Streit um CSUSitzung hat ein Nachspiel vor Gericht
Im Februar wurde eine Versammlung der Innenstadt-CSU abgebrochen, weil mehr Teilnehmer kamen, als coronabedingt erlaubt waren. Nun geht es um ein Telefonat, das im Vorfeld geführt wurde
Die im Februar in einem Eklat abgebrochene Versammlung der Innenstadt-CSU hat nun ein Nachspiel vor Gericht. Damals wurde nach heftigen Auseinandersetzungen vor Ort die Sitzung des in zwei Lager geteilten Ortsverbandes beendet, noch bevor sie begonnen hatte. Grund: Es waren deutlich mehr Teilnehmer da, als coronabedingt im Haus St. Ulrich tagen durften. Angesichts einer anstehenden Kampfabstimmung um den Vorsitz hatten beide Lager ihre Mitglieder mobilisiert. Das jetzige Gerichtsverfahren vor dem Arbeitsgericht beschäftigt sich mit einem Nebenaspekt des Eklats. Es geht um die Frage, ob von einem CSU-Mitglied Parteiinteressen und städtische Tätigkeiten vermischt wurden.
In einem Telefonat mit dem Haus St. Ulrich, einer vom Bistum betriebenen Tagungsstätte, warnte der damalige CSU-Ortsverbands-Vize Michael Fäustlin im Vorfeld nämlich davor, die Versammlung angesichts der zu erwartenden Teilnehmerzahlen durchzuführen. Ein Hinweisgeber behauptete kurz darauf gegenüber der Stadt Augsburg, Fäustlin sei im Telefonat als Mitarbeiter der städtischen Bauverwaltung aufgetreten. Fäustlin, der als Architekt schon lange im Bauordnungsamt arbeitet, bestreitet das aber. Das Gespräch sei in seiner Eigenschaft als CSU-Funktionär geführt worden. Vor Gericht will er nun von der Stadt wissen, wer der Hinweisgeber oder die Hinweisgeberin war. Die Stadt sagt, es habe sich um einen anonymen Hinweis, womöglich aus dem Haus St. Ulrich, gehandelt. Mehr wisse man aber nicht.
Die Frage, ob die Versammlung stattfinden kann, hatte hinter den Kulissen schon Tage zuvor die Gemüter erhitzt. Seitens der Kirche wollte man der CSU wegen der Corona-Problematik kurzfristig absagen. Augsburgs CSU-Parteichef Volker Ullrich intervenierte aber persönlich bei der Kirche und verwies darauf, dass man bereits Kosten hatte und die Veranstaltung – unter der Maßgabe der Teilnehmerbeschränkung – von der Stadt genehmigt sei. Auch der städtische Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) stellte das am Tag vor der Veranstaltung gegenüber dem Haus St. Ulrich klar. Das Lager um Fäustlin habe den Eklat mit vielen unangemeldeten Teilnehmern herausgefordert, hieß es später aus dem gegnerischen Flügel in der CSU. Statt der angemeldeten knapp 40 Personen waren rund 70 vor Ort.
Die Versammlung hatte damals hohe Wellen geschlagen. Vor Ort sollen zwischen den Parteifreunden auch Ausdrücke wie „Arschloch“gefallen sein. Vor allem warf die entgleiste Sitzung aber ein Schlaglicht darauf, dass ein Konflikt, der der CSU vor zehn Jahren eine Zerreißprobe einbrachte und eine vorübergehende Spaltung der Stadtratsfraktion zur Folge hatte, punktuell noch immer glimmt. Im Vergleich zum da- maligen Flächenbrand handelt es sich aber um kleine und vereinzelte Glutnester. Neben persönlichen Befindlichkeiten und Seilschaften geht es darum, wie konservativ oder liberal die CSU sein soll. In der Innenstadt-CSU bewarben sich drei Wochen nach der abgebrochenen Sitzung Wayne Chico Pittman, ein Kandidat aus dem liberalen Lager um CSU-Fraktionschef Leo Dietz, und Fäustlin, der von Rolf von Hohenhau vorgeschlagen wurde, um den Vorsitz. Von Hohenhau ist dem konservativen Lager zuzurechnen. Bei der abschließenden Abstimmung im März, die dann aus Platzgründen in der Kongresshalle stattfand, setzte sich Pittman mit 44 zu 26 Stimmen gegen Fäustlin durch.
Arbeitsrechtlich hatte das Telefonat mit dem Haus St. Ulrich keine Konsequenzen für Fäustlin. Man habe ihn um eine Stellungnahme gebeten, mehr sei nicht passiert, erklärte eine Juristin der Stadt vor dem Arbeitsgericht. In der Personalakte gibt es aber einen Vermerk zu dem Vorgang. Fäustlins Anwalt Reinhard Bender sagte, es sei „problematisch“, dass die Stadt zunächst erklärt habe, man gebe Fäustlin aus Gründen des Datenschutzes keine Auskunft, später von einem anonymen Hinweisgeber spreche. Die Behauptung, Fäustlin habe sich beim Telefonat mit dem Haus St. Ulrich
als Mitarbeiter des Bauordnungsamts ausgewiesen und damit Druck gemacht, sei ehrenrührig. Fäustlin sagte, er habe mehrmals versucht, mit Ordnungs- und Personalreferent Pintsch deshalb ein Gespräch zu führen. Erreichbar sei er für ihn aber nie gewesen.
Das Gericht schlug zur gütlichen Einigung vor, dass Fäustlin über eine Rücknahme seiner Klage auf Auskunftserteilung nachdenken solle, falls die Stadt sich im Gegenzug bereit erkläre, den Eintrag aus der Personalakte zu entfernen. Die beiden Parteien haben nun zwei Wochen Zeit, darüber nachzudenken.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Innenstadt-Ortsverband der CSU Schlagzeilen macht. 2017 war der Verband dadurch aufgefallen, dass gegen seinen damaligen Vorsitzenden – er ist nicht identisch mit den in der jetzigen Streitsache handelnden Personen – ermittelt wurde, weil er als Beschäftigter der Stadt in krumme Geschäfte auf einem Friedhof verwickelt gewesen sein soll. Er wurde vor Gericht zwar freigesprochen, warf sein Amt aus Enttäuschung über Teile der CSU-Führung trotzdem hin. Daraufhin übernahm Pittman.