„Schreiben macht glücklich!“, findet Marianne König
Die 65-Jährige gibt an der Volkshochschule Kalligrafie- und Schriftenteppichkurse. Sie erklärt die Technik – und warum diese auch eine Reise zu sich selbst ist.
Friedberg Der Bleistift singt, der Fineliner tanzt. Marianne König lacht und lehnt sich in ihrem Stuhl zurück, um ihren Schriftenteppich im Ganzen zu betrachten. „Schriftenteppiche machen glücklich, eine Handschrift ist wie ein Fingerabdruck“, sagt sie. Die ehemalige Lehrerin gibt über die Volkshochschule Aichach-Friedberg Kalligrafieund Schriftenteppichkurse. Ihr Ziel ist es, die Handschrift zu erhalten. Selbermachen und Gestalten sind gerade sehr beliebt, auf Ideenportalen wie Pinterest sind Handlettering, Kalligrafie und auch die Schriftenteppiche, in denen Buchstaben zu formatfüllenden Kunstwerken werden, voll im Trend. Aber was steckt dahinter?
Für König ist es eine faszinierende Art der Auseinandersetzung mit Texten. Warum die zeilenbetonten Schriftstücke „Schriftenteppich“heißen, weiß die Friedbergerin nicht. „Wahrscheinlich, weil die Buchstaben auf die Zeilen aufgezogen werden wie Fäden“, vermutet sie. Die gebürtige Münchnerin hat sich aber nicht nur der Kalligrafie verschrieben. Die „Berührung mit dem Leben“verwirklicht sie auch in Aquarellen, Fotografien oder Pappmaschee-Figuren. Freiheit ist ihr beim Unterrichten ein wichtiger Begriff. Sie will nichts vorgeben, nicht einengen. „Ich zeige einen Weg auf“, sagt König. „Ob er so beschritten wird oder ganz anders aussieht, ist die Sache meiner Schülerinnen und Schüler.“So seien die Schriftenteppiche eine Art von Selbstfindung, eine Art Meditation. „Ich will die Menschen dazu anregen, ihren eigenen Stil zu finden.“
Im Fokus steht die Wertigkeit des Selbstgemachten. Dabei setzt die 65-Jährige auf die Erfahrungen, die sie in ihrem Leben gesammelt hat. „Ich erfinde nichts, alles ist schon vorhanden. Wir müssen nur wieder lernen hinzusehen“, ist sie überzeugt. Da hat sie Blütenblätter auf Papier gehämmert, sodass sie Spuren hinterlassen, und diese mit Text umrundet oder sie hat ein Foto verfremdet und in die Zwischenräume, die dadurch entstanden sind, Worte geschrieben. Eines ist den Werken gemeinsam: Papier als Grundmedium. Auf Papier kann man schreiben oder malen. Und vor allen Dingen, und das ist Marianne König fast am wichtigsten: Es ist einzigartig. Ein ganzes Arsenal an verschiedenen Papieren in ihrem Arbeitszimmer beweist das.
„Kunst war mir schon immer wichtig“, erinnert sich König. Ihr Vater war Architekt und Maler. „So war ich von Kindheit an oft auf Kunstausstellungen, habe Künstlerinnen und Künstler kennengelernt und in diese bunte Welt hineingeschnuppert“, erzählt sie.
Allerdings sei sie in ihrer Berufszeit nicht dazugekommen, sich künstlerisch auszudrücken. „Erst wollte ich nach meiner beruflichen Laufbahn verschiedene Städte bereisen“, blickt sie zurück. Doch dann kam die Pandemie dazwischen. „Also habe ich über Online-Kurse verschiedene Kreativtechniken ausprobiert.“Hängen geblieben ist sie bei den Schriftenteppichen. Sie hat zahlreiche Kurse und Sommerakademien besucht: „Jeder Mensch hat seinen Rhythmus und seine Vision“, weiß die 65-Jährige.
In ihren Vhs-Kursen will sie dafür Freiraum schaffen. Professionell, künstlerisch und mit Respekt für den individuellen Weg ihrer Schülerinnen und Schüler. Es sind keine Vorkenntnisse notwendig. Das Material besteht aus einem Bleistift, einem Fineliner und Papier. „Weniger ist oft mehr“, meint die jung gebliebene Frau.
Der Kurs