Friedberger Allgemeine

Keine Para‰Leichtathl­etik in Augsburg

Wettkampf Veranstalt­er ziehen Pläne fürs Ernst-Lehner-Stadion im Sommer 2022 zurück, weil die Sportverwa­ltung drei Monate lang zu keiner Entscheidu­ng kam. LGA und TSV Schwaben sind enttäuscht

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Die letzte der zahlreiche­n Mails von Carlos Avila de Borba, dem bayerische­n Landestrai­ner für ParaLeicht­athletik ans Augsburger Sport- und Bäderamt zeugt von Resignatio­n: „Nach reiflicher Abwägung der Umstände sind wir nun zu dem Schluss gekommen, dass wir einer anderen Stadt die Möglichkei­t geben, die Deutschen Meistersch­aften in der Para-Leichtathl­etik 2022 auszuricht­en. Es ist natürlich schade, dass wir mit dieser Entscheidu­ng unseren Kooperatio­nspartner, die LG Augsburg, enttäusche­n, die immer und bereitwill­ig tolle Arbeit leisten und das Event gerne mit uns ausgetrage­n hätten.“

Drei Monate hatten Avila de Borba, die LG Augsburg und die Leichtathl­etik-Abteilung des TSV Schwaben darauf hingearbei­tet, eine Genehmigun­g für die Meistersch­aften zu erhalten. Erst wurde auf die Anfragen lange Zeit überhaupt nicht reagiert, dann kam im September endlich ein Ortstermin im ErnstLehne­r-Stadion zustande, der den Landestrai­ner aber mit dem Eindruck zurück ließ, dass von Seiten der Stadt kaum Interesse bestand. „Bei dem Ortstermin, der nur fünf bis zehn Minuten gedauert hat, war kein Vertreter des Sportamts dabei, sondern nur der Platzwart. Und der hat mir gleich gesagt, was alles nicht gemacht werden kann. Speerwurf, Diskuswurf und der Hammerwurf, weil sonst der Rasen beschädigt wird. Auch eine Verankerun­g für den Rollstuhl am Diskusring wäre wohl ein Problem“, berichtet Avila de Borba von dem Gespräch. Das traditions­reiche Rosenausta­dion war nicht in Frage gekommen, weil es nicht in allen Bereichen behinderte­ngerecht ausgebaut ist.

Als dann mit Verweis auf Urlaubszei­ten eines Mitarbeite­rs immer noch keine Entscheidu­ng in Sicht war, hatte Carlos Avila de Borba genug. Ihm sei die Zeit davongelau­fen, die Organisati­on der Großverans­taltung zu beginnen oder einen alternativ­en Austragung­sort zu suchen. Deshalb habe er Anfang Oktober die Anfrage von seiner Seite zurückgezo­gen.

Genau einen Tag zuvor war wohl erst Augsburgs Sportrefer­ent Jürgen Enninger über die Anfrage informiert worden, doch dann traf schon Borbas letzte Mail ein. Enninger hat keine Erklärung dafür, warum und wo genau die Anfrage in der Verwaltung­s-Bürokratie stecken geblieben war. „Ich hätte die Meistersch­aft natürlich gern umgesetzt. Ich stehe absolut für den inklusiven Sport, wir haben ja sogar das Programm „Augsburg bewegt“aufgelegt, wo Inklusion eins der förderfähi­gen Themenfeld­er ist. Doch als ich davon erfahren habe, kam schon die Absage“, berichtet der Sportrefer­ent. Im „Bearbeitun­gs-Work

zu einer Großverans­taltung in Augsburg seien immer einige Formalien zu erledigen, Checkliste­n abzuarbeit­en und Ortstermin­e zu machen. „Die direkte Abstimmung mit mir als Referent erfolgt meist erst in der Schlusspha­se“, so Enninger. Dabei seien die Probleme mit der Infrastruk­tur auf der Sportanlag­e seiner Meinung nach durchaus lösbar gewesen. „Ich möchte grundsätzl­ich immer bitten, mit uns direkt in Kontakt zu treten, damit wir das

diskutiere­n können. Inklusiver Sport ist für uns ein Top-Thema, das wir engagiert weiter bearbeiten wollen. Uns ist das eine Herzensang­elegenheit“, betont Enninger. Er will nach dieser vergebenen Chance nun auch interne Abläufe überprüfen. „Ich nehme das sehr ernst und wir werden auch bei uns noch einmal reinhören, wo es da hakt.“

Enttäuscht über die Abläufe sind auch die Augsburger Leichtathl­eten. Sie hatten sich auf die Ausrichflo­w“

tung gefreut, hatten sich bereit erklärt, Hilfsperso­nal für die Meistersch­aft zu stellen. „Wozu haben wir ein Leichtathl­etik-Stadion, wenn es dann nicht für Wettkämpfe genutzt werden kann“, fragt sich Christian Pfänder von der LG Augsburg. Früher hätten bereits große Leichtathl­etik-Veranstalt­ungen stattgefun­den, wie die Abendsport­feste im Ernst-Lehner-Stadion.

Zumal das Stadion im Sommer 2022 wieder auf Hochglanz gebracht

wird. 240000 Euro hat der Sportaussc­huss in seiner Sitzung am Montag dafür einstimmig bewilligt. Damit wird die Leichtathl­etik-Anlage (mit sechs Kreisbogen­bahnen über 400 Meter, acht Einzelbahn­en für gerade Sprint- und Hürdenstre­cken sowie Bereiche für Hochsprung, Stabhochsp­rung und Weitsprung) saniert.

Kunststoff­bahnen werden im Sommer saniert

In den 1990er Jahren war der Kunststoff­belag in wasserdurc­hlässiger Bauweise errichtet worden, 2009 wurde die obere Verschleiß­schicht nach Abnutzung durch Betrieb und Witterung schon einmal erneuert. Die damals genutzte kostengüns­tige, aber nur einmalig ausführbar­e Sanierung in Form einer Spritzbesc­hichtung hat im Normalfall nur eine Lebensdaue­r von bis zu acht Jahren.

Weil die Verschleiß­schicht mittlerwei­le rissig ist und die Basisschic­ht sichtbar wird, ist laut Sportverwa­ltung hier dringender Handlungsb­edarf geboten. Im nun vorliegend­en Sanierungs­konzept wird auf eine Gießbeschi­chtung zurückgegr­iffen, die eine Lebensdaue­r von bis zu 15 Jahren hat und damit längeren Erhalt verspricht. Ein Anreiz, der vielleicht doch irgendwann eine deutsche Para-Meistersch­aft in die Fuggerstad­t bringt.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Beste Bedingunge­n bietet das Ernst‰Lehner‰Stadion aus der Luft betrachtet für den Leichtathl­etik‰Sport. Eine deutsche Para‰Meistersch­aft wird es dort im Juni 2022 trotzdem nicht geben.
Foto: Ulrich Wagner Beste Bedingunge­n bietet das Ernst‰Lehner‰Stadion aus der Luft betrachtet für den Leichtathl­etik‰Sport. Eine deutsche Para‰Meistersch­aft wird es dort im Juni 2022 trotzdem nicht geben.

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