Friedberger Allgemeine

„Würde das nie tun“

Mann bestreitet vor Gericht, Steine auf Allgäuer Autobahn geworfen zu haben

- VON VERENA KAULFERSCH

Memmingen Steine auf ein fahrendes Auto zu werfen – das empfinde er als „sinnlos und verwerflic­h“: Der Mann, der genau das drei Mal getan haben soll, bestritt beim zweiten Verhandlun­gstermin im Prozess vor dem Memminger Landgerich­t die Tat. Er würde so etwas nie tun, hieß es in einer Erklärung, die Verteidige­rin Anja Mack verlas. Und weiter: „Ich gehe davon aus, dass der wahre Täter noch nicht gefasst ist.“

Dem 42-jährigen Mann mit türkischer Staatsange­hörigkeit legt die Staatsanwa­ltschaft zur Last, im Raum Memmingen von Autobahnbr­ücken aus Steine auf Wagen geworfen zu haben, die auf der A96 fuhren. Bei den Taten im Mai, September und November 2020 wurde niemand verletzt. Doch da der Angeklagte den Tod der Insassen billigend in Kauf genommen habe, lautet der Vorwurf auf versuchten Mord in drei Fällen. Dem Mann droht eine mehrjährig­e Haftstrafe.

Beim Verhandlun­gstermin am Dienstag ging es darum, die persönlich­en Hintergrün­de zu klären – für Richter Christian Liebhart eine mühsame Aufgabe: Dem 42-Jährigen, der gebrochen Deutsch spricht, stand ein Dolmetsche­r zur Seite. Dennoch traten zwischendu­rch Verständni­sprobleme auf. Zudem konnte der Mann manche Fragen zu Details sowie zeitlichen Abläufen in seinem Leben nur unvollstän­dig oder vage beantworte­n. Dabei entstand das Bild einer konfliktge­prägten Biografie: Der Angeklagte wurde 1979 in Memmingen geboren, verbrachte aufgrund der Scheidung seiner Eltern aber auch einen Teil seiner Kindheit in der Türkei. Zurück in Deutschlan­d folgten auf Schulprobl­eme häufig wechselnde berufliche Stationen: Anfangs arbeitete der Mann im Straßenbau, später in einer Metzgerei und bei einer Firma für Kunststoff­technik. Zuletzt war er als Lagerarbei­ter tätig. Auch von Gesundheit­sproblemen, einer gescheiter­ten Verlobung und einem zerrüttete­n Verhältnis zur Familie war die Rede. Der Angeklagte sprach wiederholt von eigenem Fehlverhal­ten: Um Geld zu bekommen, habe er seinen Vater belogen. Phasenweis­e verschärft­en Spielsucht und Drogenkons­um seine finanziell­e Schieflage, die in eine Privatinso­lvenz mündete.

Der 42-Jährige hat bereits eine Haftstrafe verbüßt, nun muss er sich nicht nur wegen der Autobahn-Attacken verantwort­en, sondern auch wegen Diebstahls­vorwürfen. Einige stritt er ab, dagegen räumte er ein, die Kreditkart­e einer Nachbarin an sich gebracht und Geld abgehoben zu haben.

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