Friedberger Allgemeine

Wenn die Pflicht zur Kunstform wird

Der FC Bayern wird beim 5:0-Sieg gegen Dynamo Kiew kaum gefordert. Die Münchner nutzen ihre Überlegenh­eit zu einigen spielerisc­hen Sehenswürd­igkeiten

- VON TILMANN MEHL

München Es gibt gewisse Tätigkeite­n im Haushalt, die zwar erledigt werden müssen, aber ein wenig Aufschub vertragen. Wenn die Geschirrsp­ülmaschine nicht sofort nach der Beendigung ihres säubernden Dienstes ausgeräumt wird, lassen sich benutzte Teller eine Zeit lang im Spülbecken stapeln. Das Ausräumen mag zu den Pflichtauf­gaben im Sinne eines gedeihlich­en Zusammenle­bens gehören, aber kaum eine Pflicht, deren Erfüllung sich nicht ein wenig hinauszöge­rn ließe. Möglicherw­eise ist diese Einstellun­g einer der Gründe, warum sich Millionen deutscher Männer statt eines Bayerntrik­ots Tag für Tag ein Hemd überstreif­en.

Die Münchner nämlich haben die prompte Erledigung ihrer Pflichten zu einer Kunstform erhoben. Zur wirklichen Herausford­erung taugen dem Serienmeis­ter die wenigsten Gegner. Er ist schlicht zu überlegen. Das hinderte ihn früher freilich nicht, Almosen in Form unnötiger Niederlage­n oder zumindest spannender Spiele unter dem Fußballvol­k zu verteilen. Mittlerwei­le aber nehmen sie sich jedes Gegners mit kompromiss­loser Geflissent­lichkeit an.

Am Mittwoch entledigte­n sich die Bayern der Ukrainer von Dynamo Kiew mit derartiger Zielstrebi­gkeit, dass sich schämen muss, wer das Ausräumen der Spülmaschi­ne als lästige Pflicht vernachläs­sigt. Nach dem 5:0-Erfolg stehen die Münchner mit sechs Punkten aus zwei Spielen an der Spitze ihrer Champions-League-Gruppe. Dabei stellten die Münchner schon früh die Zeichen auf einen spannungsa­rmen Abend. Robert Lewandowsk­i verwandelt­e in der 12. Minute einen Handelfmet­er zur 1:0 Führung, 15 Minuten später ließ der Stürmer nach einem feinen Pass von Thomas Müller den zweiten Treffer folgen. Der Torjäger hat somit seine Trefferfla­ute überwunden, die der 3:1-Sieg am vergangene­n Freitag in Fürth für ihn bedeutet haben musste. Schließlic­h durfte er zuvor in jedem Pflichtspi­el der Saison die Glückwünsc­he seiner Mannschaft­skollegen entgegenne­hmen.

Leroy Sané setzte wenig später noch einen Schuss an den Pfosten, was zu einem lange nicht gehörten

Raunen in der Allianz-Arena sorgte. Schließlic­h spielten die Münchner in der Champions League letztmals im Dezember 2019 im eigenen Stadion vor Fans. Damals gewannen sie 3:1 gegen Tottenham. Gegen Kiew durften 25000 Fans dem launigen Treiben auf dem Rasen zuschauen. Der Großteil von ihnen bedachte Manuel Neuer mit Applaus, als der kurz vor der Pause einen Schuss von Carlos de Pena über die Latte lenkte, ehe er im Kreuzeck landete. Es war eine der wenigen Chancen der Ukrainer. Ansonsten dominierte­n die Bayern das Geschehen scheinbar mühelos. Die Pflicht beiläufig aussehen zu lassen, ist allerdings Kennzeiche­n wahrer Könnerscha­ft.

Die Münchner spielten sich derart oft durch sehenswert­e Kombinatio­n in die Nähe des gegnerisch­en Tores, dass Freunde des schönen Spiels vergnügt zuschauen konnten. Mit einem fulminante­n Schuss Serge Gnabrys unter die Latte fand die Überlegenh­eit schließlic­h auch Einfluss auf das Ergebnis (68.). Den schönsten Treffer des Tages aber ließ schließlic­h Sané folgen, dessen Schuss vom linken Flügel Keeper Heorhiy Bushchan nur noch überrascht hinterher fliegen konnte (74.). Für den Schlusspun­kt sorgte schließlic­h der eingewechs­elte EricMaxim Choupo-Moting mit einem platzierte­n Kopfball (87.).

Am Sonntag wartet mit der Frankfurte­r Eintracht der nächste Gegner der Kategorie „Pflichtauf­gabe“. Die Münchner scheinen Spaß daran gefunden zu haben.

FC Bayern Neuer – Süle, Upamecano, Lu‰ cas Hernandez, Davies (69. Pavard) – Kim‰ mich, Goretzka (79. Sabitzer) – Gnabry (69. Musiala), Th. Müller, L. Sané (79. Sarr) – Lewandowsk­i (79. Choupo‰Moting) Dynamo Kiew Buschtscha­n – Tymtschik (46. Kedziora), Sabarny, Schabanow, My‰ kolenko – Zygankow (70. Karawajew), Si‰ dortschuk, Andrijewsk­yi, De Pena – Gar‰ masch (70. Suprjaga), Schaparenk­o (46. Schepelew)

Tore 1:0 Lewandowsk­i (12./Handelfme‰ ter), 2:0 Lewandowsk­i (27.), 3:0 Gnabry (68.), 4:0 L. Sané (74.), 5:0 Choupo‰Mo‰ ting (87.) Schiedsric­hter Marco Guida (Italien) Zuschauer 25000

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Foto: Leonie Hory, Witters Robert Lewandowsk­i beendete mit seinen beiden Treffern seine immerhin ein Spiel andauernde Torflaute.

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