3G beim Arzt: Ist das erlaubt?
Einige Mediziner wollen in ihren Praxen nur Geimpfte, Genesene oder Getestete behandeln. Auch ein Orthopäde aus Friedberg ist darunter. Was seine Argumente dafür sind und wie das Gesundheitsministerium reagiert
Friedberg Dass der kleine Zettel an der Tür so einen großen Wirbel auslösen würde, hatte Dr. Johannes Bauer nicht gedacht. „Zutritt und ärztliche Behandlung nur nach 3G-Regelung“war darauf zu lesen. Mittlerweile gibt es den Zettel so nicht mehr. Wie es dazu kam, wird Bauer später noch erklären.
In Bayern gilt die 3G-Regelung eigentlich für den Besuch von Restaurants, Konzerten, Museen und dergleichen. Dass nun auch Arztpraxen davon Gebrauch machen wollen, ist neu. „Uns ging es nie um ein politisches Statement“, sagt Orthopäde Bauer, der gemeinsam mit Dr. Bruno Schwarz eine Praxis in Friedberg bei Augsburg hat. „Sondern um den Schutz derjenigen Patienten, die sich nicht impfen lassen können oder das auch nicht wollen. Etwa Schwangere oder Kinder.“In Friedberg liege die Inzidenz über 100. „Und viele Experten wie etwa Christian Drosten warnen ja bereits vor der vierten Welle, die uns in den nächsten Wochen und Monaten bevorstehen könnte“, sagt Bauer.
Seine Patienten hätten die Regelung positiv aufgenommen, fährt der Mediziner im Gespräch mit unserer Redaktion fort. Im Internet indes schlagen die Wellen hoch. „Solche Ärzte sollten die Zulassung verlieren“, heißt es da. Oder: „Ich finde, ein Arztbesuch gehört zur Grundversorgung und darf nicht unter 3G-Vorbehalt stehen.“Und ein anderer Facebook-Nutzer fragt: „Ist das nicht unterlassene Hilfeleistung?“
Ist das Vorgehen des Friedberger Arztes tatsächlich erlaubt? Kann es sein, dass nur Geimpfte, Getestete und Genesene zum Arzt dürfen? Nachfrage beim bayerischen Gesundheitsministerium. Eine Sprecherin der Behörde teilt mit: „Ärztinnen und Ärzte könnten theoretisch erhöhte Sicherheitsmaßnahmen für die Räumlichkeiten ergreifen. Den Patientinnen und Patienten den Zugang zur Arztpraxis nur nach der 3G-Regel zu erlauben, ist Arztpraxen aber grundsätzlich nicht möglich.“Gleichwohl, fährt die Sprecherin fort, gebe es in Ausnahmefällen Situationen, bei denen der besondere Schutz der Gesundheit der Ärztinnen und Ärzte, ihrer Praxismitarbeiter oder von Patientinnen und Patienten im Vordergrund stehe. Das sei etwa der Fall, wenn besonders vulnerable Patientengruppen die Praxis aufsuchen. „Denkbar wären in solchen Fällen Maßnahmen zum Eigenschutz wie zum Beispiel Schutzimpfungen, persönliche Schutzausrüstung und die Einhaltung der medizinischen Hygienestandards sowie zusätzliche
Sprechstunden für ungeimpfte und ungetestete Patientinnen und Patienten, um deren Versorgung zu gewährleisten.“
Orthopäde Bauer sagt, er habe nicht geahnt, dass es Probleme mit der 3G-Entscheidung geben könnte, wie er unserer Redaktion mitteilt, die ihn auf die Äußerungen des Ministeriums aufmerksam gemacht hatte. „Die Stellungnahme des Gesundheitsministeriums hat tatsächlich eine Änderung unseres Vorgehens ausgelöst“, berichtet er. Man sei weiterhin überzeugt, dass die 3G-Regelung bei einem Praxisbesuch zur Risikominimierung für anin dere Patienten sinnvoll und vertretbar ist. „Wir werden aber ab sofort bei diesem Personenkreis nicht mehr auf einen aktuellen Test bestehen, sondern sie nur bitten, einen Test vorzulegen oder sich in unserer Praxis vor der Behandlung beziehungsweise vor Betreten des Wartezimmers testen zu lassen.“Aus einem fehlenden Test werde sich aber keine Abweisung ergeben, sagt Bauer. „Im Übrigen haben wir auch bis zum heutigen Zeitpunkt aufgrund 3G keine Patienten abgewiesen, da bisher das Vorgehen sehr positiv aufgenommen wurde.“Auf dem Schild an der Tür der Friedberger
Praxis ist nun zu lesen: „Zutritt und ärztliche Behandlung bitte nach 3G-Regelung (auf freiwilliger Basis).“
Die Friedberger Praxis, die die strenge 3G-Regelung dann doch wieder zurückgenommen hat, ist sicherlich eine Ausnahme – aber kein Einzelfall. Bei einer Recherche im Internet finden sich in Deutschland mehrere Ärzte, die so verfahren. „Eintritt in unsere Praxis haben Geimpfte, Genesene und Getestete – ganz unabhängig von der Inzidenz. Bitte zeigen Sie Ihren Impfnachweis, die Genesenen-Bescheinigung oder Ihren aktuellen Schnelltest an unserem Empfang vor“, heißt es etwa auf der Homepage eines Münchner Augenarztes. Eine ganz ähnliche Formulierung findet sich auf den Seiten eines Hämatologen in Landau in der Pfalz oder bei einem Neurologen in Berlin.
Immer wieder fällt in der Debatte um die 3G-Regel in Praxen der Begriff „Hausrecht“. Könnten sich die Ärzte darauf berufen? Dr. Axel Heise, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), erklärt: „Ob sich eine Anwendung von 3G aus dem Hausrecht ableiten lässt, ist insoweit fraglich, als Vertragsärzte eine Behandlungspflicht für GKV-Versicherte haben, und diese haben wiederum die freie Arztwahl unter den Vertragsärzten.“
Christina Haubrich, die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bayerischen Landtag, hat die hitzig geführte Diskussion um 3G in Arztpraxen verfolgt und sieht die Sache so: „Jedem Menschen in Bayern steht eine ärztliche Behandlung zu – auch jenen, die nicht gegen Corona geimpft sind.“
Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte wollten aber natürlich ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie Patienten und Patientinnen vor einer möglichen Ansteckung schützen, was vor allem bei immungeschwächten und anderen RisikoPatienten und -Patientinnen wichtig sei. „Grundsätzlich ist es deshalb wünschenswert, dass sich ungeimpfte Patienten und Patientinnen und ungeimpfte Begleitpersonen testen lassen, bevor sie sich in ein Wartezimmer setzen.“
Im Internet schlagen die Wellen hoch