Friedberger Allgemeine

Ob gestutzt oder gestärkt: Die Spannung bleibt

Verluste für CSU und AfD, Gewinne für FW, Grüne und SPD: Wie die politische­n Spitzen in Aichach-Friedberg mit dem Wahlergebn­is umgehen

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN UND EVA WEIZENEGGE­R

Aichach‰Friedberg Die CSU im Landkreis Aichach-Friedberg hat mit zwei Direktkand­idaten, die in den Bundestag einziehen, ihr Ziel erreicht. So jedenfalls formuliert es CSU-Kreisvorsi­tzender und Landtagsab­geordneter Peter Tomaschko am Tag nach der Wahl. „Dass wir mit Ulrich Lange für den Landkreisn­orden und Hansjörg Durz für den Süden zwei Vertreter im Bundestag haben, beweist, wie sehr die Bürgerinne­n und Bürger mit unserer Arbeit zufrieden sind.“Die teils schlechten Ergebnisse der CSU bei der Zweitstimm­e in einigen Kommunen wie Mering führt Tomaschko unter anderem auf den Bundeskanz­lerkandida­ten zurück. „Mit einem Markus Söder hätten wir hier in Bayern andere Zweitstimm­energebnis­se erzielt.“Aber auch der „unfaire Wahlkampf“der Freien Wähler habe der CSU Stimmen gekostet. „Sie bedienten sich mit ihren Methoden im konservati­ven Lager.“Was die Zukunft bringe und ob die CDU/CSU in der Regierungs­verantwort­ung stehe, werde sich zeigen. „Ich hoffe noch, dass wir gemeinsam mit Grünen und FDP eine stabile Regierung bilden können.“Für die Zukunft müsse man gewappnet sein. Aber dies sei keine Richtungsw­ahl für die Landtagswa­hl 2023. „Hier wird es darum gehen, dass wir mit unserer Politik die bayerische­n Wählerinne­n und Wähler erreichen.“

Sandra Lederer, Kreisvorsi­tzende der SPD, sieht in den Zuwächsen ihrer Partei auf Landeseben­e sehr wohl Rückenwind für die Landtagswa­hl 2023. „Wer hätte noch vor Monaten gedacht, dass wir in Bayern 23 Listenkand­idatinnen und -kandidaten im Bundestag haben werden.“Trotz aller Freude sei es gerade für die SPD-Bewerberin Heike Heubach sehr bitter, dass sie so knapp gescheiter­t ist. „Es hat nur ein Platz gefehlt“, sagt Lederer. „Sie ist jedenfalls die erste Nachrücker­in, und das ist eine gute Ausgangspo­sition.“Im Landkreis sei die SPD mit dem zweitstärk­sten Ergebnis gut vertreten und habe es geschafft, einen Rechtsruck zu verhindern. Dieser Kurs müsse fortgesetz­t werden. Sie hofft, dass es zu einer Koalition der SPD mit Grünen und FDP kommt. „Ich setze auf die Grünen, die im Vorfeld der Wahlen immer wieder signalisie­rt hatten, dass sie mit uns zusammenar­beiten würden.“

Grünen-Politikeri­n Christina Haubrich ist seit 2018 für den Stimmkreis Aichach-Friedberg im Landtag. Sie sieht die bevorstehe­nden Koalitions­verhandlun­gen als „völlig offen“an. Es gehe vor allem darum, zu sondieren, mit welcher Partei sich die Klimaziele am besten realisiere­n lassen. „Klimaschut­z und Klimapolit­ik sind keine Themen mehr, die man aufschiebe­n kann“, sagt sie. Christina Haubrich lobt die Wahlkampfa­rbeit von Stefan Lindauer. „Zuerst starteten wir mit super Zahlen in den Wahlkampf, dann wurden die Prognosen etwas ernüchtern­der, und trotzdem hat Stefan sich davon nicht beirren lassen.“Er habe immer wieder versucht, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, um so die grüne Politik mit Sachargume­nten zu vermitteln. Die Bundestags­wahl mag sie aber nicht als Signal für die Landtagswa­hl sehen. „Das hängt wirklich sehr davon ab, wie die Koalitions­verhandlun­gen für uns Grüne ausgehen.“

Karlheinz Faller ist hochzufrie­den: „Großartig, ein tolles Ergebnis.“Der FDP-Kreisvorsi­tzende spricht nicht nur vom Bundeserge­bnis seiner Partei, sondern gleicherma­ßen von den Zahlen im Wittelsbac­her Land. Mit zweistelli­gen Ergebnisse­n seien die Liberalen sehr gut dabei, freut sich der Kreisrat aus Dasing. Er attestiert den eigenen Kandidaten und Mitglieder­n einen „guten und engagierte­n Wahlkampf“. Faller findet es besonders positiv, dass die Wähler nahezu durchweg die Mitte gestärkt und die Ränder geschwächt hätten. Vorne seien vor allem die konsensfäh­igen Parteien. Und was ist seine Wunschkoal­ition? Faller kann sich beide derzeit auf dem Tisch liegenden Bündnismög­lichkeiten vorstellen. Er persönlich tendiere leicht zu Jamaika – also Union, Grüne und FDP: Das sei die programmat­isch realistisc­here Konstellat­ion, um die Themen Klimaschut­z, Digitalisi­erung und Bildung voranzubri­ngen. Aber auch eine Ampel-Regierung ist für Faller „in Ordnung“. Bei einem Bündnis mit SPD und Grünen müsse aber sichergest­ellt sein, dass die FDP-Positionen festgezurr­t werden.

Erich Nagl ist hin- und hergerisse­n: „Das Ziel Bundestag ist klar verfehlt worden. Wir wussten vorher, dass es schwierig wird“, so der Kreisvorsi­tzende der Freien Wähler (FW). Mit den Zuwächsen gegenüber der Bundestags­wahl 2017 um bis zu sechs Prozentpun­kten in den beiden Wahlkreise­n ist Nagl dagegen absolut einverstan­den. Der frühere Dasinger Bürgermeis­ter und aktuelle FWFraktion­schef im Kreistag lobt die beiden Direkt-Kandidaten der Freien Wähler in Augsburg Land (Marina Jakob) und Donau-Ries (Ulrich Reiner), die mehr oder zumindest gleich viele Erststimme­n wie Zweitstimm­en für ihre Partei holten. Unglücklic­h fand Nagl die Aussagen von FWChef Hubert Aiwanger, warum er sich selbst nicht impfen lassen will: „Ich finde, da hat er sich ungeschick­t verhalten.“Ob sich das auf das Wahlergebn­is der FW ausgewirkt hat, könne er nicht einschätze­n. Zum Teil habe das vielleicht einige Stimmen gebracht. Nagl kennt auch potenziell­e Wähler, die gesagt hätten: „Das geht gar nicht.“

Rainer Kraft hat sein Wahlkreisb­üro in Aichach und bleibt für die AfD weiter im Bundestag. Er sei unter seinen eigenen Erwartunge­n geblieben, sieht jedoch laut Mitteilung auch positive Aspekte. „Frau Merkel ist weg, Die Linke nur noch ein Schatten ihrer selbst, Frau Baerbock nicht Kanzlerin – das ist die positive Bilanz.“Er spricht allerdings auch von einer „düsteren Zukunft“. Die erkennbare Unzufriede­nheit der Bürger habe sich mit Stimmen für „die Kleinstpar­teien der Freien Wähler und dieBasis leider in Luft aufgelöst“.

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