Friedberger Allgemeine

3G beim Arzt: Ist das erlaubt?

Einige Mediziner wollen in ihren Praxen nur Geimpfte, Genesene oder Getestete behandeln. Auch ein Orthopäde aus Friedberg ist darunter. Was seine Argumente dafür sind und wie das Gesundheit­sministeri­um reagiert

- VON STEPHANIE SARTOR

Friedberg Dass der kleine Zettel an der Tür so einen großen Wirbel auslösen würde, hatte Dr. Johannes Bauer nicht gedacht. „Zutritt und ärztliche Behandlung nur nach 3G-Regelung“war darauf zu lesen. Mittlerwei­le gibt es den Zettel so nicht mehr. Wie es dazu kam, wird Bauer später noch erklären.

In Bayern gilt die 3G-Regelung eigentlich für den Besuch von Restaurant­s, Konzerten, Museen und dergleiche­n. Dass nun auch Arztpraxen davon Gebrauch machen wollen, ist neu. „Uns ging es nie um ein politische­s Statement“, sagt Orthopäde Bauer, der gemeinsam mit Dr. Bruno Schwarz eine Praxis in Friedberg bei Augsburg hat. „Sondern um den Schutz derjenigen Patienten, die sich nicht impfen lassen können oder das auch nicht wollen. Etwa Schwangere oder Kinder.“In Friedberg liege die Inzidenz über 100. „Und viele Experten wie etwa Christian Drosten warnen ja bereits vor der vierten Welle, die uns in den nächsten Wochen und Monaten bevorstehe­n könnte“, sagt Bauer.

Seine Patienten hätten die Regelung positiv aufgenomme­n, fährt der Mediziner im Gespräch mit unserer Redaktion fort. Im Internet indes schlagen die Wellen hoch. „Solche Ärzte sollten die Zulassung verlieren“, heißt es da. Oder: „Ich finde, ein Arztbesuch gehört zur Grundverso­rgung und darf nicht unter 3G-Vorbehalt stehen.“Und ein anderer Facebook-Nutzer fragt: „Ist das nicht unterlasse­ne Hilfeleist­ung?“

Ist das Vorgehen des Friedberge­r Arztes tatsächlic­h erlaubt? Kann es sein, dass nur Geimpfte, Getestete und Genesene zum Arzt dürfen? Nachfrage beim bayerische­n Gesundheit­sministeri­um. Eine Sprecherin der Behörde teilt mit: „Ärztinnen und Ärzte könnten theoretisc­h erhöhte Sicherheit­smaßnahmen für die Räumlichke­iten ergreifen. Den Patientinn­en und Patienten den Zugang zur Arztpraxis nur nach der 3G-Regel zu erlauben, ist Arztpraxen aber grundsätzl­ich nicht möglich.“Gleichwohl, fährt die Sprecherin fort, gebe es in Ausnahmefä­llen Situatione­n, bei denen der besondere Schutz der Gesundheit der Ärztinnen und Ärzte, ihrer Praxismita­rbeiter oder von Patientinn­en und Patienten im Vordergrun­d stehe. Das sei etwa der Fall, wenn besonders vulnerable Patienteng­ruppen die Praxis aufsuchen. „Denkbar wären in solchen Fällen Maßnahmen zum Eigenschut­z wie zum Beispiel Schutzimpf­ungen, persönlich­e Schutzausr­üstung und die Einhaltung der medizinisc­hen Hygienesta­ndards sowie zusätzlich­e

Sprechstun­den für ungeimpfte und ungetestet­e Patientinn­en und Patienten, um deren Versorgung zu gewährleis­ten.“

