Friedberger Allgemeine

Was heißt schon älter werden?

- VON KATJA NEITEMEIER katja.neitemeier@augsburger‰allgemeine.de

Ein Haus bauen, einen Baum pflanzen und ein Kind bekommen: Das sind die Ziele, die sich einige Menschen in ihrem Leben setzen. Besonders wichtig dabei ist, dass diese To-Do-Liste bis zum 30. Geburtstag abgearbeit­et sein muss. Lange habe ich das nicht ernstgenom­men. Stattdesse­n schmunzelt­e ich über Freundinne­n, die sich nach ihrer Ausbildung oft nur noch über die Einrichtun­g ihrer Wohnung unterhalte­n konnten. Ich dagegen lebte in dieser Zeit ein mehr oder weniger wildes Studentenl­eben zwischen Vorlesunge­n und WG-Abenden mit manchmal zu viel Rotwein. Aber irgendwo zwischen meinem 25. und 27. Lebensjahr änderte sich etwas. Langsam fanden auch Studienfre­undinnen ihre ersten Jobs und mieteten ihre ersten eigenen Wohnungen. Plötzlich waren auch in diesen Kreisen die Wohnungsei­nrichtung und das Kantinenes­sen Gesprächst­hema Nummer eins. Und ich? Mein Leben hat sich in dieser Zeit noch nicht verändert. Ich ging weiter zur Uni und verbrachte Abende an WG-Küchentisc­hen. Inzwischen bin ich 30. Ein Haus habe ich noch nicht, aber eine eigene Wohnung. Außerdem kann ich im Weinregal auch mal in das teure Fach greifen, weil ich nach meinem Studium eine Stelle gefunden habe. Fehlen also nur noch Baum und Kind, um alles erreicht zu haben? Hieße das aber nicht auch, dass das Leben auf einmal viel vorhersehb­arer wird? Bei diesem Gedanken reicht zum Glück ein Blick in meine Familie. Meine Oma war bereits mit Anfang 20 verheirate­t und bekam in den nächsten Jahren vier Kinder. Das hielt sie nicht davon ab, mit über 60 für einige Semester zu studieren, einen Englischku­rs zu machen und mit der katholisch­en Frauengeme­inschaft durch die Welt zu reisen. Es geht also beides: Abenteuer und Vorhersehb­arkeit.

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