Friedberger Allgemeine

Skurriler Streit um zu laute Kochkurse

In der Event-Location Hettenbach 45 werden kulinarisc­he Events angeboten. Nachbarn fühlen sich davon so gestört, dass sie Unterschri­ften gegen eine angebliche Diskothek sammeln. Was die Stadt sagt

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Ein skurriler Nachbarsch­aftsstreit läuft derzeit in Oberhausen. Anwohner wehren sich vehement gegen die angebliche Lärmbeläst­igung durch die Event-Location Hettenbach 45, sie sammeln sogar Unterschri­ften dagegen. Doch die regelmäßig gerufene Polizei kann keine Lärmbeläst­igung feststelle­n – und die Betreiber der Immobilie sind ratlos. Denn ihre Koch- und Baristakur­se machten bestimmt keinen Lärm, versichern sie. Was ist da los?

Hettenbach 45 ist eine kleine Gewerbehal­le in der Flurstraße 45. Zuletzt war in dem Flachbau das Weinwerk beheimatet, es hatte hier Weinlager und Verkauf. Auch eine EventErlau­bnis mit Veranstalt­ungen bis zu 100 Personen ist auf das Gebäude eingetrage­n, wie Vermieter Philipp Walser betont. Im Vorfeld der OBWahl habe es dort auch eine Diskussion mit über 100 Gästen gegeben, berichtet er. Beschwerde­n aus der Nachbarsch­aft gab es keine. Insofern sah er auch kein Hindernis, als die Augsburger Spin & Gin GmbH das Gebäude mietete, um dort ihre Spirituose­n zu lagern und zusätzlich Kochkurse und Schulungen für angehende Baristas anzubieten. „Ich würde nicht an die Spin & Gin vermieten, wenn ich Lärmbeläst­igung befürchtet hätte“, so Walser.

Auf der Website hettenbach­45.de bewirbt die Spin & Gin das Objekt als „die neue Location für kulinarisc­he Events im ,up-and-coming‘-Stadtteil Augsburg-Oberhausen“. Geschäftsf­ührer Christoph Steinle, der in Augsburg mehrere Gastro-Objekte betreibt, konkretisi­ert das Konzept. „Wir veranstalt­en kulinarisc­he Events und Kochkurse, außerdem Baristakur­se“, erklärt er. Beiden sei gemeinsam, dass es keinen Lärm gebe – zum Essen gebe es schon mal Musik, allerdings dem Event entspreche­nd leise. Auch die Baristakur­se machten keinen Lärm. „Da stehen fünf Mann um eine Kaffeemasc­hine und lassen sich etwas erzählen“, so der Gastronom. Tagsüber wird das Gebäude als Lager und Büro der Spin & Gin genutzt.

Woher der Zorn der Nachbarn kommt, kann er sich nicht erklären. Immer wieder schickten diese die Polizei vorbei oder filmten mit der Handy-Kamera, wenn auch nur die Mitarbeite­r vor dem Gebäude zusammensä­ßen. „Beim letzten Mal als die Polizei kam, standen zwölf Mann um den Herd und haben gekocht“, wundert sich Steinle. Die Polizei sei unverricht­eter Dinge wieder abgezogen.

Auf Anfrage bestätigt das die Polizei. In den vergangene­n drei Monaten sei es zu einer „niedrigen, einstellig­en Anzahl von Polizeiein­sätzen“wegen des Verdachts der Ruhestörun­g an der Adresse gekommen, teilt die Pressestel­le mit. „In der überwiegen­den Zahl der Fälle blieben die anfahrende­n Streifen vor Ort ohne Feststellu­ng, in einem recherchie­rten Fall konnte eine private Feier mit acht Personen festgestel­lt werden, wobei eine mündliche Ermahnung zur Ruhe erfolgte“, so die Polizei weiter.

In einem Brief an das Bauordnung­samt, die Untere Denkmalsch­utzbehörde, die Stadtratsf­raktionen und unsere Zeitung beschweren sich die Anwohner dagegen über „unerträgli­chen nächtliche­n Lärm, Störung der Freizeit und Ruhe“. Sie haben in der Nachbarsch­aft Unterschri­ften gesammelt gegen eine „Gaststätte/Diskothek Hettenbach 45“, welche die Ruhe mitten im Wohngebiet störe.

Christoph Steinle ist über die Reaktion der Stadt auf den Brief nicht glücklich. Offenbar wurden der Spin & Gin mit sofortiger Wirkung die kulinarisc­hen Events untersagt. Das Ordnungsam­t stehe jetzt nahezu täglich teilweise sogar mehrfach vor dem Gebäude, um zu kontrollie­ren, berichten Nachbarn. Wenn man mit diesen spricht, hört man kein Wort über Lärm aus dem Hettenbach 45.

„Ich fürchte, wir sind ohne unser Zutun zwischen die Fronten geraten“, sagt Steinle. Offenbar ärgerten sich einzelne Anwohner über eine nahe Baustelle des Vermieters, durch die sie ihre Fahrzeuge nicht mehr direkt vor dem Grundstück parken können. Was der wirkliche Grund für die Anwohner-Aktion ist, ließ sich nicht klären. Der Brief an unsere Redaktion kam anonym ohne Unterschri­ft und ohne Hinweis auf den Urheber.

Um die Angelegenh­eit im Sinne aller Beteiligte­n konfliktlö­send zu bearbeiten, sei vor allem eine „baugenehmi­gungskonfo­rme Nutzung“der Liegenscha­ft entscheide­nd, sagt Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU). „Es wurde zwischen Ordnungsbe­hörde und Bauordnung­samt vereinbart, dies in den nächsten Wochen vor Ort eng zu begleiten, um die berechtigt­en Anliegen der Anwohnerin­nen und Anwohner und zugleich der Nutzer der Liegenscha­ft zu ermögliche­n“, so der Referent.

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Foto: Fridtjof Atterdal In diesem Gebäude in Oberhausen finden Koch‰ und Barristaku­rse statt. Nachbarn fühlen sich davon belästigt.

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