 Uhr das Dreisamsta­dion verließ, waren die Vorhänge zugezogen, das Licht im Bus stark abgedimmt, dem Anlass entspreche­nd. Vier Stunden trostlose Fahrt lagen vor den Spielern des FCA, auch wenn der Luxusliner komfortabe­l ausgestatt­et ist. Mit 0:3 (0:3) hatte der FCA das letzte Spiel des SC Freiburg im betagten Dreisamsta­dion verloren und so den Gastgebern eine rauschende Abschiedsp­arty ermöglicht. Der FCA hingegen verließ den Ort der Feierlichk­eiten mit einem heftigen Kater.

Es gab natürlich auch Tränen am letzten Bundesliga-Tag im alten Stadion. Freiburgs Trainer Christian Streich, der nie woanders trainiert hatte, zuerst in der Freiburger Fußballsch­ule, dann seit 2011 als Cheftraine­r, hatte auf jeden Fall rot unterlaufe­ne Augen: „Es geht um 25 Jahre hier. Jeder Tag Arbeit, unzählige Spiele, tausende Trainings“, sagte er mit etwas brüchiger Stimme in die Mikrofone der Journalist­en.

Die ersten Umzugskart­ons werden schon am Montag gepackt, sie müssen jetzt vom heimeligen Stadtteil Waldsee ans andere Ende der Stadt zum Flughafen gebracht werden. Dort entstand das hypermoder­ne Europa-Park-Stadion (reine Baukosten 76 Millionen Euro), das Platz für über 34 000 Zuschauer bietet. Am 7. Oktober findet die Generalpro­be

gegen den FC St. Pauli statt, eine Woche beginnt mit dem Gastspiel des RB Leipzig eine neue Zeitrechnu­ng im Breisgau.

Ob der FCA im neuen Stadion in der kommenden Saison auch antreten darf, ist, wenn man die Leistung der ersten 45 Minuten an diesem späten Sonntagnac­hmittag zum Maßstab nimmt, gar nicht so sicher. „Die erste Halbzeit war das schlechtes­te, was ich bisher von meiner

Mannschaft gesehen habe“, gab FCA-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter zu. „Das war ein Sommerkick.“Die Mängellist­e war lang, der Weltmeiste­r von 1990 kam mit dem Aufzählen gar nicht nach. Egal ob Laufleistu­ng, Laufintens­ität, Zweikampfs­tärke, Zweikampfv­erhalten oder Passsicher­heit – der FCA war in der ersten Hälfte in allen Belangen unterlegen. „Das in der ersten Halbzeit war nicht unser Gesicht, hatte mit dem Spiel des FC Augsburg gar nichts zu tun“, entschuldi­gte sich Reuter bei allen Augsburger Anhängern.

Schon nach 33 Minuten war das Spiel entschiede­n. Immer wieder filetierte­n die Freiburger die rechte Abwehrseit­e der Augsburger mit Raphael Framberger und Robert Gumny, fast jeder erfolgvers­prechende Angriff hatte dort seinen Ursprung. Und in der Spielfeldm­itte durften die Freiburger um den überragend­en Stürmer Niclas Höler fast ungestört schalten und walten. Auch weil Zentrumssp­ieler Niklas Dorsch ohne Unterstütz­ung aus der Dreierkett­e und ohne Mithilfe der anderen Mittelfeld­spieler wie Routinier Daniel Caligiuri nicht nur einmal hilf- und ratlos umherirrte. Freiburg spielte sich in einen Rauschzust­and und führte nach Treffern von Lukas Kübler (6.), Höfler (25.) und Vincenzo Grifo (33./Handelfmet­er) bereits 3:0. Dabei hatte Weinzierl die ganze Woche vor der Offensivkr­aft der linken Freiburger Seite gewarnt. Zugehört hatte anscheinen­d keiner. Die erste Hälfte war ein Desaster. Hinten konfus und nach vorne relativ planlos. Zwar wurde es nach der Halbzeit und einer Systemumst­ellung ein paar Minuten besser, doch das war nur ein Strohfeuer. Am Ende konnte sich der FCA bei seinem Torhüter Rafal Gikiewicz bedanken, dass es kein ähnliches Debakel wurde wie für die Hertha in Leipzig (0:6).

FCA-Trainer Weinzierl wirkte nach dem Schlusspfi­ff kurzzeitig geschockt. Nach dem 0:0 bei Union Berlin und dem 1:0-Sieg gegen Gladbach schien er doch mit einer Dreierkett­e das richtige System gefunden, die Niederlage­n gegen Hoffenheim (0:4) und Leverkusen (1:4) aufgearbei­tet zu haben. Davon war am Sonntag nicht viel zu sehen.

Weinzierl: „Das Spiel heute war ein gutes Beispiel, dass wir immer 110 Prozent geben müssen, mit 90 Prozent gewinnst du kein Bundesliga­spiel. Egal, was für ein System wir spielen.“Die Einstellun­g müsse stimmen: „Es geht darum, dass jeder einzelne Spieler an sein Limit kommen muss. Wenn einer meint, dass es von allein geht, ist er falsch gewickelt.“

Kritik an der Kaderzusam­menstellun­g wies Geschäftsf­ührer Stefan Reuter zurück: „Wir sind in Frankfurt, gegen Union ganz anders aufgetrete­n und haben gegen Gladbach zu Hause gewonnen. Da war ähnliches Personal auf dem Platz.“Er verortete die sonntäglic­he Schwachste­lle im Bereich der ganzheitli­chen Zusammenar­beit: „Wir haben es im Kollektiv nicht hingebrach­t.“

Auf die Frage, ob er vor dem zweiten Auswärtssp­iel in Folge bei Borussia Dortmund (Samstag, 15.30 Uhr) irgendetwa­s Positives an der Freiburg-Pleite finden konnte, sagte Reuter: „Das war extrem lehrreich. Wir sollten uns ein Beispiel nehmen an Freiburg.“Auf allen Gebieten.

„Die erste Halbzeit war das schlechtes­te, was ich bisher von meiner Mannschaft gesehen habe.“

FCA‰Geschäftsf­ührer Stefan Reuter

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Foto: Ulrich Wagner FCA‰Geschäftsf­ührer Stefan Reuter war nach der 0:3‰Packung gegen den SC Freiburg bedient.

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