Für ein paar Gramm gibt er seine Adresse her
Ein Mann erlaubt einem Kollegen, seine Anschrift für Drogenbestellungen zu nutzen. Nun steht er vor Gericht
Aichach Dumm und naiv sei er gewesen, sagt der Angeklagte vor dem Schöffengericht am Aichacher Amtsgericht. Der 28-jährige Aichacher hatte einem Arbeitskollegen seine Adresse zur Verfügung gestellt, damit der diese für die Anlieferung von im Internet bestellten Drogen verwenden konnte. Eines der bestellten Pakete war von den Behörden abgefangen worden und der Aichacher wegen unerlaubten Handels mit Drogen in nicht geringer Menge angeklagt worden. Jetzt hatte der 28-Jährige Angst, dass er im Gefängnis landen und alles den Bach runtergehen könnte.
150 Gramm Marihuana und 20 Gramm Kokain im Gesamtwert von rund 2000 Euro waren im ersten Paket, das im Dezember 2019 an die Adresse des 28-Jährigen geliefert worden war. Eine Menge, bei der die Staatsanwaltschaft davon ausging, dass der Angeklagte sie weiter
wollte. Für einen Gesamtpreis von rund 3100 Euro. Ebenso bei dem zweiten Paket, das im Mai 2020 bestellt worden war. Sein Inhalt: 200 Gramm Amphetamine im Wert von knapp 2000 Euro. Das bestritt der 28-Jährige. Er habe lediglich einem Arbeitskollegen seine Adresse für dessen Drogenlieferungen zur Verfügung gestellt, sagte er aus. Als Gegenleistung hatte er aus der ersten Lieferung zehn Gramm Marihuana bekommen. Zu der Zeit konsumierte der Angeklagte selbst noch Drogen. Unter der Woche etwas weniger, am Wochenende mehr, erzählte er Axel Hellriegel, dem Vorsitzenden des Schöffengerichts.
Das änderte sich schlagartig, als Mitte 2020 die Polizei bei dem Angeklagten vor der Türe stand und seine Wohnung durchsuchte. Kurz vorher hatten die Behörden das zweite Paket mit den Amphetaminen an seiner Adresse abgefangen. Der 28-Jährige sagte vor Gericht: „Ab diesem Tag habe ich nichts mehr genommen und ich will nie wieder etwas nehmen.“Mit der Feinwaage, die die Polizei damals neben Ecstasy-Tabletten und Amphetamin bei ihm fand, habe er seinen Konsum am Wochenende steuern wollen, sagte der Angeklagte aus. Bei der Auswertung seines Handys fand die Polizei Hinweise, dass die Bestellungen über seinen Arbeitskollegen gegangen waren. Die dabei verwendete E-Mailverkaufen Adresse sei von dem Angeklagten nicht genutzt worden, sagte der Beamte aus. Er fand in den Chats dafür Unterhaltungen, bei denen der 28-Jährige mit Codewörtern wie „Bücher“, „Pepsi“oder „Cola“bei dem Kollegen Drogen für Freunde bestellt hatte. Die Anklagepunkte hätten sich im Wesentlichen bestätigt, sagte Emanuel Straub, Vertreter der Staatsanwaltschaft Augsburg. Er hielt dem 28-Jährige zugute, dass er geständig war und Reue gezeigt hatte. Auch hatte er bisher nie vor Gericht gestanden und bereits Gespräche mit der Drogenberatung geführt. Ein dicker Minuspunkt war dagegen, dass der Angeklagte eine erhebliche Menge an Drogen geliefert bekommen hatte und es nicht nur weiche Drogen gewesen waren. Auch Kokain war dabei gewesen. Staatsanwalt Straub sprach sich für eine Bewährungsstrafe von 17 Monaten aus. Als Auflage regte er 2000 Euro Geldstrafe sowie weitere Beratungsgespräche zum Thema Drogen an. Verteidiger Wilhelm Seitz wies darauf hin, dass sein Mandant „nur die Lieferadresse des Arbeitskollegen“gewesen sei. „Er wusste, dass das Päckchen Drogen enthielt, aber er war nicht in den Bestellvorgang mit eingebunden.“Er plädierte für neun Monate auf Bewährung und im Fall des abgefangenen Päckchens auf Freispruch.
Das Schöffengericht verurteilte den 28-Jährigen wegen unerlaubten Besitzes und Beihilfe zum unerlaubten Handel mit Drogen in nicht geringer Menge zu einem Jahr auf Bewährung. Als Auflage muss er 2000 Euro an die Suchtfachambulanz Aichach zahlen und sein drogenfreies Leben mit Urinproben nachweisen. Auch wenn er das erste Päckchen nur für rund eine Stunde in den Händen gehabt hatte, bevor der Arbeitskollege es abholte, sei es doch tatsächlich in seinem Besitz gewesen, so das Gericht. Es würdigte aber die Aufklärungshilfe, die der Angeklagte geleistet hatte.