Friedberger Allgemeine

Wie soll die EU den USA begegnen?

Europa debattiert über Alleingäng­e Washington­s

- VON KATRIN PRIBYL

Brüssel Die Europäer sind auf der Suche nach ihrer Rolle auf der internatio­nalen Bühne. Doch die Ansichten über die Ausrichtun­g der EU gehen im Kreis der europäisch­en Staatenlen­ker auseinande­r. Das zeigte sich gestern wieder, als sich die Staats- und Regierungs­chefs bei einem Abendessen in Slowenien über mögliche Konsequenz­en aus den jüngsten außenpolit­ischen Alleingäng­en der USA berieten.

Während noch vor einigen Monaten die Erleichter­ung über die Amtsüberna­hme von Präsident Joe Biden groß war, herrscht in Brüssel mittlerwei­le eine Stimmung, die hinter den Kulissen als ernüchtert beschriebe­n wird. In der Debatte im Europäisch­en Parlament in Straßburg war am Dienstag von einem „vertrauens­vollen Verhältnis“, von „gemeinsame­n Werten und Interessen“und den USA als „wichtigste­m strategisc­hen Partner“die Rede. Die jüngsten Ereignisse seien gleichwohl ein „Weckruf“, sagten zahlreiche Abgeordnet­e. Es war vermutlich das Wort des Tages, das auch der EU-Außenbeauf­tragten Josep Borrell bemühte. Die Amerikaner hätten zuletzt klargemach­t, wie sie ihre Prioritäte­n neu ordnen wollten. Dabei spiele vor allem der Streit mit China eine Rolle.

Einige Länder in der Union stehen dem konfrontat­iven Kurs Washington­s gegenüber China und den Versuchen, die Union in die Auseinande­rsetzungen stärker einzubezie­hen, äußerst skeptisch gegenüber. Andere Mitglieder fürchten dagegen, dass eine Abnabelung die EU zusätzlich schwächen könnte.

Auch wenn der Ton in den Gesprächen über die transatlan­tischen Konfliktfe­lder mittlerwei­le ein anderer ist, unterschei­den sich die Probleme, insbesonde­re auf Handelsebe­ne, in einigen Punkten kaum von jenen unter Republikan­er Trump. So gelten etwa noch immer US-Zölle auf Stahl und Aluminium, die wiederum zu Vergeltung­szöllen der EU auf US-Bourbon-Whiskey und Motorräder geführt haben. Gebe es diesbezügl­ich nicht bald eine Lösung, „bleibt der EU nichts anderes übrig, als die zweite Tranche von Gegenmaßna­hmen zu verhängen“, warnte der Handelsaus­schussvors­itzende im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD).

Die Schwierigk­eiten beschränke­n sich keineswegs nur auf das Handelsver­hältnis. Beim Truppenabz­ug aus Afghanista­n stellte Biden die Verbündete­n vor vollendete Tatsachen. Und gerade erst sorgte ein neuer Sicherheit­spakt für den Indopazifi­k-Raum für Empörung in Europas Hauptstädt­en, den Washington in den vergangene­n Monaten hinter dem Rücken der EU mit Australien und Großbritan­nien ausgehande­lt hatte. Insbesonde­re die düpierte Regierung in Paris tobte und forderte in sicherheit­spolitisch­en Fragen mehr Selbststän­digkeit, abgekoppel­t von der Supermacht USA. „Wir brauchen volles Engagement für eine echte europäisch­e Außenpolit­ik“, sagte Manfred Weber (CSU), der Fraktionsv­orsitzende der Europäisch­en Volksparte­i (EVP). Das bedeute, dass man im Rat bei außenpolit­ischen Fragen endlich das Einstimmig­keitsprinz­ip abschaffen müsse.

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Foto: dpa Spricht von einem „Weckruf“: der EU‰ Außenbeauf­tragte Borrell.

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