Wenn Gewinner verlieren
Vier Lehren aus der Bundestagswahl
AichachFriedberg Schon am Dienstag muss der CSU-Abgeordnete Hansjörg Durz zur Fraktionssitzung in Berlin antreten. Er ist nicht der einzige Abgeordnete aus dem Augsburger Land. Auch der AfD-Mann Rainer Kraft ist wieder mit dabei. Heike Heubach (SPD) aus Stadtbergen hat das Mandat dagegen offenbar knapp verpasst.
Allein, dass Heubach überhaupt so weit kam, ist eine faustdicke Überraschung und führt uns direkt zu These eins.
Politik ist eine Wundertüte Die SPD in der Region hatte sich schon etliche Abgesänge anhören müssen. Nach einer Reihe von Wahlschlappen wurden die Genossen zuletzt auch bei den Kommunalwahlen schwer gebeutelt. Unter den Verlieren damals: eine junge Frau namens Heike Heubach, die es nicht in den Stadtberger Stadtrat schaffte.
Eineinhalb Jahre später hätte es Heubach, die schon am Wahlabend verkündete, sie habe Lust auf weitere Kandidaturen, fast geschafft. Möglich machten es neben ihrem Mut und ihrer Beharrlichkeit der Scholz-Effekt und die Besonderheiten des Wahlrechtes, die für einen besonders großen Bundestag sorgen.
Die größten Gewinner haben ver loren Blickt man auf die Gewinnund-Verlust-Rechnung der Parteien im Wahlkreis, dann haben Stefan Lindauer (Grüne) und Marina Jakob (Freie Wähler) die höchsten Stimmenzuwächse erzielt. Lindauer bekam bei der Erststimme 4,7 Prozent mehr als vor vier Jahren Franz Bossek, Jakob legte um 2,8 Prozent zu. Im Landkreis Aichach-Friedberg ist dieser Effekt sogar noch größer, bei Lindauer 5,2, bei Jakob 4,4 Prozent.
Bei den Zweitstimmen glückte den Freien Wählern sogar der höchste Zuwachs aller Parteien: Mit plus 4,8 Prozent landeten sie am Ende bei 8,1 Prozent. Doch weder Lindauer noch Jakob haben etwas davon. Lindauer, weil er zu weit hinten auf der Grünen-Liste ist, Jakob, weil die Freien Wähler deutschlandweit an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind. Doch das muss ja nicht auf ewig so bleiben. Und das führt direkt zu These drei.
Für die CSU kann es noch schlim mer kommen Nur mit Ach und Krach hat Hansjörg Durz das zweitschlechteste Ergebnis in der Geschichte der CSU erreicht, und dazu hat sicher vieles beigetragen: Corona, Laschet, Maskenaffäre und so weiter. Eine Ausnahmesituation also? Möglicherweise aber sind die Ergebnisse vom Sonntag Vorboten neuer Kräfteverhältnisse in einer Republik, die keine Volksparteien mehr kennt.
Vergleicht man die Wahlergebnisse von 2013, als die CSU bei Bundestagswahlen letztmals in alter Stärke auftrumpfte, und 2021, so fällt auf: Mit der AfD und den FW sind seitdem zwei Konkurrenten aufgetreten, die es so vorher nicht gab bei Wahlen zum Bundestag. Ob die einfach so wieder weggehen? Ein Trost bleibt den Christsozialen aber, die nach wie vor die dominierende Kraft im Augsburger Umland sind. Denn:
Die AfD schwächelt Deutliche vier Prozentpunkte weniger bei der Zweitstimme, und ein zweistelliges Ergebnis verfehlt. Nach der CSU erlitt die AfD die höchsten Einbußen. Waren die Rechtspopulisten im Wahlkreis vor vier Jahren noch auf Platz zwei in der Wählergunst (Zweitstimme), so sind sie jetzt auf Rang vier abgerutscht, im Landkreis Aichach-Friedberg sogar auf Platz fünf. In kleinen Orten wie Ried, Hollenbach oder Steindorf erreichte sie bei der Wahl 2017 ihre besten Ergebnisse, 2021 liegen diese jedoch alle unter zehn Prozent.