Friedberger Allgemeine

Wer sagt es Armin Laschet?

Der CDU-Chef kämpft. Noch hat er eine Chance auf das Kanzleramt. Doch im Hintergrun­d geht es schon darum, wer ihm eines Tages erklären muss, dass es nicht mehr weitergeht. Die Lösung liegt wohl in Nordrhein-Westfalen

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Wenn große Träume zerplatzen, sind es meistens die anderen, die das zuerst realisiere­n. Armin Laschet träumt noch. Und tatsächlic­h kann der CDU-Chef ja nach wie vor Kanzler werden, wenn aus der Ampel nichts wird. Nur will das außer ihm halt kaum noch jemand. Nicht in den Reihen möglicher Koalitions­partner, nicht im eigenen Laden und erst recht nicht in der Bevölkerun­g. In einer Umfrage sagen gerade einmal 13 Prozent der Deutschen, dass der Rheinlände­r trotz des desaströse­n Wahlergebn­isses regieren soll. Und in der CDU wird darum gerungen, wer ihm das beibringen könnte.

Erinnerung­en werden wach an Gerhard Schröder, der seine knappe Niederlage gegen Angela Merkel nicht nur während des denkwürdig­en Fernsehauf­tritts in der Elefantenr­unde ausblendet­e, sondern auch Tage später nicht einsehen wollte, dass die Sache gelaufen war – gegen ihn. Am Ende waren es enge Vertraute wie Franz Münteferin­g, die ihm im kleinen Kreis klarmachen mussten: „Gerd, es ist vorbei.“Wer könnte nun den „Münte“machen? Wem vertraut Laschet? Wer hat die nötige Autorität? Oder wählt am Ende jemand den brachialen Weg und ruft öffentlich das Ende der Ära Laschet aus?

Als Vorsitzend­er der Schwesterp­artei könnte theoretisc­h Markus Söder diese Rolle übernehmen. Er gratuliert­e Olaf Scholz zum Wahlsieg, als Laschet noch zögerte. Er gab sich zumindest offiziell demütig, als Laschet noch recht frontal

Regierungs­ansprüche anmeldete. Aber es war eben vor allem der CSU-Chef, der dem Kanzlerkan­didaten über Monate den Wahlkampf zur Hölle gemacht hatte – das Vertrauens­verhältnis ist schwer beschädigt. Außerdem stünde Söder stets im Verdacht, aus Eigeninter­esse zu handeln. Für den Fall, dass die Verhandlun­gen zwischen SPD, Grünen und FDP scheitern und Laschet den Rückzug antritt, könnte der Bayer noch einmal ins Spiel kommen und ein Jamaika-Bündnis aushandeln – mit ihm selbst an der Spitze? Auch Friedrich Merz und Norbert Röttgen, die gegen Laschet im Kampf um den CDU-Vorsitz verloren hatten, haben noch eigene Ambitionen – und sind als Überbringe­r der bitteren Nachricht eher ungeeignet.

Ein bisschen anders liegen die Dinge bei Jens Spahn. Der will zwar unbedingt auch noch etwas werden, war aber einst als Co von Laschet angetreten und hat sich im Wahlkampf halbwegs loyal verhalten. Aus diesem zuletzt verblasste­n Zweckbündn­is heraus könnte er den angeschlag­enen Parteivors­itzenden zur Seite nehmen und mit ihm über einen würdigen Notausstie­g reden.

Spahn ist zwar nicht besonders populär in der Partei, gilt aber mit seinen 41 Jahren für viele als Mann der Zukunft – und als einer, der selbstbewu­sst genug ist, um sich gegen Alfatiere wie Merz oder Söder dauerhaft zu behaupten.

Oft sind es ja auch die Altvordere­n einer Partei, die in solchen Schicksals­momenten klare Worte finden. Noch-Kanzlerin Angela Merkel scheint mit all dem aber nicht mehr viel zu tun haben zu wollen und Noch-Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble ist mit sich selbst beschäftig­t. Weil die Union nicht mehr stärkste Kraft im Parlament ist, wird er sein Amt verlieren. Was aus dem 79-Jährigen wird, ist unklar. Anderersei­ts war er es, der Laschet wortgewalt­ig als Kanzlerkan­didat durchgeset­zt hat – nun könnte er es auch sein, der dem 60-Jährigen erklären muss, dass er seine Chance verspielt hat.

Am wahrschein­lichsten liegt die Lösung aber in Nordrhein-Westfalen. Dort hat Laschet Leute um sich, denen er wirklich vertraut. Karl-Josef Laumann ist einer von ihnen. Er ist Gesundheit­sminister in der Landesregi­erung und ein sehr besonnener Mann, der selbst in diesen stürmische­n Tagen kein schlechtes Wort über seinen Chef verliert. Auch der frühere Bundesgesu­ndheitsmin­ister Herrmann Gröhe war immer eine Bank für Laschet. Als es im Duell mit Söder um die Kandidatur im April zum Showdown in der Bundestags­fraktion kam, warf sich Gröhe für Laschet in die Redeschlac­ht und animierte weitere Abgeordnet­e dazu, ebenfalls das Wort zu ergreifen. Zum engsten Zirkel zählt auch Laschets bisherige Staatssekr­etärin für Integratio­n in NRW, Serap Güler, die gemeinsam mit ihm nach Berlin geht. Und natürlich sein Staatskanz­leichef Nathanael Liminski, der Architekt von Laschets Karriere. Beide müssten sich bei einem Abgang ihres Mentors von der politische­n Bühne erst einmal selbst neu sortieren. Zumindest sein „Team NRW“steht noch immer hinter dem CDU-Vorsitzend­en. Sie alle wollen nicht, dass er stürzt. Aber einer oder eine von ihnen muss womöglich schon bald ein bitteres Gespräch mit Laschet führen.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Armin Laschet glaubt noch immer an eine Jamaika‰Koalition mit ihm an der Spitze.

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