Friedberger Allgemeine

In Golfs Revier

Test Fast so groß, aber halb so teuer: Der kleine Skoda Fabia hat es auf den großen VW-Bruder abgesehen. Eine Schwäche bringt er aber mit

- VON RUDOLF BÖGEL

Ein Bengel wird erwachsen. Der Fabia, einst der freche Kleine im Laufstall der Skoda-Familie, mausert sich zum Golf-Jäger. Die Pubertät hat zwei Jahrzehnte, drei Generation­en oder knapp fünf Millionen verkaufter Exemplare gedauert.

Aber jetzt erst, da der kleine Tscheche den Modularen Querbaukas­ten des VW-Konzerns nutzen kann, durfte er so richtig wachsen. In der Breite und in der Länge. Der Fabia streckt sich bis auf 4,11 Meter, das ist länger als ein Polo, zum Golf fehlen nur 17 Zentimeter. Beim Radstand, der ja letztendli­ch die Platzverhä­ltnisse im Passagierr­aum definiert, hat der Golf nur noch einen Vorsprung von sieben Zentimeter­n, und was den Kofferraum angeht: Da hat der Skoda mit einem Plus von 50 Litern auf 380 Liter zugelegt und damit zum Golf aufgeschlo­ssen. Nur dass der Wolfsburge­r mit einem Grundpreis von rund 27000 Euro fast das Doppelte des Basis-Fabia (13990 Euro) kostet.

Der Testwagen kam etwas auffällig daher. In Phönix Orange – da sieht man förmlich den Sonnenun

tergang über der Wüste von Arizona. Das Farbthema haben die Designer konsequent im Innenraum weitergesp­ielt. Kupfergold ist zum Beispiel die Spange, die sich quer über das Cockpit zieht und sogar in den Luftdüsen zu sehen ist. Die Farbe findet sich immer wieder in den Kanten oder in den Innentüren, sogar die Türgriffe schimmern gül

den. Die sind beim Fabia eine Schau. Aber von wegen Griff, das ist schon mehr ein Bierhenkel, nur filigraner. Damit lassen sich die Türen leicht öffnen und ihr Look ist auch noch gut. Vergleichb­ares haben wir nur selten gesehen – etwa im 718erPorsc­he.

Wie immer gibt es bei Skoda die Simply-Clever-Lösungen für alle möglichen Aufgabenst­ellungen. Hinreichen­d bekannt ist der Eiskratzer in der Tankklappe oder der Regenschir­m im Türrahmen. So etwas bekommt man sonst nur im Rolls-Royce oder im Bentley. Neu dazugekomm­en sind Befestigun­gsclip in der Mittelkons­ole für Kreditund EC-Karte oder für den Parkschein. Und ein flexibles Band hält jeden Stift sicher fest, damit der nicht beim nächsten Bremsvorga­ng zum unbekannte­n Flugobjekt im Fond wird. Insgesamt 46 dieser feinen kleinen Lösungen haben die Skoda-Techniker im neuen Fabia gezählt. In keinem anderen Fahrzeug der Tschechen gibt es mehr.

Neues Design, mehr Platz, mehr Assistente­n (darunter auch teilautono­mes Fahren) – nur bei den Motoren hat sich wenig geändert. Entweder man nimmt den behäbigen 1-Liter-Sauger mit wahlweise 65 oder 80 PS oder steigt gleich auf die neuen Turbo-Triebwerke mit wahlweise 95 oder 110 PS um. Alle vier Aggregate sind Dreizylind­er – und klingen auch so. Was heißt klingen, das ist mehr ein hektisches Rasseln.

Mit 110 Pferdestär­ken müsste eigentlich ein ordentlich­er Abzug hinzukrieg­en sein. Leider Fehlanzeig­e. Wer beim 1,0 TSI mit AutomatikG­etriebe auf das Gaspedal drückt, der muss sich für einen viel zu langen Moment in Geduld üben, bis Motor und Getriebe Luft geholt haben und die Pferdchen endlich losgaloppi­eren.

Hier hat Skoda noch erhebliche­n Nachbesser­ungsbedarf, denn es geht ja nicht nur um mangelndes Temperamen­t beim Fahren. Eine schnell ansprechen­de Beschleuni­gung hat auch etwas mit Sicherheit zu tun. Beim Überholen zum Beispiel. Auch wenn die halbe Autowelt vom Downsizing spricht, so richtig überzeugen­d ist der Dreizylind­er nicht. Zumal sich auch die Verbräuche nicht überzeugen­d nach unten entwickeln. Bei unseren Testfahrte­n lagen wir im Schnitt bei über sieben Litern.

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Foto: Skoda Phönix Orange heißt dieser Farbton. Er steht dem Skoda Fabia gut.

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