Fast ein Jahr warten auf die Führerscheinprüfung
Der TÜV und die Stadt kommen mit den Führerscheinwünschen der Augsburgerinnen und Augsburger nicht mehr hinterher. Bei der Motorradausbildung gibt es noch ein anderes Problem – mit gravierenden Folgen
Wer derzeit in Augsburg seinen Führerschein machen möchte, muss Geduld mitbringen. Bis zu einem Jahr dauere es gerade, bis man den Schein in Händen halten kann, berichten Fahrlehrer. Die Ursache dürfte wohl in der Corona-Epidemie liegen, die sowohl beim TÜV als auch bei den Führerscheinämtern zum Rückstau geführt hat. Doch es gibt in Augsburg noch ein anderes gravierendes Problem.
„Wenn ich die Unterlagen meiner Fahrschüler bei der Stadt Augsburg abgebe, kriege ich sie frühestens nach drei Monaten wieder“, sagt etwa der Vorsitzende des Verbandes Fahr Fair, Norbert Frohnwieser aus Friedberg. Auch die Wartezeit auf die Prüfungen durch den TÜV hätten sich erhöht. „Früher hat die Führerscheinausbildung drei bis vier Monate gedauert – heute muss ein Fahrschüler mit elf Monaten rechnen“, sagt der Fahrlehrer.
Während bei der Stadt Augsburg bekanntlich gerade viele Mitarbeiter zur Bekämpfung der Corona-Krise ins Gesundheitsamt abgeordnet sind, was bei fast allen anderen Ämtern zu Personalmangel führt, kämpft der TÜV damit, den Berg an Prüfungswünschen abzubauen, der sich während der zwei Lockdowns aufgetürmt hat. „Wir haben neue Mitarbeiter eingestellt und zusätzlich Kollegen aus dem Fahrzeugprüfungsbereich in den Fahrerlaubnisbereich umgeschichtet. Wir prüfen gerade sogar am Samstag“, sagt TÜV Süd-Sprecher Vincenzo Lucá. Insgesamt führe der TÜV derzeit 15 Prozent mehr Fahrprüfungen durch als vor Corona. „Aber bis der Stau abgearbeitet ist, wird es wohl noch bis 2022 dauern“, so der Sprecher. Das Thema zöge sich durch alle Führerscheinklassen, wobei es die Motorradfahrer gerade besonders schmerzlich spürten, weil viele gerne noch vor Saisonende ihre Prüfung abgelegt hätten.
Doch die Motorradschüler haben in Augsburg noch ein ganz anderes Problem. Wenn die Fahrschulen nicht bald eine oder mehrere geeignete Übungsflächen für die Motorradausbildung finden, wird man in absehbarer Zeit gar keinen Motorradführerschein mehr in der Stadt machen können. Innerhalb kurzer sind zwei große Übungsflächen weggefallen, jetzt wisse man nicht mehr, wohin mit den Motorradschülern, beklagt der Kreisvorsitzende des Bayerischen Fahrlehrerverbandes, Bernhard Müller. Einzelne Fahrschulen denken schon darüber nach, das Motorrad aus dem Ausbildungsprogramm zu nehmen, weil die tägliche Suche nach Flächen zu zeit- und nervenraubend sei.
Die rund 400 Anfänger, die jedes Jahr einen Motorradführerschein machen wollen, brauchten Platz, um die Handhabung der Maschinen zu erlernen, so Müller. Damit auch im Fall eines Bedienungsfehlers nichts passieren kann, muss die Fläche mindestens 150 Meter lang und 20 Meter breit sein, erläutert er. Doch obwohl in der Stadt rund 100 Fahrschulen am Motorrad ausbilden, gibt es keinen eigenen Übungsplatz. Große Parkplätze oder andere Freiflächen sind rar – und in der Nähe von Wohnbebauung fällt die Ausbildung schon wegen des Lärms in aller Regel flach.
Bis Ende vergangenen Jahres haben viele Fahrschulen die Motorradfahrer auf einem großen geteerten Gelände an der WWK-Arena üben lassen. „Für mich ist das der schönste Übungsplatz in Augsburg“, sagt etwa Fahrlehrer Michael Buhmann. Jahrelang hatte der FCA die Fahrschulen auf seinem Gelände toleriert, bis Ende 2020 Schluss war. Was den Fußballklub bewogen hat, die Zusammenarbeit aufzukündigen, wissen die Fahrlehrer nicht so richtig. „Es hieß, wir gefährden die Spieler – auch wenn ich dort noch nie einen Fußballer gesehen habe“, wundert sich Bernhard Müller.
Vom FCA heißt es, das Gelände sei unter anderem für die Arena-Belieferung wichtig, es habe in der Vergangenheit immer wieder Probleme mit den Fahrschulen gegeZeit ben. Unter anderem sei das Zugangstor zum Gelände nicht zuverlässig geschlossen worden, so Sprecher Dominik Schmitz. Aus diesem Grund habe man sich entschieden, diesen Teil des Geländes nicht mehr zur Verfügung zu stellen. „Das heißt nicht, dass wir nicht mit den Augsburger Fahrschulen zusammenarbeiten wollen“, sagt der Sprecher. Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass eine Fahrschule einen Teil des Parkplatzes für ihre Fahrübungen angemietet habe.
Nicht nur im Süden der Stadt suchen die Fahrschulen. „Wir werden überall verscheucht“, sagt auch Fahrschulbetreiber Arno Bruggner, der seine Filialen unter anderem in Lechhausen und Gersthofen hat. Er hat ein Gelände an der Klärwerkstraße ausgemacht, an dem es sich seiner Meinung nach gut üben ließe. Allerdings lässt die Stadt darüber nicht mit sich reden, wie er bedauert.
„Bei dem Gelände handelt es sich um einen Zwischenlagerplatz für Aushubmaterial“, heißt es aus dem Tiefbauamt. Es handle sich dabei um eine private Betriebsfläche zur Zwischenentsorgung von Materialien, zur Beprobung und anschließenden Entsorgung. „Gemäß der Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz darf diese Fläche ausschließlich für diese Zwischenlagerung verwendet werden“, so das Amt weiter. Der Stadt seien auch keine Probleme hinsichtlich fehlender Übungsflächen für Fahrschulen bekannt. „Wir haben angesichts der negativen Begleiterscheinungen (Lärm) bereits vor über 15 Jahren einen Motorradübungsplatz für Fahrschulen auf dem Messeparkplatz-Süd eingerichtet“, heißt es aus der Verwaltung.
Der Platz in unmittelbarer Nähe zur Uni sei leider nur auf dem Papier vorhanden, kontert Bernhard Müller. Er sei regelmäßig zugeparkt, und die kreuz und quer fahrenden Studenten gefährdeten die Fahrschüler. Ein weiterer Bereich des Messeparkplatzes, der während Corona genutzt werden durfte, stehe nun ebenfalls nicht mehr zur Verfügung. „Wir wissen nicht mehr, wohin wir mit unseren Fahrschülern fahren sollen“, sagt der Verbandschef mit Blick auf die Stadt.