Weinzierls Kampf gegen Widerstände
Von seiner Mannschaft erwartet der Trainer des FC Augsburg in Dortmund eine Reaktion. Grübeln lassen den 46-Jährigen nicht nur personelle Probleme
Augsburg Wenn eine Trainingseinheit des FC Augsburg beginnt, greifen Automatismen. So auch am Donnerstagnachmittag. Cheftrainer Markus Weinzierl holt seine Mannschaft zusammen, richtet ein paar Worte an sie, erklärt Inhalte und Ziele der Einheit, anschließend entlässt er sie zum Aufwärmen. Während sich die Fußballprofis körperlich hochfahren, schlendert der 46-Jährige über das gepflegte Grün, beobachtet, sammelt Eindrücke, gewinnt bestenfalls Erkenntnisse.
Seine Spieler, die sich zu Beginn des Trainings bei strahlendem Sonnenschein feixend und lachend zeigen, geben Weinzierl dieser Tage Rätsel auf. Das 0:3 in Freiburg hat Augsburgs Trainer grübeln lassen. „Du schüttelst den Kopf und fragst dich: Wie ist das möglich?“Vor dem Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) ist nicht zu übersehen: Die Mannschaft befindet sich in einer Findungsphase. Taktisch, aber auch personell. Noch ist keine klare Idee oder eine Stammelf auszumachen, die dem FCA in der Bundesliga dauerhaft zu Erfolgen verhilft.
Stört Augsburg den Gegner in dessen Spielhälfte, läuft er Gefahr, durch einen langen Ball überspielt zu werden. Zieht sich der FCA in die eigene Hälfte zurück, können Gegner mit individueller Klasse die Abwehr filetieren. Auf die hohen Niederlagen gegen Hoffenheim und Leverkusen reagierte Weinzierl mit einer Stärkung der Defensive – zulasten offensiver Durchschlagskraft. Das führte immerhin zu torlosen Punkteteilungen in Frankfurt und Berlin sowie zum bislang einzigen Saisonsieg gegen Borussia Mönchengladbach. In Freiburg allerdings überzeugte der FCA weder offensiv noch defensiv.
Weinzierl hätte sich gewünscht, seine Mannschaft wäre zum jetzigen Zeitpunkt in ihrer Entwicklung weiter. Liefert aber sogleich die Begründung, warum lediglich fünf Zähler in sechs Begegnungen zu Buche stehen. „Ich sehe die Realität“, betont der Trainer. Er verweist auf den Klassenerhalt in letzter Sekunde, auf Abgänge, eine junge Mannschaft und auf eine Vorbereitung unter Einfluss großer Turniere und Verletzungen. Weinzierl bemüht sich, wenig überrascht nach den jüngsten Auftritten zu wirken. „Wir haben gewusst, wenn wir nicht die ersten zwei Heimspiele nutzen, wird es eine zähe erste Phase. Diese durchleben wir gerade.“
Der schwache Saisonstart erinan Weinzierls Anfänge in Augsburg. Damals wie jetzt suchte der Niederbayer nach einer stabilen Formation, die auf dem Platz Automatismen folgte. Weil jeder Spieler wusste, was er zu tun hatte, gelangen in der Rückrunde eine imposante Aufholjagd und der Klassenerhalt. In derartige Nöte will Weinzierl diesmal allerdings gar nicht erst geraten, von seiner Mannschaft erwartet er jetzt, dass sie sich Widerständen widersetzt. Mehr Widerstand als ein Auswärtsspiel in Dortmund geht kaum, 36000 Fans werden die Stars des Champions-League-Teilnehmers zum Sieg treiben.
Weinzierl stellt klar, „nicht alles über den Haufen werfen“zu wollen. Demonstrativ stärkt er sein Team. „Wir wollen unsere Mannschaft jetzt nicht verdammen. Es ist eine junge Mannschaft, die sich entwickeln wird.“Taktisch und personell könnte er dennoch Umbauten vornehmen. Gegen Freiburg haben sich etliche Spieler nicht zwingend für weitere Einsätze empfohlen. Und auch die Abwehrformation mit drei Innen- und zwei Außenverteidigern hielt den Gegner kaum vom Toreschießen ab.
Zwischen den Zeilen kündigt Weinzierl vor dem Aufeinandertreffen mit Dortmund an, sein zentrales Mittelfeld stärken zu wollen. In Freiburg war Niklas Dorsch überfordert, alleinig die Angriffswellen des Gegners zu brechen. Wie es sich auswirken würde, wenn Dortmunder Mittelfeldspieler wie Bellingham, Brandt, Witsel oder Reus dernert art viel Raum vorfinden würden, lässt sich erahnen. In der Praxis dürfte Weinzierl einen zweiten Sechser aufbieten, der Dorsch unterstützt. Carlos Gruezo ist Anwärter, auch wenn Jan Moravek und Tobias Strobl nach überstandenen Verletzungen wieder zur Verfügung stehen.
Womöglich muss Weinzierl seine Formation zusätzlich verändern, ohne dass er dazu gewillt wäre. Angreifer Florian Niederlechner plagt sich weiterhin mit hartnäckigen Adduktorenproblemen, André Hahn war krank. Ob Linksverteidiger Iago zum Einsatz kommt, hängt von dessen Schmerzen in der Schulter ab. Am Donnerstag standen zumindest Niederlechner und Iago auf dem Trainingsplatz.