Keine ParaLeichtathletik in Augsburg
Wettkampf Veranstalter ziehen Pläne fürs Ernst-Lehner-Stadion im Sommer 2022 zurück, weil die Sportverwaltung drei Monate lang zu keiner Entscheidung kam. LGA und TSV Schwaben sind enttäuscht
Die letzte der zahlreichen Mails von Carlos Avila de Borba, dem bayerischen Landestrainer für ParaLeichtathletik ans Augsburger Sport- und Bäderamt zeugt von Resignation: „Nach reiflicher Abwägung der Umstände sind wir nun zu dem Schluss gekommen, dass wir einer anderen Stadt die Möglichkeit geben, die Deutschen Meisterschaften in der Para-Leichtathletik 2022 auszurichten. Es ist natürlich schade, dass wir mit dieser Entscheidung unseren Kooperationspartner, die LG Augsburg, enttäuschen, die immer und bereitwillig tolle Arbeit leisten und das Event gerne mit uns ausgetragen hätten.“
Drei Monate hatten Avila de Borba, die LG Augsburg und die Leichtathletik-Abteilung des TSV Schwaben darauf hingearbeitet, eine Genehmigung für die Meisterschaften zu erhalten. Erst wurde auf die Anfragen lange Zeit überhaupt nicht reagiert, dann kam im September endlich ein Ortstermin im ErnstLehner-Stadion zustande, der den Landestrainer aber mit dem Eindruck zurück ließ, dass von Seiten der Stadt kaum Interesse bestand. „Bei dem Ortstermin, der nur fünf bis zehn Minuten gedauert hat, war kein Vertreter des Sportamts dabei, sondern nur der Platzwart. Und der hat mir gleich gesagt, was alles nicht gemacht werden kann. Speerwurf, Diskuswurf und der Hammerwurf, weil sonst der Rasen beschädigt wird. Auch eine Verankerung für den Rollstuhl am Diskusring wäre wohl ein Problem“, berichtet Avila de Borba von dem Gespräch. Das traditionsreiche Rosenaustadion war nicht in Frage gekommen, weil es nicht in allen Bereichen behindertengerecht ausgebaut ist.
Als dann mit Verweis auf Urlaubszeiten eines Mitarbeiters immer noch keine Entscheidung in Sicht war, hatte Carlos Avila de Borba genug. Ihm sei die Zeit davongelaufen, die Organisation der Großveranstaltung zu beginnen oder einen alternativen Austragungsort zu suchen. Deshalb habe er Anfang Oktober die Anfrage von seiner Seite zurückgezogen.
Genau einen Tag zuvor war wohl erst Augsburgs Sportreferent Jürgen Enninger über die Anfrage informiert worden, doch dann traf schon Borbas letzte Mail ein. Enninger hat keine Erklärung dafür, warum und wo genau die Anfrage in der Verwaltungs-Bürokratie stecken geblieben war. „Ich hätte die Meisterschaft natürlich gern umgesetzt. Ich stehe absolut für den inklusiven Sport, wir haben ja sogar das Programm „Augsburg bewegt“aufgelegt, wo Inklusion eins der förderfähigen Themenfelder ist. Doch als ich davon erfahren habe, kam schon die Absage“, berichtet der Sportreferent. Im „Bearbeitungs-Work
zu einer Großveranstaltung in Augsburg seien immer einige Formalien zu erledigen, Checklisten abzuarbeiten und Ortstermine zu machen. „Die direkte Abstimmung mit mir als Referent erfolgt meist erst in der Schlussphase“, so Enninger. Dabei seien die Probleme mit der Infrastruktur auf der Sportanlage seiner Meinung nach durchaus lösbar gewesen. „Ich möchte grundsätzlich immer bitten, mit uns direkt in Kontakt zu treten, damit wir das
diskutieren können. Inklusiver Sport ist für uns ein Top-Thema, das wir engagiert weiter bearbeiten wollen. Uns ist das eine Herzensangelegenheit“, betont Enninger. Er will nach dieser vergebenen Chance nun auch interne Abläufe überprüfen. „Ich nehme das sehr ernst und wir werden auch bei uns noch einmal reinhören, wo es da hakt.“
Enttäuscht über die Abläufe sind auch die Augsburger Leichtathleten. Sie hatten sich auf die Ausrichflow“
tung gefreut, hatten sich bereit erklärt, Hilfspersonal für die Meisterschaft zu stellen. „Wozu haben wir ein Leichtathletik-Stadion, wenn es dann nicht für Wettkämpfe genutzt werden kann“, fragt sich Christian Pfänder von der LG Augsburg. Früher hätten bereits große Leichtathletik-Veranstaltungen stattgefunden, wie die Abendsportfeste im Ernst-Lehner-Stadion.
Zumal das Stadion im Sommer 2022 wieder auf Hochglanz gebracht
wird. 240000 Euro hat der Sportausschuss in seiner Sitzung am Montag dafür einstimmig bewilligt. Damit wird die Leichtathletik-Anlage (mit sechs Kreisbogenbahnen über 400 Meter, acht Einzelbahnen für gerade Sprint- und Hürdenstrecken sowie Bereiche für Hochsprung, Stabhochsprung und Weitsprung) saniert.
Kunststoffbahnen werden im Sommer saniert
In den 1990er Jahren war der Kunststoffbelag in wasserdurchlässiger Bauweise errichtet worden, 2009 wurde die obere Verschleißschicht nach Abnutzung durch Betrieb und Witterung schon einmal erneuert. Die damals genutzte kostengünstige, aber nur einmalig ausführbare Sanierung in Form einer Spritzbeschichtung hat im Normalfall nur eine Lebensdauer von bis zu acht Jahren.
Weil die Verschleißschicht mittlerweile rissig ist und die Basisschicht sichtbar wird, ist laut Sportverwaltung hier dringender Handlungsbedarf geboten. Im nun vorliegenden Sanierungskonzept wird auf eine Gießbeschichtung zurückgegriffen, die eine Lebensdauer von bis zu 15 Jahren hat und damit längeren Erhalt verspricht. Ein Anreiz, der vielleicht doch irgendwann eine deutsche Para-Meisterschaft in die Fuggerstadt bringt.