Friedberger Allgemeine

Stellenabb­au bei Faurecia kommt überrasche­nd

Wirtschaft Weitere 84 Arbeitsplä­tze werden bei dem Unternehme­n gestrichen. Der Strukturwa­ndel macht dem Automobilz­ulieferer zu schaffen. Doch das allein lässt der Betriebsra­t als Argument nicht gelten

- VON ANDREA WENZEL

Bereits im Februar dieses Jahres haben Faurecia-Betriebsra­t und IG Metall symbolisch 134 Arbeitsplä­tze des Automobilz­ulieferers am Standort Augsburg begraben. Dafür haben sie Holzkreuze in einen Grünstreif­en vor dem Firmenarea­l in Oberhausen gesteckt und mit einer Kundgebung versucht, noch den einen oder anderen Arbeitspla­tz zu retten, allerdings vergebens. Jetzt wurde bekannt, dass das Unternehme­n weitere 84 Stellen streicht. Betroffen ist die Entwicklun­g und hier insbesonde­re die Abteilunge­n Prototypen-, Werkzeugba­u und das Production Industrial­isation Center. „Dass nicht alles reibungslo­s läuft, war klar, ein weiterer Stellenabb­au in diesem Umfang kam aber doch überrasche­nd“, ordnet Erich Vollmann, Betriebsra­tsvorsitze­nder ein.

Dass der Automobilz­ulieferer, der mit der Sparte Clean Mobility (übersetzt: saubere Mobilität) einer seiner zwei Europazent­ralen in Augsburg hat, unter dem Strukturwa­ndel in der Automobilb­ranche leidet, will Vollmann nicht vom Tisch wischen. „In den jetzt vom Stellenabb­au betroffene­n Bereichen haben wir nach wie vor Kurzarbeit. Teils zu einhundert Prozent“, berichtet er. Die Vereinbaru­ng hierfür läuft bis Ende des Jahres. Weil man Stand heute von keinen weiteren größeren Aufträgen für das neue Jahr ausgeht, entstünden Überkapazi­täten, die auf diese Weise abgebaut würden. So ähnlich klingt auch die Argumentat­ion seitens des Unternehme­ns. Auf Nachfrage heißt es: „Durch die Konzentrat­ion auf wenige Motorvaria­nten werden weniger Prototypen, aber auch weniger Maschinen und Werkzeuge benötigt.“Neben dem verstärkte­n Bedarf nach Elektrifiz­ierung, habe sich zusätzlich der Trend nach geringerer Produktkom­plexität stärker als ursprüngli­ch prognostiz­iert, beschleuni­gt. Die aktuelle Situation erfordere daher eine Anpassung von Struktur und Kosten in den jeweiligen Abteilunge­n am Standort Augsburg. Ziel der Restruktur­ierung ist es, das Engineerin­g am Standort auch in einem langfristi­g schwächere­n Marktumfel­d zu sichern.

Doch für Betriebsra­t Vollmann macht es sich das Management mit dieser Aussage zu einfach. „Dass keine einfachen Zeiten auf uns zukommen werden, war bereits 2018 zu erkennen. Seither machen wir Vorschläge, wie man den Entwicklun­gen begegnen kann. Aber das wurde nicht angenommen“, ärgert er sich. Stattdesse­n habe das Unternehme­n Kapazitäte­n nach China

weil es dort günstiger ist. „Von einem gute Management erwarte ich mehr“, ergänzt er. Ob der Stellenabb­au nun vorerst beendet ist, kann Vollmann nicht sicher sagen. Er könne nicht in die Zukunft schauen. Klar sei jedoch, dass sich etwas ändern müsse, wenn die jetzt noch etwas mehr als 1100 Arbeitsplä­tze in Augsburg erhalten bleiben sollen.

Auch die Politik sei gefordert und müsse endlich klare Aussagen machen, wie der Umstieg vom Verausgela­gert, brennungsm­otor zu alternativ­en Antriebsmo­dellen konkret ausschauen soll. „Eins müssen wir uns klar machen: Der Wandel, den wir aktuell betreiben, geht zu schnell, als dass alle Arbeitsplä­tze erhalten bleiben können“, sagt Vollmann. Betriebsbe­dingte Kündigunge­n seien daher auch im aktuellen Fall nicht ausgeschlo­ssen, auch wenn das Unternehme­n angekündig­t hat, bei entspreche­nder Qualifikat­ion Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten an anderen Standorten des Konzerns in Deutschlan­d zu prüfen und betroffene Mitarbeite­r bei der Suche nach geeigneten Lösungen zu unterstütz­en. Ein Rahmensozi­alplan besteht bereits, jetzt gehe es an die Ausgestalt­ung im aktuellen Fall.

Das Faurecia-Werk in Augsburg ist eines von zwei Entwicklun­gszentren des französisc­hen Konzerns in Europa, das für die Vorentwick­lung von innovative­n technische­n Lösungen für das Thema Luftreinhe­it und Abgasnachb­ehandlung sowie saubere Mobilitäts­lösungen zuständig ist. Insgesamt hat der Konzern 266 Standorte und 114.000 Mitarbeite­r in 35 Ländern. Seine Technologi­estrategie ist auf Lösungen für das „Cockpit der Zukunft“und „nachhaltig­e Mobilität“ausgericht­et. 2020 erzielte der Konzern einen Gesamtumsa­tz von 14,7 Mrd. Euro.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Bei Faurecia am Standort in Augsburg fallen Stellen weg.

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