Immer mehr ältere Menschen verunglücken
Insgesamt 3880 Unfälle passierten im vergangenen Jahr auf den Straßen im Wittelsbacher Land. Die Beteiligung einer Altersgruppe sieht Aichachs Polizeichef mit Sorge. Was er zum Cannabisgesetz sagt.
Landkreis Aichach-Friedberg Im Landkreis Aichach-Friedberg steigen die Einwohnerzahlen. Mehr als 137.000 Menschen lebten im vergangenen Jahr im Wittelsbacher Land – sieben Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Mit ihnen stieg die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen um ein Fünftel. Fast schon zwangsläufig gibt es damit mehr Unfälle: 3880-mal krachte es im Landkreis im vergangenen Jahr. Das ist ein Anstieg von 17 Prozent im Zehn-Jahres-Vergleich, aber ein Rückgang um drei Prozent zum „Vor-CoronaJahr“2019. Diese und weitere Erkenntnisse stellte die Unfallkommission im Landkreis vor. Vor allem eine Altersgruppe ist zunehmend häufiger an Unfällen beteiligt.
• Verletzte 681 Menschen wurden 2023 bei Verkehrsunfällen verletzt. Das sind 41 mehr als im Vorjahr, aber 86 weniger als 2019. Michael Jakob, Leiter der Polizeiinspektion Aichach, riet dazu, die Zahlen von 2023 lieber mit dem „Vor-CoronaJahr“2019 zu vergleichen als mit der Zeit von 2020 bis 2022. „Sonst ergibt sich ein verzerrtes Bild.“72 Schwerverletzte gab es Jakob zufolge im vergangenen Jahr auf den Straßen im Landkreis. „Das ist die niedrigste Zahl der letzten zehn Jahre.“Jakob sah die Ursachen dafür in der immer besseren technischen Ausstattung der Fahrzeuge, aber auch in baulichen Änderungen auf den Straßen.
• Tote Sechs Menschen kamen im vergangenen Jahr im Straßenverkehr ums Leben – einer mehr als im Vorjahr sowie im Jahr 2019. Zwei Menschen starben bei Unfällen auf der Autobahn A8. Im April prallte ein 52-Jähriger auf der Bundesstraße B300 bei Aichach-Süd gegen einen Baum. Im September starben am selben Tag ein 73-jähriger PedelecFahrer bei Merching und eine 78-jährige Radlerin in Kühbach. Beide übersahen nach damaligen Angaben der Polizei Autos und stießen mit ihnen zusammen. Im Oktober kam ein 21-Jähriger zwischen Kühbach und Großhausen ums Leben. Er fuhr frühmorgens mit einem E-Scooter berechtigterweise auf der Straße, da es dort keinen Geh- oder Radweg gibt. Ein nachfolgender Autofahrer übersah den jungen Mann und erfasste ihn von hinten.
• Unfallursachen Der Leiter der Aichacher Polizei ging auch auf die häufigsten Unfallursachen ein. Eine davon steht klar an der Spitze: zu geringer Sicherheitsabstand. Ihn stufte die Polizei bei 930 Unfällen als Hauptursache ein. An zweiter Stelle standen Fehler beim Abbiegen in 683 Fällen. Mit großem Abstand dahinter folgten Vorfahrtsfehler mit 229 Unfällen. Beim Blick auf die häufigsten Ursachen von Unfällen mit Schwerverletzten oder Toten stechen jedoch andere Ursachen hervor: Hier sind eine falsche Fahrbahnbenutzung beziehungsweise Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot (13 Unfälle) und Vorfahrtsfehler (zwölf Unfälle) fast gleichauf. Achtmal war zu hohe Geschwindigkeit der Hauptgrund.
• Altersgruppen An 268 Unfällen waren im vergangenen Jahr junge Erwachsene, also 18- bis 24-Jährige, beteiligt. 157-mal hatten sie diese Unfälle verursacht. Jakob sagte dazu: „Wenn junge Erwachsene beteiligt sind, sind sie häufig auch die
Verursacher.“Im Jahr 2019 hatte es noch 353 Unfälle unter Beteiligung junger Erwachsener gegeben, 205-mal davon waren sie die Verursacher gewesen. Senioren, also Menschen ab 65 Jahren, waren im vergangenen Jahr an 315 Unfällen beteiligt, davon 214-mal als Verursacher. Der Aichacher Polizeichef verweist hier auf steigende Zahlen – sowohl im Vergleich zum Vorjahr (290 Unfälle, 201-mal Senioren als Verursacher) als auch zu 2019 (283 Unfälle, 184-mal Senioren als Verursacher).
• Alkohol 49-mal krachte es im vergangenen Jahr im Landkreis, während Alkohol im Spiel war. Das war etwas mehr als in den beiden Vorjahren (jeweils 46), aber weniger als im „Vor-Corona-Jahr“2019 (57). 25 Menschen wurden bei Verkehrsunfällen im Zusammenhang mit Alkohol im vergangenen Jahr verletzt, eine Person starb.
• Drogen Sechs Drogenunfälle verzeichnete die Aichacher Polizei. Dabei wurden zwei Menschen verletzt, ein weiterer starb. Im Vergleich zu 2019, als elf Drogenunfälle in der Statistik gestanden hatten, gingen die Zahlen also deutlich zurück. Im Jahr 2022 hatte es fünf Drogenunfälle gegeben. Michael Jakob blickt allerdings mit Sorge auf die in der vergangenen Woche vom Bundesrat beschlossene Teillegalisierung von Cannabis. Mit der von Befürwortern des neuen Gesetzes ins Feld geführten Entlastung von Polizei und Justiz rechnet der Aichacher Polizeichef nicht – im Gegenteil: „Wir sind überzeugt, dass wir deutlich mehr Arbeit haben werden in diesem Bereich.“
• Schulwegunfälle Zu zwölf Schulwegunfällen kam es im vergangenen Jahr. Darin sind alle Unfälle auf dem Weg von oder zur Schule mit Kindern bis zum 14. Lebensjahr enthalten. 15 Kinder wurden dabei verletzt. Vor den Coronajahren waren es zehn Schulwegunfälle mit zehn Verletzten gewesen. Jakob zeigte sich erleichtert, dass im Wittelsbacher Land seit vielen Jahren kein Kind mehr auf dem Weg von oder zur Schule ums Leben kam.
• Wildunfälle Auf nach wie vor hohem Niveau liegt die Zahl der Wildunfälle: 1006 verzeichnete die Polizei im vergangenen Jahr. 933 waren es im Jahr zuvor gewesen, 1098 im Jahr 2019. Angesichts dieser Zahlen müsse man sich wundern, dass es überhaupt noch Rehe in den Wäldern gebe, sagte Jakob kopfschüttelnd.
• Unfallfluchten Kaum verändert hat sich die Zahl der Unfallfluchten im Vergleich zu den Jahren vor der Coronapandemie. 624-mal machten sich Unfallverursacher im vergangenen Jahr aus dem Staub, ohne sich um den von ihnen angerichteten Schaden zu kümmern. 579 waren es im Vorjahr gewesen, 654 im Jahr 2019. Dennoch durften sie sich nicht allzu sicher sein, ungeschoren davonzukommen: Rund ein Drittel von ihnen erwischte die Polizei trotzdem.
Das ist die Unfallkommission
Dem Gremium gehören Vertreter der Polizei, des Landratsamtes und des Staatlichen Bauamtes Augsburg an. Sie analysieren das Unfallgeschehen, machen Verbesserungsvorschläge, erlassen verkehrsrechtliche Anordnung und setzen Baumaßnahmen um, um Schwerpunkte zu entschärfen. (nsi)