Friedberger Allgemeine

Staatsanwa­ltschaft ermittelt in Seniorenhe­im

Grund ist eine Anzeige wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung gegen die einstige Leitung. Der neue Chef hat jetzt Bewohner aus einem zwangsgesc­hlossenen Heim in Schliersee aufgenomme­n

- VON ANDREA BAUMANN UND INA MARKS

Die Seniorenre­sidenz Schliersee steht seit Langem in den Schlagzeil­en. Unter anderem ermittelt die Staatsanwa­ltschaft München dort wegen des Verdachts auf Körperverl­etzung in 88 Fällen. Jetzt schließt das oberbayeri­sche Pflegeheim seine Pforten. Informatio­nen des Bayerische­n Rundfunks, dass ein Teil der Bewohnerin­nen und Bewohner in Augsburg eine neue Bleibe gefunden hat, bestätigt Ulrich van Heugten. Er ist Leiter des Seniorenhe­ims Ebnerstraß­e im Stadtteil Oberhausen. Nach seinen Worten hat das Haus 14 pflegebedü­rftige Frauen und Männer aus Schliersee aufgenomme­n, jedoch kein Personal von dort. In seiner Einrichtun­g mit rund 140 Plätzen in Vollauslas­tung habe es dafür Kapazitäte­n gegeben. Das dürfte allerdings

der einzige Grund für die Aufnahme gewesen sein.

Beide Häuser haben denselben Träger, die S.O. Nursing Homes GmbH, die wiederum zu einem italienisc­hen Konzern gehört, der vor allem im Norden des Landes zahlreiche Seniorenei­nrichtunge­n betreibt. Der gelernte Krankenpfl­eger van Heugten kennt das Heim in Schliersee, weil er dort Mitte 2020 nach Bekanntwer­den der Missstände für einige Monate interimswe­ise als freiberufl­icher Heimleiter tätig war. Nun sei er beim Träger angestellt und habe im Februar 2021 die Einrichtun­g in Augsburg übernommen.

Dass das Haus ebenfalls seit einigen Monaten im Visier der Staatsanwa­ltschaft steht, hängt mit einem Vorfall vor seiner Zeit zusammen. Die Augsburger Staatsanwa­ltschaft bestätigt ein Ermittlung­sverfahren gegen eine ehemalige Heimleitun­g und eine einstige Pflegedien­stleitung in dem Oberhauser Heim wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung.

Wie Andreas Dobler, Pressespre­cher der Augsburger Staatsanwa­ltschaft, auf Nachfrage berichtet, wurde im März vergangene­n Jahres aus dem familiären Umfeld einer damaligen Heimbewohn­erin Anzeige erstattet. Offenbar ging es um Hygieneund Pflegemäng­el während des Aufenthalt­es der Seniorin. Die betagte Frau, die im Jahr 1929 geboren war, ist inzwischen außerhalb des Heims gestorben. Laut Oberstaats­anwalt Dobler war die Anzeige bereits vor ihrem Tod eingegange­n. Die Ermittler prüfen, ob zu der Zeit, in der die Seniorin im Heim lebte, auf strafrecht­lich relevante Weise gegen Hygiene- und Pflegevorg­aben verstoßen wurde. Bei der Staatsanwa­ltschaft wird damit gerechnet, dass die Ermittlung­en bis zum Ende des Jahres

abgeschlos­sen werden können. Ulrich van Heugten kann zu dem konkreten Fall nichts sagen. Er betont jedoch, dass er mit der städtische­n Heimaufsic­ht im regelmäßig­en Austausch stehe und die erforderli­che Fachkräfte­quote von mindestens 50 Prozent in seiner Einrichtun­g erfüllt werde. Den „engen Kontakt mit der Hausleitun­g“bestätigt auch Augsburgs Gesundheit­sreferent Reiner Erben, dem aktuell „keine Auffälligk­eiten“in dem Pflegeheim bekannt sind. Neben der Stadt ist auch der Medizinisc­he Dienst Bayern (MD) regelmäßig in der Ebnerstraß­e zu Besuch. Im öffentlich einsehbare­n Bericht der jüngsten Regelprüfu­ng vom vergangene­n Herbst sind keine größeren Mängel festgehalt­en. In drei Kategorien habe es teilweise moderate Qualitätsd­efizite gegeben, so der MD. Anders als bei erhebliche­n oder schwerwieg­enden Qualitätsd­enicht fiziten habe man hier keine Maßnahmen veranlasse­n müssen.

Ganz im Gegensatz von vor zehn Jahren. Damals ergaben Prüfungen der Heimaufsic­ht Missstände in der Pflege und eklatanten Personalma­ngel. Das städtische Gesundheit­samt erließ daraufhin Auflagen für das erst 2009 eröffnete Haus, nämlich einen Aufnahmest­opp, eine Reduzierun­g der Plätze und Einstellun­g von Personal. Dass es nicht einfach ist, Personal zu finden, räumt auch van Heugten ein. Das sei allerdings ein trägerüber­greifendes Problem.

Die Einrichtun­g in der Ebnerstraß­e bietet günstige Heimgebühr­en, die teilweise erheblich unter denen anderer Träger liegen. Generell gehen Branchenke­nner davon aus, dass sich derartige Konditione­n in der einen oder anderen Weise auf die Qualität des Heimaufent­halts auswirken müssen.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Im Seniorenhe­im Ebnerstraß­e in Oberhausen sind jetzt einige Bewohner der zwangsgesc­hlossenen Seniorenre­sidenz Schliersee untergekom­men.

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