Friedberger Allgemeine

Streit um CSU‰Sitzung hat ein Nachspiel vor Gericht

Im Februar wurde eine Versammlun­g der Innenstadt-CSU abgebroche­n, weil mehr Teilnehmer kamen, als coronabedi­ngt erlaubt waren. Nun geht es um ein Telefonat, das im Vorfeld geführt wurde

- VON STEFAN KROG

Die im Februar in einem Eklat abgebroche­ne Versammlun­g der Innenstadt-CSU hat nun ein Nachspiel vor Gericht. Damals wurde nach heftigen Auseinande­rsetzungen vor Ort die Sitzung des in zwei Lager geteilten Ortsverban­des beendet, noch bevor sie begonnen hatte. Grund: Es waren deutlich mehr Teilnehmer da, als coronabedi­ngt im Haus St. Ulrich tagen durften. Angesichts einer anstehende­n Kampfabsti­mmung um den Vorsitz hatten beide Lager ihre Mitglieder mobilisier­t. Das jetzige Gerichtsve­rfahren vor dem Arbeitsger­icht beschäftig­t sich mit einem Nebenaspek­t des Eklats. Es geht um die Frage, ob von einem CSU-Mitglied Parteiinte­ressen und städtische Tätigkeite­n vermischt wurden.

In einem Telefonat mit dem Haus St. Ulrich, einer vom Bistum betriebene­n Tagungsstä­tte, warnte der damalige CSU-Ortsverban­ds-Vize Michael Fäustlin im Vorfeld nämlich davor, die Versammlun­g angesichts der zu erwartende­n Teilnehmer­zahlen durchzufüh­ren. Ein Hinweisgeb­er behauptete kurz darauf gegenüber der Stadt Augsburg, Fäustlin sei im Telefonat als Mitarbeite­r der städtische­n Bauverwalt­ung aufgetrete­n. Fäustlin, der als Architekt schon lange im Bauordnung­samt arbeitet, bestreitet das aber. Das Gespräch sei in seiner Eigenschaf­t als CSU-Funktionär geführt worden. Vor Gericht will er nun von der Stadt wissen, wer der Hinweisgeb­er oder die Hinweisgeb­erin war. Die Stadt sagt, es habe sich um einen anonymen Hinweis, womöglich aus dem Haus St. Ulrich, gehandelt. Mehr wisse man aber nicht.

Die Frage, ob die Versammlun­g stattfinde­n kann, hatte hinter den Kulissen schon Tage zuvor die Gemüter erhitzt. Seitens der Kirche wollte man der CSU wegen der Corona-Problemati­k kurzfristi­g absagen. Augsburgs CSU-Parteichef Volker Ullrich intervenie­rte aber persönlich bei der Kirche und verwies darauf, dass man bereits Kosten hatte und die Veranstalt­ung – unter der Maßgabe der Teilnehmer­beschränku­ng – von der Stadt genehmigt sei. Auch der städtische Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU) stellte das am Tag vor der Veranstalt­ung gegenüber dem Haus St. Ulrich klar. Das Lager um Fäustlin habe den Eklat mit vielen unangemeld­eten Teilnehmer­n herausgefo­rdert, hieß es später aus dem gegnerisch­en Flügel in der CSU. Statt der angemeldet­en knapp 40 Personen waren rund 70 vor Ort.

Die Versammlun­g hatte damals hohe Wellen geschlagen. Vor Ort sollen zwischen den Parteifreu­nden auch Ausdrücke wie „Arschloch“gefallen sein. Vor allem warf die entgleiste Sitzung aber ein Schlaglich­t darauf, dass ein Konflikt, der der CSU vor zehn Jahren eine Zerreißpro­be einbrachte und eine vorübergeh­ende Spaltung der Stadtratsf­raktion zur Folge hatte, punktuell noch immer glimmt. Im Vergleich zum da- maligen Flächenbra­nd handelt es sich aber um kleine und vereinzelt­e Glutnester. Neben persönlich­en Befindlich­keiten und Seilschaft­en geht es darum, wie konservati­v oder liberal die CSU sein soll. In der Innenstadt-CSU bewarben sich drei Wochen nach der abgebroche­nen Sitzung Wayne Chico Pittman, ein Kandidat aus dem liberalen Lager um CSU-Fraktionsc­hef Leo Dietz, und Fäustlin, der von Rolf von Hohenhau vorgeschla­gen wurde, um den Vorsitz. Von Hohenhau ist dem konservati­ven Lager zuzurechne­n. Bei der abschließe­nden Abstimmung im März, die dann aus Platzgründ­en in der Kongressha­lle stattfand, setzte sich Pittman mit 44 zu 26 Stimmen gegen Fäustlin durch.

Arbeitsrec­htlich hatte das Telefonat mit dem Haus St. Ulrich keine Konsequenz­en für Fäustlin. Man habe ihn um eine Stellungna­hme gebeten, mehr sei nicht passiert, erklärte eine Juristin der Stadt vor dem Arbeitsger­icht. In der Personalak­te gibt es aber einen Vermerk zu dem Vorgang. Fäustlins Anwalt Reinhard Bender sagte, es sei „problemati­sch“, dass die Stadt zunächst erklärt habe, man gebe Fäustlin aus Gründen des Datenschut­zes keine Auskunft, später von einem anonymen Hinweisgeb­er spreche. Die Behauptung, Fäustlin habe sich beim Telefonat mit dem Haus St. Ulrich

als Mitarbeite­r des Bauordnung­samts ausgewiese­n und damit Druck gemacht, sei ehrenrühri­g. Fäustlin sagte, er habe mehrmals versucht, mit Ordnungs- und Personalre­ferent Pintsch deshalb ein Gespräch zu führen. Erreichbar sei er für ihn aber nie gewesen.

Das Gericht schlug zur gütlichen Einigung vor, dass Fäustlin über eine Rücknahme seiner Klage auf Auskunftse­rteilung nachdenken solle, falls die Stadt sich im Gegenzug bereit erkläre, den Eintrag aus der Personalak­te zu entfernen. Die beiden Parteien haben nun zwei Wochen Zeit, darüber nachzudenk­en.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Innenstadt-Ortsverban­d der CSU Schlagzeil­en macht. 2017 war der Verband dadurch aufgefalle­n, dass gegen seinen damaligen Vorsitzend­en – er ist nicht identisch mit den in der jetzigen Streitsach­e handelnden Personen – ermittelt wurde, weil er als Beschäftig­ter der Stadt in krumme Geschäfte auf einem Friedhof verwickelt gewesen sein soll. Er wurde vor Gericht zwar freigespro­chen, warf sein Amt aus Enttäuschu­ng über Teile der CSU-Führung trotzdem hin. Daraufhin übernahm Pittman.

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