Bayerischer Minimalismus in Baindlkirch
Weißwurst, Senf, Bier – was braucht es da noch? Das Weißwurstessen in Baindlkirch hat Kultstatus. Chef Peter Neumeier verrät, was das Angebot so erfolgreich macht.
Über den schmucklosen Innenhof geht es ein paar Treppen hinauf zum Eingang. Es gibt keine Schilder oder sonstige Hinweise – nur die Menschen, die mit Tüten bepackt aus der Halle strömen. Es ist 10 Uhr, eigentlich spät für ein Frühstück unter der Woche. Aber nicht hier. An Donnerstagen herrscht in Baindlkirch DorffestStimmung, Parkplatz und Straße sind voll mit Autos. Seit fast 40 Jahren lädt die Familie Neumeier hier zum Weißwurstessen ein. „Zuerst war es nur ein Tisch, den wir mal hingestellt haben“, sagt Chef Peter Neumeier. Heute reihen sich die Biertische aneinander, Hunderte Gäste sitzen zusammen im umgebauten
Zwischen 2000 und 3000 Weißwürste gehen über die Theke
Hofstall, zwischen 2000 und 3000 Weißwürste gehen über die Theke. Was macht das Frühstück so beliebt?
Hinter der Eingangstür schlagen den eintretenden Gästen Dampf entgegen, Lärm und der Geruch nach Petersilie. Ein paar Schritte weiter liegt die offen einsehbare Küche. Zwei Metzger werkeln hier seit 3 Uhr morgens am Verkaufsschlager der Familie Neumeier – den Weißwürsten. Mageres Kalbs- und Schweinefleisch werden in einer Maschine zu Brät verarbeitet, dann kommt Eis dazu. „Das kühlt und bindet“, erklärt Neumeier. Es folgen Salz und eine eigene Gewürzmischung, über deren genauen Zusammensetzung der gelernte Metzgermeister schweigt – mit einem großen Schmunzeln. „Da haben wir so lange dran gebastelt. Die Würste werden genau richtig, nicht zu fest, nicht zu weich und geschmacklich einfach gut.“
Die perfekte Weißwurst ist praktisch, zubereitet in einem ausgeklügelten System. Das fertige Brät wird in Schweinedarm gepresst und landet in einem von drei Kesseln. 25 Minuten dürfen sie köcheln, ja nicht länger. „So bekommt
jeder hier immer frische Weiße“, sagt Neumeier. Die Pendlerinnen und Pendler am frühen Morgen sind also ebenso wie die Arbeiter aus den umliegenden Gemeinden zur Mittagspause da. Das Fleisch kommt aus seinem eigenen Fleischgroßhandel, den der Metzgermeister hauptberuflich in Augsburg betreibt. Das Frühstück und den Verkauf an den Donnerstagen stemmten er und sein Team nebenzu, praktisch als Hobby.
Leicht war es gerade während der Pandemie nicht. „Wir hatten neun Monate komplett zu“, erinnert sich Neumeier. Mit den Auflagen habe das Konzept nicht funktioniert,
auch der Verkauf war schwierig. Viele der Gäste kommen aus der weiteren Umgebung, aus den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Dachau, Augsburg und Aichach-Friedberg – und München. „Für die hat sich das Rausfahren zum Kaufen nicht gelohnt.“Für die Neumeiers eine herausfordernde Zeit, vor allem finanziell. „Wir haben unser ganzes Personal weitergezahlt. Das sind gute Leute.“Aber auch das Menschliche hätten sie vermisst. Die Gespräche, das gemütliche Zusammensitzen. Selbst nach dem Ende der Hygieneregeln und Maskenpflicht seien die Kundinnen und Kunden nur
langsam zurückgekehrt. Auf dem Niveau vor der Pandemie sei das Weißwurstfrühstück immer noch nicht. „Aber ich bin zufrieden.“Die Kundinnen und Kunden ebenso.
In der großen Halle mit den bayerischen Malereien wird gelacht, Besteck klappert, und Bedienungen schwirren mit Brezen, Biergläsern und Senfkrügen zwischen den Tischen hindurch. Bayerische Gemütlichkeit – das hört man hier immer wieder. Was das bedeutet? Zum einen, dass Nachnamen und das Siezen vor der Tür bleiben. Bei Helmut, Josef, Hermann und Hans etwa. Die vier Rentner aus Ried kommen alle
zwei Wochen her, seit zehn Jahren. „Eigentlich sind wir immer zu fünft, aber Sepp ist krank“, heißt es. Die Gruppe kennt sich bereits seit ihrer Schulzeit, hat zusammen Fußball gespielt, die erste Liebe gefunden. Bis auf einen sind alle in Ried geblieben. Sie schätzen das Miteinander, die gute Stimmung, den Wirt, die Weißwürste. „Das hier ist ein Stück der bayerischen Lebensdevise. Leben und leben lassen.“
Das Weißwurst-Mekka Neumeier in der Rettenbachstraße 11 in Baindlkirch bei Ried ist an Donnerstagen von 6 Uhr bis 12.30 Uhr geöffnet.