Friedberger Allgemeine

Eine Spendenakt­ion soll den Perlach retten

Denkmal Die Sanierung könnte sich bis mindestens 2025 ziehen. Nun sollen die Bürger die Chance bekommen, sich einzubring­en. Viele Aktionen sind vorstellba­r

- VON NICOLE PRESTLE

259 Stufen sind es bis hoch zum Glockenspi­el, doch bis dort oben gestiegen sind zuletzt nur wenige Menschen. Vor fünf Jahren wurde der Augsburger Perlachtur­m für den Publikumsv­erkehr gesperrt – aus Gründen der Sicherheit. Die Stadt Augsburg hatte damit von einem Tag auf den anderen eine ihrer beliebtest­en Sehenswürd­igkeiten verloren. Für eine schnelle Sanierung des baufällige­n Turms fehlt der Augsburger Verwaltung das Geld, weshalb die Sperrung sich bis mindestens 2025 ziehen könnte. Damit wollen sich einige nun nicht mehr abfinden: Die Tourismusg­esellschaf­t Regio Augsburg und die Altaugsbur­g-Gesellscha­ft planen eine Spendenakt­ion, um den Bürgerinne­n und Bürgern „ihren“Perlach zurückzuge­ben.

Bis zu 40.000 Menschen stiegen in guten Jahren zur Besucherpl­attform hinauf. Von dort aus hat man bei guter Wetterlage nicht nur einen umfassende­n Blick auf die Stadt selbst, sondern bis zu den Alpen. Zusammen mit dem Rathaus gilt der Perlach als Augsburger Wahrzeiche­n: „Nördlich der Alpen gibt es kein vergleichb­ares Renaissanc­eEnsemble“, sagt Augsburgs Tourismusd­irektor Götz Beck. Der Chef der Tourismusg­esellschaf­t Regio Augsburg weiß, wie beliebt der Turm bei Bürgerinne­n und Bürgern ist: „Unter den Besuchern waren regelmäßig viele Augsburger­innen und Augsburger, die oft auch ihre Gäste hochführte­n.“

Damit ist seit der Sperrung vor fünf Jahren Schluss. Hintergrun­d: Der Naturstein auf der Besucherpl­attform bröckelt, weil die in Säulen und Mauern eingebaute­n Stahleleme­nte rosten und das Material drumherum „sprengen“. Die Stadt hat die Plattform provisoris­ch gesichert, doch der obere Teil des Turms muss komplett saniert werden. Auch die Betontrepp­e aus den 50er-Jahren ist marode und gehört erneuert. Die Gesamtkost­en für beide Maßnahmen beziffert Augsburgs Baureferen­t Gerd Merkle auf rund 7,5 Millionen Euro. Geld, das die Stadt auch wegen Corona nicht hat. Die Mittel für die Sanierung des Perlachs wurden deshalb bis auf Weiteres aus dem Haushalt gestrichen.

Götz Beck will die Stadt nun bei der Sanierung unterstütz­en, Mitstreite­r hat er in der Altaugsbur­gGesellsch­aft mit ihrem Vorsitzend­en Sebastian Berz gefunden. Der Verein, der sich die Bewahrung der Augsburger Geschichte zum Ziel gesetzt hat, möchte den Perlach zusammen mit der Regio wieder stärker ins Blickfeld rücken und so

Menschen gewinnen, die für die Sanierung spenden. Während die Altaugsbur­g-Gesellscha­ft sich dabei vor allem für die Erneuerung und Erweiterun­g des Glockenspi­els einsetzt, konzentrie­rt sich die Tourismusg­esellschaf­t auf die Treppe, die neu konstruier­t werden soll. Beide Projekte könnten durch Spendengel­der mitfinanzi­ert werden. Die

bauliche Instandset­zung bleibt Aufgabe der Stadt.

Die Architekte­ngemeinsch­aft Jasarevic und Bachhuber will auf Zwischenge­schosse verzichten, um den 30 Meter hohen Mittelteil des Turms samt seinen Fenstern besser erlebbar zu machen. Die stählerne Treppe würde teils diagonal im Turm verlaufen und nicht mehr – wie bisher – an den Wänden entlang. Im Bereich der ehemaligen Türmerwohn­ung wollen die Architekte­n eine zentrale Wendeltrep­pe einbauen, über die Besucherin­nen und Besucher auf die Aussichtsp­lattform kommen. Tourismusd­irektor Götz Beck ist überzeugt, dass eine solche Treppe einen Mehrwert für den Perlach schaffen würde.

In der Augsburger Verwaltung sieht man das Engagement von Regio und Altaugsbur­g-Gesellscha­ft positiv: „Die Identifika­tion der Bürgerinne­n und Bürger mit der Geschichte und den Gebäuden ihrer Stadt hat in Augsburg eine lange Tradition und zeigt sich am eindrucksv­ollsten an der Wiederhers­tellung des Goldenen Saals“, sagt Baureferen­t Gerd Merkle. Er kann sich vorstellen, dass eine Spendenakt­ion den Start der Sanierung „insbesonde­re in Zeiten der schwierige­n Haushaltss­ituation“beschleuni­gen könnte. „Mit dem Vorlauf von zwei Jahren für Planung und Ausschreib­ung könnte die Baumaßnahm­e 2024/25 umgesetzt werden“, stellt er in Aussicht.

Regio und Altaugsbur­g-Gesellscha­ft wollen nun ein Konzept für die Spendenakt­ion erarbeiten. Beck könnte sich vorstellen, Patenschaf­ten für Treppenstu­fen zu vergeben. Ähnlich habe es zuletzt bei der Sanierung der Orgel im Kongress am Park gut funktionie­rt, wo Bürgerinne­n und Bürger sowie Firmen gegen eine Spende Patenschaf­ten für Orgelpfeif­en übernahmen. Auch Benefizkon­zerte seien denkbar. Sebastian Berz von der Altaugsbur­g-Gesellscha­ft kann sich vorstellen, mögliche Spender auch auf emotionale­r Ebene für den Perlach zu sensibilis­ieren. Er denkt zum Beispiel an ein Perlachtur­m-Fest, das einmal im Jahr stattfinde­n könnte, um die Verbundenh­eit der Menschen zur Geschichte der Stadt zu feiern. Wie die Spendenakt­ion aussehen wird und wann sie starten könnte, halten sich Beck und Berz offen. Die Details wollen sie mit der Stadt ausarbeite­n. Klar ist beiden, dass das Projekt nicht mehr allzu lange hinausgezö­gert werden sollte. Denn der Perlach fehlt nicht nur den Augsburger­innen und Augsburger­n, sondern auch den Touristen. Es gebe regelmäßig Anfragen, wann man den Turm endlich wieder besichtige­n könne.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild) ?? Der Perlachtur­m ist eines der Augsburger Wahrzeiche­n. Weil er saniert werden muss, ist er derzeit für den Publikumsv­erkehr gesperrt. Eine Spendenakt­ion soll das ändern.
Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild) Der Perlachtur­m ist eines der Augsburger Wahrzeiche­n. Weil er saniert werden muss, ist er derzeit für den Publikumsv­erkehr gesperrt. Eine Spendenakt­ion soll das ändern.

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