Stellenabbau bei Faurecia kommt überraschend
Wirtschaft Weitere 84 Arbeitsplätze werden bei dem Unternehmen gestrichen. Der Strukturwandel macht dem Automobilzulieferer zu schaffen. Doch das allein lässt der Betriebsrat als Argument nicht gelten
Bereits im Februar dieses Jahres haben Faurecia-Betriebsrat und IG Metall symbolisch 134 Arbeitsplätze des Automobilzulieferers am Standort Augsburg begraben. Dafür haben sie Holzkreuze in einen Grünstreifen vor dem Firmenareal in Oberhausen gesteckt und mit einer Kundgebung versucht, noch den einen oder anderen Arbeitsplatz zu retten, allerdings vergebens. Jetzt wurde bekannt, dass das Unternehmen weitere 84 Stellen streicht. Betroffen ist die Entwicklung und hier insbesondere die Abteilungen Prototypen-, Werkzeugbau und das Production Industrialisation Center. „Dass nicht alles reibungslos läuft, war klar, ein weiterer Stellenabbau in diesem Umfang kam aber doch überraschend“, ordnet Erich Vollmann, Betriebsratsvorsitzender ein.
Dass der Automobilzulieferer, der mit der Sparte Clean Mobility (übersetzt: saubere Mobilität) einer seiner zwei Europazentralen in Augsburg hat, unter dem Strukturwandel in der Automobilbranche leidet, will Vollmann nicht vom Tisch wischen. „In den jetzt vom Stellenabbau betroffenen Bereichen haben wir nach wie vor Kurzarbeit. Teils zu einhundert Prozent“, berichtet er. Die Vereinbarung hierfür läuft bis Ende des Jahres. Weil man Stand heute von keinen weiteren größeren Aufträgen für das neue Jahr ausgeht, entstünden Überkapazitäten, die auf diese Weise abgebaut würden. So ähnlich klingt auch die Argumentation seitens des Unternehmens. Auf Nachfrage heißt es: „Durch die Konzentration auf wenige Motorvarianten werden weniger Prototypen, aber auch weniger Maschinen und Werkzeuge benötigt.“Neben dem verstärkten Bedarf nach Elektrifizierung, habe sich zusätzlich der Trend nach geringerer Produktkomplexität stärker als ursprünglich prognostiziert, beschleunigt. Die aktuelle Situation erfordere daher eine Anpassung von Struktur und Kosten in den jeweiligen Abteilungen am Standort Augsburg. Ziel der Restrukturierung ist es, das Engineering am Standort auch in einem langfristig schwächeren Marktumfeld zu sichern.
Doch für Betriebsrat Vollmann macht es sich das Management mit dieser Aussage zu einfach. „Dass keine einfachen Zeiten auf uns zukommen werden, war bereits 2018 zu erkennen. Seither machen wir Vorschläge, wie man den Entwicklungen begegnen kann. Aber das wurde nicht angenommen“, ärgert er sich. Stattdessen habe das Unternehmen Kapazitäten nach China
weil es dort günstiger ist. „Von einem gute Management erwarte ich mehr“, ergänzt er. Ob der Stellenabbau nun vorerst beendet ist, kann Vollmann nicht sicher sagen. Er könne nicht in die Zukunft schauen. Klar sei jedoch, dass sich etwas ändern müsse, wenn die jetzt noch etwas mehr als 1100 Arbeitsplätze in Augsburg erhalten bleiben sollen.
Auch die Politik sei gefordert und müsse endlich klare Aussagen machen, wie der Umstieg vom Verausgelagert, brennungsmotor zu alternativen Antriebsmodellen konkret ausschauen soll. „Eins müssen wir uns klar machen: Der Wandel, den wir aktuell betreiben, geht zu schnell, als dass alle Arbeitsplätze erhalten bleiben können“, sagt Vollmann. Betriebsbedingte Kündigungen seien daher auch im aktuellen Fall nicht ausgeschlossen, auch wenn das Unternehmen angekündigt hat, bei entsprechender Qualifikation Beschäftigungsmöglichkeiten an anderen Standorten des Konzerns in Deutschland zu prüfen und betroffene Mitarbeiter bei der Suche nach geeigneten Lösungen zu unterstützen. Ein Rahmensozialplan besteht bereits, jetzt gehe es an die Ausgestaltung im aktuellen Fall.
Das Faurecia-Werk in Augsburg ist eines von zwei Entwicklungszentren des französischen Konzerns in Europa, das für die Vorentwicklung von innovativen technischen Lösungen für das Thema Luftreinheit und Abgasnachbehandlung sowie saubere Mobilitätslösungen zuständig ist. Insgesamt hat der Konzern 266 Standorte und 114.000 Mitarbeiter in 35 Ländern. Seine Technologiestrategie ist auf Lösungen für das „Cockpit der Zukunft“und „nachhaltige Mobilität“ausgerichtet. 2020 erzielte der Konzern einen Gesamtumsatz von 14,7 Mrd. Euro.