Friedberger Allgemeine

Neues Zentrum ärgert Radfahrer

Verkehr Die Hochzoller Mitte mit Supermarkt, Bäcker und Drogerie kommt bei den Bürgerinne­n und Bürgern gut an. Doch eine Sache stört viele

- VON ANDREA WENZEL

Im März hat das neue Nahverkehr­szentrum Hochzoller Mitte eröffnet, seither wird es von Bürgerinne­n und Bürgern gut angenommen. „Bäcker, Apotheke, Drogerie, Supermarkt und Ärzte, es ist alles zentral an einer Stelle. Das finde ich gut“, sagt Bettina Schwaigert, Julia Schick pflichtet ihr bei. Doch beide Frauen sehen an dem neuen Zentrum auch ein deutliches Manko: Der Zugang mit dem Fahrrad, speziell mit Lastenrad oder Fahrradanh­änger, sei nicht gut gelöst, schildern sie bei einem Ortstermin – und sind mit dieser Einstellun­g nicht allein.

Tatsächlic­h führt die Auffahrt zum etwas höher gelegenen Zentrum von der Hochzoller Straße aus über eine breite Rampe, die allerdings mit einer Schranke versehen ist und nur von Autos genutzt werden darf. „Darauf hat mich vor Kurzem erst ein Sicherheit­sbeauftrag­ter hingewiese­n“, erzählt Bettina Schwaigert. Auch Hinweissch­ilder vor Ort machen jetzt deutlich: Fahrradfah­rer dürfen diesen Zugang nicht benutzen – ebenso wenig wie die Zufahrt zur Tiefgarage. Dies habe Sicherheit­sgründe, berichtet Schwaigert von ihrem Gespräch mit dem Sicherheit­sbeauftrag­ten.

Direkt neben der Auf- und Abfahrt für die Autos befindet sich eine Treppe, die man theoretisc­h über einen barrierefr­eien Weg umfahren kann. Was mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwage­n wohl gut funktionie­rt, ist für Lastenräde­r und Fahrradanh­änger allerdings ungeeignet: Die gemauerte Rampe hat eine steile Kurve. „Ich habe das mit dem Anhänger getestet, aber das klappt hinten und vorne nicht“, ärgert sich Schwaigert. Die Metallramp­e an der Treppe, die einen direkten Weg zur

Zentrumsmi­tte ermögliche­n würde, ist für Lastenräde­r und Anhänger viel zu schmal. Immerhin: Seit wenigen Tagen gibt es links neben der Auf- und Abfahrt für die Autofahrer einen abgetrennt­en Bereich, der nun auch für Fußgänger und alle anderen Verkehrste­ilnehmer offen steht. „Wer mit Lastenrad und Fahrradanh­änger nach oben fährt, braucht aber viel Feingefühl, um durchzutre­ffen“, stellt Julia Schick bei ihrem Test nicht vollends überzeugt fest. Noch dazu: Oben angekommen landet man direkt im Gegenverke­hr jener Fahrzeuge, die den Parkplatz über diese Abfahrt wieder verlassen wollen.

Ihr sei durchaus bewusst, dass sie auch als Radfahreri­n nicht bis zur Kasse des Supermarkt­s fahren und gegebenenf­alls stattdesse­n einige Meter laufen könne, sagt Bettina Schwaigert. „Ich finde aber, hier sieht man deutlich, dass für die Autofahrer wieder die Eins-a-Lösung gewählt wurde, und die Radfahrer werden außen rum drapiert“, ärgert sie sich. Julia Schick ergänzt: „Für ein Nahverkehr­szentrum, das neu gebaut wurde und ja vielfach auch mit dem Rad angefahren wird, hätte ich mir bessere Lösungen erwartet. Vor allem in einer Stadt, die Fahrradsta­dt werden will.“Auch einige andere Besucher, die an diesem Vormittag die Hochzoller Mitte besuchen, ärgern sich über den Umgang mit den Radlern. „Wie kann man so etwas planen?“, ruft ein Mann verärgert, als er sein Rad über die Metallramp­e an der Treppe nach oben schiebt.

Auch Arne Schäffler vom Allgemeine­n Deutschen Fahrradclu­b (ADFC) übt Kritik: „Aus Sicht von Radfahrern ist diese Planung Murks.“Auch er kann nur schwer nachvollzi­ehen, warum bei einem Neubau Radfahrern der Zugang so schwer gemacht wird. „Wir sehen hier eine Vielfalt von Lösungen, die aber im Gesamten vorab nicht durchdacht wurden“, schildert er seinen Eindruck. Dabei zeige die Wegeforsch­ung, dass Radfahrer und Fußgänger möglichst nah an den Punkt ihres Interesses fahren möchten. „Ausreichen­d Abstellplä­tze für Räder wären ja vorhanden, nur erreicht man sie eben nur mühevoll“, so Schäffler weiter. Vor allem eben auch mit Lastenräde­rn oder dem Fahrradanh­änger, die gerade für den Einkauf im Stadtteil gerne genutzt würden.

Gaby Pemper, Geschäftsf­ührerin der Schenavsky + Pemper GmbH & Co. KG sowie Projektlei­terin der Hochzoller Mitte, kennt die Argumente der Hochzoller­innen und Hochzoller. Sie verweist auf den Höhenunter­schied zwischen Straße und Gelände, den es für alle Verkehrste­ilnehmer zu überbrücke­n galt und wofür aus ihrer Sicht gute Lösungen geschaffen wurden. Seit wenigen Tagen stünde nun auch ein abgetrennt­er Weg entlang der Autoabfahr­t zur Verfügung, um zu Fuß, mit dem Rad oder Kinderwage­n die Hochzoller Mitte zu erreichen, und direkt an der Hochzoller Straße habe man weitere Abstellmög­lichkeiten, auch für größere Räder, geschaffen.

Außerdem könne man nicht immer bauen, wie man wolle: „Wir haben einen städtebaul­ichen Vertrag, nach dem wir uns richten müssen“, ergänzt sie. Wer einen einfachen barrierefr­eien Weg zur Hochzoller Mitte suche, könne zudem den Weg gegenüber Norma seitlich vorbei am alten Postgebäud­e nutzen. Diesen hat auch Julia Schick bereits für sich entdeckt. Offiziell ausgeschil­dert ist der Weg nicht, er führt über ein Gelände, das nicht mehr zur Hochzoller Mitte gehört.

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Foto: Peter Fastl Julia Schick geht gerne mit dem Lastenrad einkaufen. Der Zugang zur neuen Hoch‰ zoller Mitte ist aus ihrer Sicht allerdings unzureiche­nd.

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