Eine Spendenaktion soll den Perlach retten
Denkmal Die Sanierung könnte sich bis mindestens 2025 ziehen. Nun sollen die Bürger die Chance bekommen, sich einzubringen. Viele Aktionen sind vorstellbar
259 Stufen sind es bis hoch zum Glockenspiel, doch bis dort oben gestiegen sind zuletzt nur wenige Menschen. Vor fünf Jahren wurde der Augsburger Perlachturm für den Publikumsverkehr gesperrt – aus Gründen der Sicherheit. Die Stadt Augsburg hatte damit von einem Tag auf den anderen eine ihrer beliebtesten Sehenswürdigkeiten verloren. Für eine schnelle Sanierung des baufälligen Turms fehlt der Augsburger Verwaltung das Geld, weshalb die Sperrung sich bis mindestens 2025 ziehen könnte. Damit wollen sich einige nun nicht mehr abfinden: Die Tourismusgesellschaft Regio Augsburg und die Altaugsburg-Gesellschaft planen eine Spendenaktion, um den Bürgerinnen und Bürgern „ihren“Perlach zurückzugeben.
Bis zu 40.000 Menschen stiegen in guten Jahren zur Besucherplattform hinauf. Von dort aus hat man bei guter Wetterlage nicht nur einen umfassenden Blick auf die Stadt selbst, sondern bis zu den Alpen. Zusammen mit dem Rathaus gilt der Perlach als Augsburger Wahrzeichen: „Nördlich der Alpen gibt es kein vergleichbares RenaissanceEnsemble“, sagt Augsburgs Tourismusdirektor Götz Beck. Der Chef der Tourismusgesellschaft Regio Augsburg weiß, wie beliebt der Turm bei Bürgerinnen und Bürgern ist: „Unter den Besuchern waren regelmäßig viele Augsburgerinnen und Augsburger, die oft auch ihre Gäste hochführten.“
Damit ist seit der Sperrung vor fünf Jahren Schluss. Hintergrund: Der Naturstein auf der Besucherplattform bröckelt, weil die in Säulen und Mauern eingebauten Stahlelemente rosten und das Material drumherum „sprengen“. Die Stadt hat die Plattform provisorisch gesichert, doch der obere Teil des Turms muss komplett saniert werden. Auch die Betontreppe aus den 50er-Jahren ist marode und gehört erneuert. Die Gesamtkosten für beide Maßnahmen beziffert Augsburgs Baureferent Gerd Merkle auf rund 7,5 Millionen Euro. Geld, das die Stadt auch wegen Corona nicht hat. Die Mittel für die Sanierung des Perlachs wurden deshalb bis auf Weiteres aus dem Haushalt gestrichen.
Götz Beck will die Stadt nun bei der Sanierung unterstützen, Mitstreiter hat er in der AltaugsburgGesellschaft mit ihrem Vorsitzenden Sebastian Berz gefunden. Der Verein, der sich die Bewahrung der Augsburger Geschichte zum Ziel gesetzt hat, möchte den Perlach zusammen mit der Regio wieder stärker ins Blickfeld rücken und so
Menschen gewinnen, die für die Sanierung spenden. Während die Altaugsburg-Gesellschaft sich dabei vor allem für die Erneuerung und Erweiterung des Glockenspiels einsetzt, konzentriert sich die Tourismusgesellschaft auf die Treppe, die neu konstruiert werden soll. Beide Projekte könnten durch Spendengelder mitfinanziert werden. Die
bauliche Instandsetzung bleibt Aufgabe der Stadt.
Die Architektengemeinschaft Jasarevic und Bachhuber will auf Zwischengeschosse verzichten, um den 30 Meter hohen Mittelteil des Turms samt seinen Fenstern besser erlebbar zu machen. Die stählerne Treppe würde teils diagonal im Turm verlaufen und nicht mehr – wie bisher – an den Wänden entlang. Im Bereich der ehemaligen Türmerwohnung wollen die Architekten eine zentrale Wendeltreppe einbauen, über die Besucherinnen und Besucher auf die Aussichtsplattform kommen. Tourismusdirektor Götz Beck ist überzeugt, dass eine solche Treppe einen Mehrwert für den Perlach schaffen würde.
In der Augsburger Verwaltung sieht man das Engagement von Regio und Altaugsburg-Gesellschaft positiv: „Die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit der Geschichte und den Gebäuden ihrer Stadt hat in Augsburg eine lange Tradition und zeigt sich am eindrucksvollsten an der Wiederherstellung des Goldenen Saals“, sagt Baureferent Gerd Merkle. Er kann sich vorstellen, dass eine Spendenaktion den Start der Sanierung „insbesondere in Zeiten der schwierigen Haushaltssituation“beschleunigen könnte. „Mit dem Vorlauf von zwei Jahren für Planung und Ausschreibung könnte die Baumaßnahme 2024/25 umgesetzt werden“, stellt er in Aussicht.
Regio und Altaugsburg-Gesellschaft wollen nun ein Konzept für die Spendenaktion erarbeiten. Beck könnte sich vorstellen, Patenschaften für Treppenstufen zu vergeben. Ähnlich habe es zuletzt bei der Sanierung der Orgel im Kongress am Park gut funktioniert, wo Bürgerinnen und Bürger sowie Firmen gegen eine Spende Patenschaften für Orgelpfeifen übernahmen. Auch Benefizkonzerte seien denkbar. Sebastian Berz von der Altaugsburg-Gesellschaft kann sich vorstellen, mögliche Spender auch auf emotionaler Ebene für den Perlach zu sensibilisieren. Er denkt zum Beispiel an ein Perlachturm-Fest, das einmal im Jahr stattfinden könnte, um die Verbundenheit der Menschen zur Geschichte der Stadt zu feiern. Wie die Spendenaktion aussehen wird und wann sie starten könnte, halten sich Beck und Berz offen. Die Details wollen sie mit der Stadt ausarbeiten. Klar ist beiden, dass das Projekt nicht mehr allzu lange hinausgezögert werden sollte. Denn der Perlach fehlt nicht nur den Augsburgerinnen und Augsburgern, sondern auch den Touristen. Es gebe regelmäßig Anfragen, wann man den Turm endlich wieder besichtigen könne.