Laschet-Abschied: CDU drängt zur Eile
Armin Laschet will den Weg freimachen für einen Neuanfang. Doch wann, wie und für wen, ist völlig unklar
Berlin Seinen Abschied vollzieht Armin Laschet am Freitag im Bundesrat: Er hält seine letzte Rede als Ministerpräsident von NordrheinWestfalen, wirbt für ein handlungsfähiges Europa. Nachfolger soll CDU-Parteifreund Hendrik Wüst werden. Bei Laschets Abschied vom CDU-Vorsitz, den er am Donnerstag – mehr oder weniger – angekündigt hat, liegen die Dinge ganz anders: In der Partei herrscht Ratlosigkeit über das Wann und Wie einer Nachfolgeregelung, am meisten aber über die Frage, wer Laschet überhaupt beerben soll. Einerseits drängt die Zeit: Um die allerletzte Chance zu erhalten, doch noch über ein Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP zu regieren, muss eine schnelle Lösung her. Andererseits halten viele nicht nur eine personelle, sondern auch eine inhaltliche Neuausrichtung für nötig. Die Parteibasis soll stärker eingebunden werden. Doch das geht nicht so einfach von heute auf morgen.
In der CDU-Bundestagsfraktion blickt man mit Sorge zum KonradAdenauer-Haus. Innenpolitiker Alexander Throm sagte unserer Redaktion: „Eine Entscheidung von solcher Tragweite darf jetzt nicht wieder in Hinterzimmern getroffen werden. Das würden die Parteimitglieder nach der Bestimmung des Kanzlerkandidaten kein zweites Mal akzeptieren.“Auf welchem Weg die Basis beteiligt werde, müsse die Parteispitze schnell klären.
Kein Geheimnis ist es, dass sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Wirtschaftsfachmann Friedrich Merz und der Außenpolitiker Norbert Röttgen für bestens geeignet halten. Alle drei hatten sich schon mindestens einmal um den Vorsitz beworben. Und waren gescheitert. Spahn gegen Annegret Kramp-Karrenbauer, Röttgen gegen Laschet, Merz sogar gegen beide. So richtet sich in der Partei automatisch der Blick auf Landespolitiker, wie die jungen Ministerpräsidenten Tobias Hans (Saarland) den Sachsen Michael Kretschmer oder Daniel Günther (Schleswig-Holstein). Auch der Name der 48-jährigen Parteivizechefin Silvia Breher, die in Cloppenburg eines der stärksten Wahlergebnisse überhaupt eingefahren hat, fällt immer wieder.
So laufen hinter den Kulissen zwar „Sondierungen“, den Hut offen in den Ring wirft aber noch niemand. Merz kündigte im ZDF an, sich nicht noch einmal einer Kampfkandidatur auf einem Parteitag zu stellen. Für eine Mitgliederbefragung zeigte er sich allerdings offen.
Dass sich keine oder keiner aus der Deckung wagt, hat noch einen anderen Grund. Die CDU durch den schmerzhaften Prozess der Neuausrichtung zu führen, ist eine undankbare Aufgabe. Ein Vorsitzender oder eine Vorsitzende kann da leicht zwischen Parteiflügeln zerrieben werden. So wie Andrea Nahles bei der SPD, die nach dem Rückzug des 2017 krachend gescheiterten Kanzlerkandidaten Martin Schulz das Ruder übernahm. Zermürbt von den Attacken aus dem linken SPDLager warf sie das Handtuch. So kursiert bei der CDU auch die Variante einer oder eines „Übergangsvorsitzenden“, einer Persönlichkeit, die den Erneuerungsprozess moderiert, aber keine Ambitionen hat, 2025 fürs Kanzleramt anzutreten. CDU-Grandseigneur Wolfgang Schäuble oder Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier gelten als solche möglichen Moderatoren.
Davon Alexander Throm wenig: „Ein CDU-Vorsitzender muss immer auch potenzieller Kanzlerkandidat sein, das ist Teil der Stellenbeschreibung.“Zudem empfiehlt er, die letzten, wenn auch kleinen Chancen, an der Macht zu bleiben, nicht aufzugeben: „Solange die Regierung nicht gebildet ist, müssen wir Jamaika immer berücksichtigen.“So scheint die Aufgabe kaum lösbar: Ehrlich die Gründe für die historische Wahlschlappe aufarbeiten, eine neue Spitze bestimmen und dabei den Mitgliedern stärker zuhören. Gleichzeitig aber für Grüne und FDP ansprechbar bleiben, falls deren Ampel-Gespräche mit der SPD scheitern sollten. Danach sieht es im Moment aber nicht aus, mit Laschets Quasi-Rückzug sind die Chancen nicht besser geworden. Doch gerade weil die CDU so viele Dinge zu sortieren hat, könnte sich Laschets Abschied noch eine ganze Weile hinziehen. Auskunft erhofft man sich in der gebeutelten Partei am Montag, wenn im KonradAdenauer-Haus Präsidium und Bundesvorstand tagen.
Ungeachtet dessen drängt die bayerische Schwesterpartei zur Eile. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wurde deutlich: „Ich erwarte, dass diese Neuaufstellung zügig stattfindet und in diesem Jahr noch abgeschlossen wird.“Wie CSU-Chef Markus Söder hält er Jamaika-Gespräche noch für möglich.