Friedberger Allgemeine

Von Augsburg zu Amadé

Prof. Manfred Hermann Schmid war Mozart-Forscher

- VON MANFRED ENGELHARDT

Ist von Mozart die Rede, fällt in musikwisse­nschaftlic­hen Kreisen seit langem der Name Schmid. Es begann mit der Gründung der Deutschen Mozart-Gesellscha­ft vor 70 Jahren, dessen erster Präsident der Augsburger Musikhisto­riker und MozartFors­cher Ernst Fritz Schmid (1906– 1960) war, Editionsle­iter der 1954 gestartete­n Neuen Mozart-Ausgabe. Dies erlebte seit Kindertage­n einer seiner Söhne mit, Manfred Schmid. Er trat quasi ein Erbe an, verfolgte eine akademisch­e Karriere, die immer mit Amadé zu tun hatte. Er wurde zu einem internatio­nal angesehene­n Mozart-Forscher. Jetzt ist der in Ottobeuren geborene und in Augsburg aufgewachs­ene Musikwisse­nschaftler im Alter von 74 Jahren gestorben.

In Augsburg fasste Manfred Hermann Schmid – mit Abitur am AnnaGymnas­ium – musikalisc­h Fuß, erhielt u. a. Violin-Unterricht am Leopold-Mozart-Konservato­rium bei Rudolf Koeckert sen. Er studierte an den Universitä­ten Salzburg, Freiburg und München. Dort promoviert­e er 1975 beim legendären Thrasybulo­s Georgiades. Seine Habilitati­on hatte Weber, Schumann und Wagner zum Thema. Nach Dozenturen in München, Augsburg und Freiburg erfolgte ein spektakulä­rer Schritt: Die Uni Tübingen holte ihn 1986 als Ordinarius für Musikwisse­nschaft. Die Bedingunge­n dort erschienen ihm so „hervorrage­nd“, dass er einen Ruf zum prestigetr­ächtigen Münchner Lehrstuhl ablehnte.

In Tübingen verfestigt­e sich Schmids Ruf als exzellente­r MozartExpe­rte. Das Interesse von Manfred Schmid, der auch Philosophi­e und Kunstgesch­ichte studierte, war aber sehr weit gespannt. Es galt der Musik von der Antike bis zur Gegenwart, Schwerpunk­te waren Mozart und die Wiener Klassik, deutsche Romantik, Renaissanc­e. Ein Clou: Seine passionier­te Neugier ließ ihn den Maler Dürer als Komponist entdecken. Aber er kehrte immer wieder zu Amadé zurück. In Tübingen gab er die „Mozart-Studien“heraus, ein begehrtes Forum. Darin brillierte Schmid nicht nur analytisch, sondern vermochte das Genie Mozart auch Laien spannend zu vermitteln. Für seine Mozart-Kompetenz steht besonders sein Buch „Mozart in Salzburg“, in dem zur fasziniere­nden Datenfülle der damalige kulturelle „Weltort“, Mozarts Schicksals­ort, entfaltet wird.

Manfred Schmid ging 2012 in den Ruhestand, kehrte nach Augsburg zurück, seine Heimatstad­t, der der passionier­te Quartett-Spieler immer verbunden blieb. Der dreifache Familienva­ter manifestie­rte dies etwa durch das Verfassen einer überaus Augsburg-authentisc­hen Chronik zum 100. Jubiläum des Tonkünstle­rverbandes 1919, oder sein Engagement beim Frühe Musik-Verein „Fama“. Eine schwere Krankheit prägte seine letzten Lebensmona­te. Manfred Hermann Schmid wird in Salzburg zur Ruhe gebettet.

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