Ein Zirkus kämpft mit der CoronaZeit
Der Circus Barnum gastiert bis 10. Oktober in Friedberg. Im vergangenen Jahr ging es der Familie nicht gut. Jetzt schöpft sie Hoffnung – trotz vieler Einschränkungen
Friedberg 16 Monate Zwangspause – da hatte Zirkusdirektor Markus Kaiser des Öfteren Angst, dass sein Circus Barnum schließen muss. 450 Euro kostet schließlich allein das Tierfutter pro Tag. Jetzt geht es wieder los. Bis 10. Oktober gastiert Barnum in Friedberg neben der Kussmühle. Allerdings ist noch längst nicht alles wie früher. Raubtiere aus dem Ausland zum Beispiel fehlen. Kaiser erklärt, warum das so ist und welche Hoffnungen er und seine Familie haben.
Geboten wird bei Barnum zeitlose traditionelle Zirkusunterhaltung für Groß und Klein – Artistik, Jonglage, moderne Clownerie. Auch wenn ein Großteil der Gäste Familien mit kleinen Kindern sind: Auch erfahrene Zirkusgäste bekommen ein vielseitiges und beeindruckendes Programm zu sehen. Salto-mortaleSprünge über Pferde und zwei Kamele zum Beispiel, Jonglieren mit drei brennenden Fackeln, Handstand auf einer Stuhlpyramide bis zur Zirkuskuppel oder Kunstreiten, wie man es von Stuntmen aus dem Kino kennt. In schwindelerregenden Höhen nahe dem Zeltdach wird Artistik an seidenen Tüchern und am Ring aufgeführt. Neben den Künstlern und Künstlerinnen spielen Vierbeiner die Hauptrolle: Unter dem Motto „Jetzt wird’s tierisch“sind 60 mehr oder weniger exotische Tiere zu bestaunen. Zirkusdirektor Markus Kaiser trainiert Pferde, argentinische Zwergponys, Kamele, Lamas und acht Rinderrassen. Ein Highlight ist das mit 58 Zentimetern Körpergröße kleinste Pony Europas.
Raubtiere wie Tiger und Löwen sowie internationale Gastauftritte gibt es derzeit nicht. Stattdessen bleiben die Darbietungen in der Familie – neben Markus Kaiser treten seine Kinder Romina, Viviene, Miguel und Juliano auf. Das liegt nicht zuletzt an der Unsicherheit wegen der Pandemie. Die Wildkatzen stammen von internationalen Zirkus-Anbietern. Das macht eine Buchung zu einer unkalkulierbaren Investition, denn es bestünde die Gefahr, dass ausländische Raubkatzen
Showeinlagen oder Gastauftritte von internationalen Künstlern Probleme machen, wenn das Herkunftsland zum Risikogebiet erklärt würde.
Zum klassischen Traditionszirkus gehört aber auch die Pferdedressur. Beim Circus Barnum zeigen Friesen, Vollblutaraber und Andalusier, was sie gelernt haben. Faszinierend vor allem für die kleinen Zuschauer: Wenn die Tiere durch die Manege galoppieren, sind sie dem Publikum viel näher, als man sie in einem Zoo zu Gesicht bekommt. In der zwanzigminütigen Pause können Besucher die Tiere auf der eingezäunten Wiese hinter dem Zirkuszelt besuchen. Dafür fallen noch einmal fünf Euro pro Person an. Wie der Direktor erklärt, braucht der Zirkus sehr viel Geld allein für Futter, nämlich am Tag 450 Euro. Auch wenn es viel Kritik an der Haltung von Zirkustieren gibt: Darauf, dass es den Tieren beim Circus Barnum gut geht, legt der 46-Jährige großen Wert.
„Niemand kann behaupten, wir seien Tierquäler, davon kann sich jeder gern bei uns ein eigenes Bild machen“, so Kaiser. In der Show berichtet der Zirkusdirektor dem Publikum, dass der Betrieb vom Veterinäramt bereits mehrfach für seine vorbildliche Tierhaltung ausgezeichnet worden sei.
Bis zu 1000 Zuschauer finden im Zeltpalast Platz. Zumindest in der Theorie. In der Praxis jedoch gelten Abstandsregeln und der Zirkus soll nicht voll besetzt sein. Am Premierentag stellte sich diese Frage ohnehin nicht, da der Andrang noch nicht so groß war, dass es zu Platzproblemen hätte kommen können. Die Anwesenden zeigten allerdings so viel Enthusiasmus, dass sich die Stimmung unter dem Zirkuszeltdach anfühlte wie ein volles Haus.
Sowohl dem Publikum als auch den Zirkuskünstlern und -künstlerinnen merkte man an, wie groß die Dankbarkeit war, dass die nervenzehrendste Phase der Pandemie vorbei zu sein scheint. „Die Angst vor dem endgültigen Ende unseres Zirkus war da“, so Markus Kaiser „Wir bedanken uns bei unserem Publikum, welches uns durch Spenden am Leben erhalten hat“, sagt er.