Neues Zentrum ärgert Radfahrer
Verkehr Die Hochzoller Mitte mit Supermarkt, Bäcker und Drogerie kommt bei den Bürgerinnen und Bürgern gut an. Doch eine Sache stört viele
Im März hat das neue Nahverkehrszentrum Hochzoller Mitte eröffnet, seither wird es von Bürgerinnen und Bürgern gut angenommen. „Bäcker, Apotheke, Drogerie, Supermarkt und Ärzte, es ist alles zentral an einer Stelle. Das finde ich gut“, sagt Bettina Schwaigert, Julia Schick pflichtet ihr bei. Doch beide Frauen sehen an dem neuen Zentrum auch ein deutliches Manko: Der Zugang mit dem Fahrrad, speziell mit Lastenrad oder Fahrradanhänger, sei nicht gut gelöst, schildern sie bei einem Ortstermin – und sind mit dieser Einstellung nicht allein.
Tatsächlich führt die Auffahrt zum etwas höher gelegenen Zentrum von der Hochzoller Straße aus über eine breite Rampe, die allerdings mit einer Schranke versehen ist und nur von Autos genutzt werden darf. „Darauf hat mich vor Kurzem erst ein Sicherheitsbeauftragter hingewiesen“, erzählt Bettina Schwaigert. Auch Hinweisschilder vor Ort machen jetzt deutlich: Fahrradfahrer dürfen diesen Zugang nicht benutzen – ebenso wenig wie die Zufahrt zur Tiefgarage. Dies habe Sicherheitsgründe, berichtet Schwaigert von ihrem Gespräch mit dem Sicherheitsbeauftragten.
Direkt neben der Auf- und Abfahrt für die Autos befindet sich eine Treppe, die man theoretisch über einen barrierefreien Weg umfahren kann. Was mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen wohl gut funktioniert, ist für Lastenräder und Fahrradanhänger allerdings ungeeignet: Die gemauerte Rampe hat eine steile Kurve. „Ich habe das mit dem Anhänger getestet, aber das klappt hinten und vorne nicht“, ärgert sich Schwaigert. Die Metallrampe an der Treppe, die einen direkten Weg zur
Zentrumsmitte ermöglichen würde, ist für Lastenräder und Anhänger viel zu schmal. Immerhin: Seit wenigen Tagen gibt es links neben der Auf- und Abfahrt für die Autofahrer einen abgetrennten Bereich, der nun auch für Fußgänger und alle anderen Verkehrsteilnehmer offen steht. „Wer mit Lastenrad und Fahrradanhänger nach oben fährt, braucht aber viel Feingefühl, um durchzutreffen“, stellt Julia Schick bei ihrem Test nicht vollends überzeugt fest. Noch dazu: Oben angekommen landet man direkt im Gegenverkehr jener Fahrzeuge, die den Parkplatz über diese Abfahrt wieder verlassen wollen.
Ihr sei durchaus bewusst, dass sie auch als Radfahrerin nicht bis zur Kasse des Supermarkts fahren und gegebenenfalls stattdessen einige Meter laufen könne, sagt Bettina Schwaigert. „Ich finde aber, hier sieht man deutlich, dass für die Autofahrer wieder die Eins-a-Lösung gewählt wurde, und die Radfahrer werden außen rum drapiert“, ärgert sie sich. Julia Schick ergänzt: „Für ein Nahverkehrszentrum, das neu gebaut wurde und ja vielfach auch mit dem Rad angefahren wird, hätte ich mir bessere Lösungen erwartet. Vor allem in einer Stadt, die Fahrradstadt werden will.“Auch einige andere Besucher, die an diesem Vormittag die Hochzoller Mitte besuchen, ärgern sich über den Umgang mit den Radlern. „Wie kann man so etwas planen?“, ruft ein Mann verärgert, als er sein Rad über die Metallrampe an der Treppe nach oben schiebt.
Auch Arne Schäffler vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) übt Kritik: „Aus Sicht von Radfahrern ist diese Planung Murks.“Auch er kann nur schwer nachvollziehen, warum bei einem Neubau Radfahrern der Zugang so schwer gemacht wird. „Wir sehen hier eine Vielfalt von Lösungen, die aber im Gesamten vorab nicht durchdacht wurden“, schildert er seinen Eindruck. Dabei zeige die Wegeforschung, dass Radfahrer und Fußgänger möglichst nah an den Punkt ihres Interesses fahren möchten. „Ausreichend Abstellplätze für Räder wären ja vorhanden, nur erreicht man sie eben nur mühevoll“, so Schäffler weiter. Vor allem eben auch mit Lastenrädern oder dem Fahrradanhänger, die gerade für den Einkauf im Stadtteil gerne genutzt würden.
Gaby Pemper, Geschäftsführerin der Schenavsky + Pemper GmbH & Co. KG sowie Projektleiterin der Hochzoller Mitte, kennt die Argumente der Hochzollerinnen und Hochzoller. Sie verweist auf den Höhenunterschied zwischen Straße und Gelände, den es für alle Verkehrsteilnehmer zu überbrücken galt und wofür aus ihrer Sicht gute Lösungen geschaffen wurden. Seit wenigen Tagen stünde nun auch ein abgetrennter Weg entlang der Autoabfahrt zur Verfügung, um zu Fuß, mit dem Rad oder Kinderwagen die Hochzoller Mitte zu erreichen, und direkt an der Hochzoller Straße habe man weitere Abstellmöglichkeiten, auch für größere Räder, geschaffen.
Außerdem könne man nicht immer bauen, wie man wolle: „Wir haben einen städtebaulichen Vertrag, nach dem wir uns richten müssen“, ergänzt sie. Wer einen einfachen barrierefreien Weg zur Hochzoller Mitte suche, könne zudem den Weg gegenüber Norma seitlich vorbei am alten Postgebäude nutzen. Diesen hat auch Julia Schick bereits für sich entdeckt. Offiziell ausgeschildert ist der Weg nicht, er führt über ein Gelände, das nicht mehr zur Hochzoller Mitte gehört.