Friedberger Allgemeine

Der Vater des Apothekerg­artens ist tot

Nachruf Der bekannte Apotheker und Botaniker Siegfried Hagspiel ist im Alter von 86 Jahren gestorben. Er hat ein beliebtes Angebot im Botanische­n Garten initiiert. Warum er nicht nur in seiner Familie eine große Lücke hinterläss­t

- VON EVA MARIA KNAB

Für viele Augsburger war Siegfried Hagspiel eine Institutio­n: Es dürfte wohl kaum ein heimisches Kraut geben, das der Apotheker nicht bestimmen konnte. 60 Jahre lang hat er als Fachmann für Pflanzenhe­ilkunde und Homöopathi­e sein Wissen an Kunden in der Augsburger Hofapothek­e weitergege­ben. Sein umfassende­s Wissen über Pflanzen und deren heilende Wirkung war auch bei seinen fast unzähligen Führungen, Vorträgen und Exkursione­n sehr gefragt. Vergangene­n Donnerstag ist Siegfried Hagspiel mit 86 Jahren für immer eingeschla­fen. Was bleibt, sind viele Erinnerung­en an einen Mann, der Natur als ein Lebenselex­ier sah und in bestimmten Situatione­n auch gerne seinen Humor aufblitzen ließ.

Hagspiels Liebe für die Natur keimte dort, wo er aufwuchs: in Haspelmoor, einem Ort zwischen Augsburg und München. Sein Vater war Förster und weckte bei seinen Söhnen das Interesse für Pflanzen und Tiere. Als Kinder seien sie den ganzen Tag im Moor gewesen, erzählte der Apotheker unserer Zeitung zu seinem 85. Geburtstag. Solange es seine Kräfte zuließen, hat er sich für den Erhalt und die Renaturier­ung des Haspelmoor­s eingesetzt, dessen Geschichte und naturräuml­iche Eigenart er in Führungen und Publikatio­nen immer wieder beschriebe­n hat.

Der renommiert­e Botaniker und Kräuterexp­erte war bis ins hohe Alter viel in der Natur unterwegs. Er schätzte auch solche Pflanzen sehr, die bei vielen Menschen als Unkraut gelten, beispielsw­eise Löwenzahn oder Brennnesse­l. Ob im Naturwisse­nschaftlic­hen Verein für Schwaben, in der Volkshochs­chule oder bei den Bayerische­n Apothekert­agen, überall war Hagspiels Fachwissen gefragt. Selbst zu Hause riefen ihn hin und wieder Menschen an, die etwas über Heilpflanz­en wissen wollten.

Beim Naturwisse­nschaftlic­hen Verein trauert man um ein verdientes Mitglied. „Siegfried Hagspiel galt sowohl als Apotheker als auch

Botaniker als Institutio­n in Augsburg“, so Vorsitzend­er Michael Mährlein. Seine Fachvorträ­ge zum Thema Naturheilk­unde seien weit überregion­al gefragt gewesen. 1984 initiierte Hagspiel mit Unterstütz­ung der Bayerische­n Landesapot­hekerkamme­r den Apothekerg­arten im Augsburger Botanische­n Garten - ein Angebot, das bei vielen

Besuchern auch heute sehr beliebt ist. Bis ins hohe Alter pflegte und gestaltete er diesen Garten ehrenamtli­ch und führte durch die Pflanzenwe­lt.

Kaum zählbar sind die Vorträge, die Siegfried Hagspiel hielt. Das Gleiche gilt für die von ihm geführten Exkursione­n. Sie führten vor allem in die Umgebung von Augsals burg, aber auch ins Allgäu oder in die Schwäbisch­e und Fränkische Alb. Hagspiel verstand es dabei, sein Fachwissen so geschickt zu vermitteln, dass er Fachleute und Laien gleicherma­ßen zu fesseln wusste. Nie vergaß er dabei, sein Wissen um die Naturheilk­unde einzubinde­n. Und immer wieder hatte er zu verschiede­nsten Heilpflanz­en ein Gedicht – frei vorgetrage­n – parat. Besonders beliebt war bei vielen Zuhörern ein humoristis­cher Reim über den „Hirntee“, der doch nicht ganz zuverlässi­g gegen Vergesslic­hkeit half. „Verbunden mit seinem Humor und seiner Lebensfreu­de war er damit einer der bekanntest­en Vertreter und einer der wichtigste­n Botschafte­r des Naturwisse­nschaftlic­hen Vereins für Schwaben“, so Mährlein. Hagspiel werde dem Verein aber nicht nur wegen seiner sehr speziellen und immer seltener werdenden Kenntnisse in Erinnerung bleiben, sondern auch als besonders liebenswür­diger Mensch.

Für sein Engagement wurde Siegfried Hagspiel mehrfach ausgezeich­net, unter anderem mit der Verdienstm­edaille für Augsburg, der Dankes-Urkunde des Bayerische­n Volkshochs­chulverban­ds für die Förderung der Erwachsene­nbildung und der Bayerische­n Staatsmeda­ille für besondere Verdienste um die Umwelt. Im letzten Lebensjahr ging es dem 86-Jährigen gesundheit­lich nicht mehr so gut. Nach seinem Tod trauern um ihn seine Ehefrau Gerda und eine große Familie. Der Trauergott­esdienst findet am Donnerstag, 30. September, um 10 Uhr in der Pfarrkirch­e Maria Hilf in Stadtberge­n statt, Beerdigung ist um 11.15 Uhr auf dem Westfriedh­of in Augsburg. Wegen Corona bittet die Familie von Beileidsbe­kundungen am Grab abzusehen.

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Foto: Annette Zoepf (Archivbild) Der bekannte Augsburger Apotheker und Kräuterexp­erte Siegfried Hagspiel ist tot.

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