Orthopäde Bauer sagt, er habe nicht geahnt, dass es Probleme mit der 3G-Entscheidu­ng geben könnte, wie er unserer Redaktion mitteilt, die ihn auf die Äußerungen des Ministeriu­ms aufmerksam gemacht hatte. „Die Stellungna­hme des Gesundheit­sministeri­ums hat tatsächlic­h eine Änderung unseres Vorgehens ausgelöst“, berichtet er. Man sei weiterhin überzeugt, dass die 3G-Regelung bei einem Praxisbesu­ch zur Risikomini­mierung für anin dere Patienten sinnvoll und vertretbar ist. „Wir werden aber ab sofort bei diesem Personenkr­eis nicht mehr auf einen aktuellen Test bestehen, sondern sie nur bitten, einen Test vorzulegen oder sich in unserer Praxis vor der Behandlung beziehungs­weise vor Betreten des Wartezimme­rs testen zu lassen.“Aus einem fehlenden Test werde sich aber keine Abweisung ergeben, sagt Bauer. „Im Übrigen haben wir auch bis zum heutigen Zeitpunkt aufgrund 3G keine Patienten abgewiesen, da bisher das Vorgehen sehr positiv aufgenomme­n wurde.“Auf dem Schild an der Tür der Friedberge­r

Praxis ist nun zu lesen: „Zutritt und ärztliche Behandlung bitte nach 3G-Regelung (auf freiwillig­er Basis).“

Die Friedberge­r Praxis, die die strenge 3G-Regelung dann doch wieder zurückgeno­mmen hat, ist sicherlich eine Ausnahme – aber kein Einzelfall. Bei einer Recherche im Internet finden sich in Deutschlan­d mehrere Ärzte, die so verfahren. „Eintritt in unsere Praxis haben Geimpfte, Genesene und Getestete – ganz unabhängig von der Inzidenz. Bitte zeigen Sie Ihren Impfnachwe­is, die Genesenen-Bescheinig­ung oder Ihren aktuellen Schnelltes­t an unserem Empfang vor“, heißt es etwa auf der Homepage eines Münchner Augenarzte­s. Eine ganz ähnliche Formulieru­ng findet sich auf den Seiten eines Hämatologe­n in Landau in der Pfalz oder bei einem Neurologen in Berlin.

Immer wieder fällt in der Debatte um die 3G-Regel in Praxen der Begriff „Hausrecht“. Könnten sich die Ärzte darauf berufen? Dr. Axel Heise, Sprecher der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Bayerns (KVB), erklärt: „Ob sich eine Anwendung von 3G aus dem Hausrecht ableiten lässt, ist insoweit fraglich, als Vertragsär­zte eine Behandlung­spflicht für GKV-Versichert­e haben, und diese haben wiederum die freie Arztwahl unter den Vertragsär­zten.“

Christina Haubrich, die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der Grünen im Bayerische­n Landtag, hat die hitzig geführte Diskussion um 3G in Arztpraxen verfolgt und sieht die Sache so: „Jedem Menschen in Bayern steht eine ärztliche Behandlung zu – auch jenen, die nicht gegen Corona geimpft sind.“

Die behandelnd­en Ärztinnen und Ärzte wollten aber natürlich ihre Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen sowie Patienten und Patientinn­en vor einer möglichen Ansteckung schützen, was vor allem bei immungesch­wächten und anderen RisikoPati­enten und -Patientinn­en wichtig sei. „Grundsätzl­ich ist es deshalb wünschensw­ert, dass sich ungeimpfte Patienten und Patientinn­en und ungeimpfte Begleitper­sonen testen lassen, bevor sie sich in ein Wartezimme­r setzen.“

Im Internet schlagen die Wellen hoch

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? In Bayern gilt die 3G‰Regelung eigentlich für den Besuch von Restaurant­s, Konzerten, Museen und dergleiche­n. Dass nun auch Arztpraxen davon Gebrauch machen wollen, ist neu.
Foto: Peter Kneffel, dpa In Bayern gilt die 3G‰Regelung eigentlich für den Besuch von Restaurant­s, Konzerten, Museen und dergleiche­n. Dass nun auch Arztpraxen davon Gebrauch machen wollen, ist neu.

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