Tierischer Wahlkampf
Landesbund für Vogelschutz und Bund Naturschutz schicken Kandidaten ins Rennen um den Titel „Vogel des Jahres 2022“
Augsburg Die Bundestagswahl ist gerade erst vorbei – und schon ist der Wählerwille erneut gefragt. Allerdings geht es diesmal nicht um die Ampeln, Jamaika oder den Bundeskanzler, sondern um den Vogel des Jahres 2022.
Seit 1971 vergeben der bayerische Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) diesen Titel. Zum 50-jährigen Jubiläum im vergangenen Jahr entschied erstmals der Wählerwille. 455 000 Menschen gaben ihre Stimme ab – „eine überwältigende Beteiligung“, sagt LBVVorsitzender Norbert Schäffer. Das Rotkehlchen holte die Mehrheit und wartet nun auf seinen Nachfolger.
Um dessen Wahl etwas abzukürzen und die Aufmerksamkeit auch auf andere Arten zu lenken, haben dieses Jahr Vogelkundlerinnen und Vogelkundler fünf Kandidaten bestimmt. Es sind: Bluthänfling, Feldsperling, Mehlschwalbe, Steinschmätzer und Wiedehopf. „Jeder der fünf Vögel steht für ein Naturschutzthema, das unsere Aufmerksamkeit braucht“, sagt Schäffer.
Die Mehlschwalbe findet durch das Insektensterben weniger Nahrung. Sie nistet an Gebäuden, was ihr – beispielsweise bei Sanierungen – zum Verhängnis wird. Ihr Wahlkampfslogan
heißt nach LBV-Angaben darum: „Mieterschutz für Vögel.“
Der Steinschmätzer ist ein Langstreckenzieher. „Vom Aussterben bedroht ist diese Art bei uns, weil sie immer weniger Lebensraum zur
Verfügung hat“, erklärt der LBVVorsitzende. Darum gehe der Steinschmätzer mit dem Slogan „Mut zur Brache“ins Rennen.
Der Wiedehopf ist mit seinem langen Schnabel und seinen orangefarbenen Scheitelfedern der optisch spektakulärste Kandidat. Er lebt ausschließlich in besonders warmen Gegenden in Deutschland. „Die Art wäre deutlich häufiger, wenn es mehr halb offene Landschaften mit vielen Insekten gäbe, wie Weideflächen oder pestizidfreie Weinberge“, so Schäffer. Der Wahlkampfspruch des Wiedehopfs heißt: „Gift ist keine Lösung.“
Den Feldsperling dürfte jeder und jede schon einmal gesehen haben. Die Spatzenart hat nach der Brutzeit ein ausgeprägtes Sozialverhalten, die Vögel versammeln sich dann gern in Sträuchern. Der Feldsperling brütet in Baumhöhlen oder Nistkästen und fordert deshalb: „Ohne Gehölz, ohne mich.“
Sein gruseliger Name täuscht: Der Bluthänfling ist kein Greifvogel, sondern eine kleine Finkenart mit roter Brust. Sein Bestand ist gefährdet, weil er in monotonen Ackerlandschaften keine Heimat findet. Er fordert für seinen Brutplatz: „Mehr Hecken zum Verstecken.“
Unter www.vogeldesjahres.de kann bis 18. Oktober abgestimmt werden.