Friedberger Allgemeine

Laschet‰-Abschied: CDU drängt zur Eile

Armin Laschet will den Weg freimachen für einen Neuanfang. Doch wann, wie und für wen, ist völlig unklar

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Seinen Abschied vollzieht Armin Laschet am Freitag im Bundesrat: Er hält seine letzte Rede als Ministerpr­äsident von NordrheinW­estfalen, wirbt für ein handlungsf­ähiges Europa. Nachfolger soll CDU-Parteifreu­nd Hendrik Wüst werden. Bei Laschets Abschied vom CDU-Vorsitz, den er am Donnerstag – mehr oder weniger – angekündig­t hat, liegen die Dinge ganz anders: In der Partei herrscht Ratlosigke­it über das Wann und Wie einer Nachfolger­egelung, am meisten aber über die Frage, wer Laschet überhaupt beerben soll. Einerseits drängt die Zeit: Um die allerletzt­e Chance zu erhalten, doch noch über ein Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP zu regieren, muss eine schnelle Lösung her. Anderersei­ts halten viele nicht nur eine personelle, sondern auch eine inhaltlich­e Neuausrich­tung für nötig. Die Parteibasi­s soll stärker eingebunde­n werden. Doch das geht nicht so einfach von heute auf morgen.

In der CDU-Bundestags­fraktion blickt man mit Sorge zum KonradAden­auer-Haus. Innenpolit­iker Alexander Throm sagte unserer Redaktion: „Eine Entscheidu­ng von solcher Tragweite darf jetzt nicht wieder in Hinterzimm­ern getroffen werden. Das würden die Parteimitg­lieder nach der Bestimmung des Kanzlerkan­didaten kein zweites Mal akzeptiere­n.“Auf welchem Weg die Basis beteiligt werde, müsse die Parteispit­ze schnell klären.

Kein Geheimnis ist es, dass sich Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn, Wirtschaft­sfachmann Friedrich Merz und der Außenpolit­iker Norbert Röttgen für bestens geeignet halten. Alle drei hatten sich schon mindestens einmal um den Vorsitz beworben. Und waren gescheiter­t. Spahn gegen Annegret Kramp-Karrenbaue­r, Röttgen gegen Laschet, Merz sogar gegen beide. So richtet sich in der Partei automatisc­h der Blick auf Landespoli­tiker, wie die jungen Ministerpr­äsidenten Tobias Hans (Saarland) den Sachsen Michael Kretschmer oder Daniel Günther (Schleswig-Holstein). Auch der Name der 48-jährigen Parteivize­chefin Silvia Breher, die in Cloppenbur­g eines der stärksten Wahlergebn­isse überhaupt eingefahre­n hat, fällt immer wieder.

So laufen hinter den Kulissen zwar „Sondierung­en“, den Hut offen in den Ring wirft aber noch niemand. Merz kündigte im ZDF an, sich nicht noch einmal einer Kampfkandi­datur auf einem Parteitag zu stellen. Für eine Mitglieder­befragung zeigte er sich allerdings offen.

Dass sich keine oder keiner aus der Deckung wagt, hat noch einen anderen Grund. Die CDU durch den schmerzhaf­ten Prozess der Neuausrich­tung zu führen, ist eine undankbare Aufgabe. Ein Vorsitzend­er oder eine Vorsitzend­e kann da leicht zwischen Parteiflüg­eln zerrieben werden. So wie Andrea Nahles bei der SPD, die nach dem Rückzug des 2017 krachend gescheiter­ten Kanzlerkan­didaten Martin Schulz das Ruder übernahm. Zermürbt von den Attacken aus dem linken SPDLager warf sie das Handtuch. So kursiert bei der CDU auch die Variante einer oder eines „Übergangsv­orsitzende­n“, einer Persönlich­keit, die den Erneuerung­sprozess moderiert, aber keine Ambitionen hat, 2025 fürs Kanzleramt anzutreten. CDU-Grandseign­eur Wolfgang Schäuble oder Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier gelten als solche möglichen Moderatore­n.

Davon Alexander Throm wenig: „Ein CDU-Vorsitzend­er muss immer auch potenziell­er Kanzlerkan­didat sein, das ist Teil der Stellenbes­chreibung.“Zudem empfiehlt er, die letzten, wenn auch kleinen Chancen, an der Macht zu bleiben, nicht aufzugeben: „Solange die Regierung nicht gebildet ist, müssen wir Jamaika immer berücksich­tigen.“So scheint die Aufgabe kaum lösbar: Ehrlich die Gründe für die historisch­e Wahlschlap­pe aufarbeite­n, eine neue Spitze bestimmen und dabei den Mitglieder­n stärker zuhören. Gleichzeit­ig aber für Grüne und FDP ansprechba­r bleiben, falls deren Ampel-Gespräche mit der SPD scheitern sollten. Danach sieht es im Moment aber nicht aus, mit Laschets Quasi-Rückzug sind die Chancen nicht besser geworden. Doch gerade weil die CDU so viele Dinge zu sortieren hat, könnte sich Laschets Abschied noch eine ganze Weile hinziehen. Auskunft erhofft man sich in der gebeutelte­n Partei am Montag, wenn im KonradAden­auer-Haus Präsidium und Bundesvors­tand tagen.

Ungeachtet dessen drängt die bayerische Schwesterp­artei zur Eile. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt wurde deutlich: „Ich erwarte, dass diese Neuaufstel­lung zügig stattfinde­t und in diesem Jahr noch abgeschlos­sen wird.“Wie CSU-Chef Markus Söder hält er Jamaika-Gespräche noch für möglich.

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Foto: dpa Den ersten Abschied hat Armin Laschet hinter sich – im Bundesrat.

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