„Nur noch Elektro wäre für uns fatal“
Interview Der Abschied vom Verbrenner bedeutet nicht nur für die Autohersteller eine Zäsur. Der Chef des Kemptener Tuning-Unternehmens Abt Sportsline, Hans-Jürgen Abt, erklärt, warum Emotionen für seine Sparte so wichtig sind
Herr Abt, welche Chancen räumen Sie der E-Mobilität ein?
HansJürgen Abt: Wenn man sich nicht für Neues öffnet, wird man nicht innovativ bleiben. Wir sehen Veränderungen immer auch als Chance, und nicht als Risiko. Ob die Elektromobilität der Weisheit letzter Schluss ist, das weiß keiner. Aber wenn die nötigen Ladestrukturen zu einem vernünftigen Preis zur Verfügung gestellt werden, dann hat die E-Mobilität schon eine Zukunft. Aber nur noch Elektro, das wäre für uns als Abt fatal. Das VerbrennerThema ist zu wichtig für uns. Man muss sich zum Beispiel auch mit E-Fuels ernsthaft beschäftigen.
Wie kriegt man in so ein Elektroauto die Emotion hinein, die ein Fahrzeugveredler wie Abt braucht?
Abt: Für mich ist erstmal wichtig: Man muss so ein E-Auto auch hören können. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und da erwartet er einen gewissen Sound. Dann kann man beim Thema E-Motor schon auch nachschärfen. Beim Drehmoment beispielsweise ist einiges drin. Aber auch die Leistungscharakteristik kann man so gestalten, dass das Fahren auch weiterhin ein emotionales Erlebnis bleibt. Und dann ist auch die Rekuperation ein cooles
Rekuperation, das bedeutet kostenlose Energie. Wie muss man bremsen und beschleunigen, dass man möglichst viel davon herausholen kann? Damit spielt doch jeder gerne beim Fahren. In solchen Zeiten muss man als Fahrzeugveredler in ganz neue Richtungen denken. Räder, Rollwiderstand, aerodynamische Felgen – da gibt es viele Themen. Die alles entscheidende Frage ist, ob der Kunde das will.
Abt steht ja traditionell für eine, sagen wir mal, eher expressive FahrzeugOptik…
Abt: Aber alles natürlich in einem gewissen Rahmen. Man muss schon aufpassen, dass man beim Design nicht überschnappt. Wobei das ein deutsches Problem ist. Wenn man wie wir im Ausland aktiv ist, da gibt es dann schon den ein oder anderen Kunden, für den wir zu konservativ sind. Die wollen mit ihrem Auto zeigen, was sie haben – ob im arabischen Raum, in Russland oder neuerdings auch in England. Da sind wir aber auch flexibel: Wenn ein Importeur mal 20 Autos in einer ganz speziellen Optik haben will, darauf können wir schon individuell eingehen.
Wann gibt es den ersten echten Elektro-Abt?
Abt: Als Fahrzeugveredler, der auf einem VW-Konzernprodukt aufbaut, sind wir natürlich an dem Thema dran, wenn auch noch ein wenig zurückhaltend. Wir wissen noch nicht, wie stark die KundenbeThema. dürfnisse in dieser Richtung sein werden, wie sich der Markt entwickelt und wollen nicht zu früh mit zu hohen Investitionen in dieses Segment hineingehen.
Sie haben ja auch schon ziemlich lange eine eigene E-Mobilitätsfirma …
Abt: Die Abt e-Line GmbH haben wir schon vor zehn Jahren gegründet. Beim Thema Elektro wollten wir ganz von vorne dabei sein. Wir haben damals schon die ersten E-Autos für die Post umgebaut. Seitdem haben wir uns systematisch weiterentwickelt. Heute sind in der e-Line GmbH über 70 Mitarbeiter beschäftigt. Einer unserer größten Fremdaufträge kommt von VW. Die Umrüstung von Caddies und T-6-Transportern auf Strom. In Eigenregie haben wir dazu den kompletten Antriebsstrang entwickelt und produzieren ihn auch selbst. Im Augenblick sind wir bei knapp 3000 Volkswagen-Fahrzeugen, die wir umgebaut haben. Das bringt uns eine enorme Erfahrung in diesem Sektor.
Wo liegt denn der wichtigste Markt von Abt?
Abt: Ganz eindeutig in Deutschland. Wir haben immer versucht, die Hälfte unserer Produkte hier abzueben setzen. Deutschland ist immer noch ein Autoland und damit der Kernmarkt von Abt. Aber auch Italien, Schweiz und England haben sich sehr gut entwickelt. Nicht zu vergessen China. Wir sind in den vergangenen Jahren immer gewachsen, aber immer in einem vernünftigen Rahmen. Zuviel Wachstum ist auch nicht gut, dann verlieren wir Exklusivität. Wir wollen ja gerade mit unseren limitierten Sonderserien Begehrlichkeiten wecken. Unser Johann-Abt-Modell zum Beispiel. Das haben wir auf 64 begrenzt, für jedes Lebensjahr unseres Urgroßvaters eines. Die Autos waren innerhalb von vier Tagen weg.
Wieviel Fahrzeuge produzieren Sie in Kempten?
Abt: Insgesamt können wir so an die 500 Fahrzeuge bauen, ohne dass wir in den Stress kommen. Da ist ja auch ziemlich viel Handarbeit dabei. Der Johann Abt wurde beispielsweise von der Motorsportabteilung betreut. Ein Mann, ein Auto – das ist unser Motto. Insgesamt bestücken wir jedes Jahr so zwischen 3000 und 4000 Autos. Wir beliefern ja auch Händler mit original Abt-Teilen, die dann ihre Autos damit aufrüsten. Von Rädern bis hin zum Chip-Tuning.