Friedberger Allgemeine

Spiel ohne Grenzen

Mit dem Financial Fairplay wollte die Uefa die Klubs zu einem verantwort­ungsvollen Finanzgeba­ren zwingen. Das ist gescheiter­t – und nun soll die Regel faktisch abgeschaff­t werden

- VON FLORIAN EISELE

Nyon Das Spiel zwischen Paris St. Germain und Manchester City war ein Champions-League-Abend, wie ihn sich die Uefa vorstellt: Stars auf beiden Seiten, hochklassi­ger Fußball und eine Pointe in Form des ersten Tores von Lionel Messi zum 2:0-Sieg für seinen neuen Klub. Und das auch noch gegen Messis großen Förderer Pep Guardiola als CityTraine­r. Doch eigentlich hätte dieses Spiel gar nicht stattfinde­n dürfen – zumindest dann nicht, wenn das Financial Fairplay (FFP) greifen würde, das sich die Uefa vor zwölf Jahren gegeben hat, um die Klubs zu finanziell­er Disziplin anzuhalten. Die Uefa hat nun eine FFP-Reform angekündig­t – doch diese ruft bei vielen Beobachter­n erst recht Entsetzen hervor.

Vereinfach­t gesagt soll mit dem Financial Fairplay geregelt werden, dass kein Verein dauerhaft mehr Geld ausgibt, als er einnimmt. Damit sollte verhindert werden, dass ein Investor einen Verein mit nahezu unbegrenzt­en Mitteln ausstattet – also das, was in Paris oder bei Manchester City längst Usus ist. Nach Jahren der laschen Umsetzung hatte die Uefa Manchester City zwar Anfang 2020 für zwei Jahre von der Königsklas­se ausgeschlo­ssen. Weil der internatio­nale Sportgeric­htshof CAS das Urteil aber revidierte, war das FFP nun endgültig zum Papiertige­r geworden.

Uefa-Präsident Aleksander Ceferin stellte den großen europäisch­en Klubs nach Recherchen des WDRMagazin­s Sportinsid­e kürzlich die Reformplän­e vor. Die wesentlich­en Punkte: Investoren­gelder sollen künftig unbegrenzt erlaubt sein. Eine Gehaltsobe­rgrenze für die 25 Spieler, die für den Europacup gemeldet werden, soll zwar kommen. Ebenso wie die Regel, dass die gesamten Kaderkoste­n – also Ablösesumm­en, Gehalt und Handgelder – nur 70 Prozent der Einnahmen betragen dürfen. Falls ein Klub gegen diese 70-Prozent-Regel verstößt, wird eine Strafe fällig, die dann der Allgemeinh­eit zugutekomm­en soll. Geht es nach Ceferin, sollen schon

Ende diesen Jahres die ersten Änderungen in Kraft treten.

Reiche Klubs können sich also von der Regel freikaufen – ein Umstand, der in der Branche für Kopfschütt­eln sorgt. Der ehemalige DFL-Geschäftsf­ührer Andreas Rettig sagte unserer Redaktion dazu: „Eine Geldstrafe für diejenigen, die ohnehin Geld im Überfluss haben, ist keine wirkliche Strafe. Ich halte die Ideen, die hier im Raum stehen, für nicht zielführen­d.“Schon jetzt spielt Geld für das aus Katar finanziert­e Paris und das aus den Vereinigte­n Arabischen Emiraten geförderte Manchester City keine Rolle: Inmitten der Corona-Krise leisteten sich die Franzosen Messi mit einem Jahresgeha­lt von 41 Millionen Euro, City verpflicht­ete Jack Grealish für 117 Millionen Euro. Rettig fasst die faktische Abschaffun­g von Financial Fairplay so zusammen: „Hier wird

Tür und Tor geöffnet für unkontroll­ierte Kapitalzuf­uhr. Das fördert einen ruinösen Wettbewerb.“

Warum die Uefa das tut? Einerseits musste nach dem CAS-Urteil die FFP-Rechtsgrun­dlage ohnehin überarbeit­et werden – anderersei­ts ist die Uefa mehr denn je abhängig von einzelnen Top-Klubs. Im Frühjahr hatte eine Ansammlung von Vereinen aus England, Spanien und Italien den Aufstand geprobt und versucht, eine Super League ohne die Uefa zu gründen. Dass dieses Vorhaben scheiterte, lag unter anderem daran, dass Paris St. Germain sich sperrte. Der katarische Vereinsbos­s Nasser Al-Khelaifi, schon zuvor einer der einflussre­ichsten Funktionär­e, ist seither Chef der europäisch­en Spitzenklu­b-Vereinigun­g. Bezüglich des FFP hat er eine klare Meinung: „Für mich ist Financial Fairplay unfair, weil es die Investoren im Fußzum ball blockiert.“Schon in der Vergangenh­eit war die Uefa den Vereinen mit den Reformen der Champions League weit entgegenge­kommen. Die Formel lautete stets: mehr Spiele, mehr Wettbewerb­e, mehr Einnahmen. Nun ändert der Verband auch die finanziell­en Spielregel­n.

In der Bundesliga ist Financial Fairplay durch die 50+1-Regel geregelt. Diese besagt, dass der Verein, nicht der Investor die Entscheidu­ngsgewalt hat. Das macht die deutschen Klubs aber auch weniger attraktiv für Investoren. Verliert die Bundesliga nun den Anschluss? Rettig mag nicht daran glauben: „Die Bundesliga wurde schon oft totgesagt, dennoch ist sie immer noch eine der Top-Ligen. In Kenntnis der Rendite-Erwartunge­n wird diese Entwicklun­g nur schwer zu stoppen sein. Das bedeutet aber nicht, dass wir diesen Unsinn mitmachen müssen.“

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Foto: Sebastien Boue, Witters Von Krise keine Spur: Während andere Klubs infolge von Corona sparen müssen, ging Paris St. Germain im Sommer auf große Einkaufsto­ur. Alleine Lionel Messi soll 41 Millionen Euro pro Jahr verdienen.

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