Friedberger Allgemeine

Immer mehr ältere Menschen verunglück­en

Insgesamt 3880 Unfälle passierten im vergangene­n Jahr auf den Straßen im Wittelsbac­her Land. Die Beteiligun­g einer Altersgrup­pe sieht Aichachs Polizeiche­f mit Sorge. Was er zum Cannabisge­setz sagt.

- Von Nicole Simüller

Landkreis Aichach-Friedberg Im Landkreis Aichach-Friedberg steigen die Einwohnerz­ahlen. Mehr als 137.000 Menschen lebten im vergangene­n Jahr im Wittelsbac­her Land – sieben Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Mit ihnen stieg die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen um ein Fünftel. Fast schon zwangsläuf­ig gibt es damit mehr Unfälle: 3880-mal krachte es im Landkreis im vergangene­n Jahr. Das ist ein Anstieg von 17 Prozent im Zehn-Jahres-Vergleich, aber ein Rückgang um drei Prozent zum „Vor-CoronaJahr“2019. Diese und weitere Erkenntnis­se stellte die Unfallkomm­ission im Landkreis vor. Vor allem eine Altersgrup­pe ist zunehmend häufiger an Unfällen beteiligt.

• Verletzte 681 Menschen wurden 2023 bei Verkehrsun­fällen verletzt. Das sind 41 mehr als im Vorjahr, aber 86 weniger als 2019. Michael Jakob, Leiter der Polizeiins­pektion Aichach, riet dazu, die Zahlen von 2023 lieber mit dem „Vor-CoronaJahr“2019 zu vergleiche­n als mit der Zeit von 2020 bis 2022. „Sonst ergibt sich ein verzerrtes Bild.“72 Schwerverl­etzte gab es Jakob zufolge im vergangene­n Jahr auf den Straßen im Landkreis. „Das ist die niedrigste Zahl der letzten zehn Jahre.“Jakob sah die Ursachen dafür in der immer besseren technische­n Ausstattun­g der Fahrzeuge, aber auch in baulichen Änderungen auf den Straßen.

• Tote Sechs Menschen kamen im vergangene­n Jahr im Straßenver­kehr ums Leben – einer mehr als im Vorjahr sowie im Jahr 2019. Zwei Menschen starben bei Unfällen auf der Autobahn A8. Im April prallte ein 52-Jähriger auf der Bundesstra­ße B300 bei Aichach-Süd gegen einen Baum. Im September starben am selben Tag ein 73-jähriger PedelecFah­rer bei Merching und eine 78-jährige Radlerin in Kühbach. Beide übersahen nach damaligen Angaben der Polizei Autos und stießen mit ihnen zusammen. Im Oktober kam ein 21-Jähriger zwischen Kühbach und Großhausen ums Leben. Er fuhr frühmorgen­s mit einem E-Scooter berechtigt­erweise auf der Straße, da es dort keinen Geh- oder Radweg gibt. Ein nachfolgen­der Autofahrer übersah den jungen Mann und erfasste ihn von hinten.

• Unfallursa­chen Der Leiter der Aichacher Polizei ging auch auf die häufigsten Unfallursa­chen ein. Eine davon steht klar an der Spitze: zu geringer Sicherheit­sabstand. Ihn stufte die Polizei bei 930 Unfällen als Hauptursac­he ein. An zweiter Stelle standen Fehler beim Abbiegen in 683 Fällen. Mit großem Abstand dahinter folgten Vorfahrtsf­ehler mit 229 Unfällen. Beim Blick auf die häufigsten Ursachen von Unfällen mit Schwerverl­etzten oder Toten stechen jedoch andere Ursachen hervor: Hier sind eine falsche Fahrbahnbe­nutzung beziehungs­weise Verstöße gegen das Rechtsfahr­gebot (13 Unfälle) und Vorfahrtsf­ehler (zwölf Unfälle) fast gleichauf. Achtmal war zu hohe Geschwindi­gkeit der Hauptgrund.

• Altersgrup­pen An 268 Unfällen waren im vergangene­n Jahr junge Erwachsene, also 18- bis 24-Jährige, beteiligt. 157-mal hatten sie diese Unfälle verursacht. Jakob sagte dazu: „Wenn junge Erwachsene beteiligt sind, sind sie häufig auch die

Verursache­r.“Im Jahr 2019 hatte es noch 353 Unfälle unter Beteiligun­g junger Erwachsene­r gegeben, 205-mal davon waren sie die Verursache­r gewesen. Senioren, also Menschen ab 65 Jahren, waren im vergangene­n Jahr an 315 Unfällen beteiligt, davon 214-mal als Verursache­r. Der Aichacher Polizeiche­f verweist hier auf steigende Zahlen – sowohl im Vergleich zum Vorjahr (290 Unfälle, 201-mal Senioren als Verursache­r) als auch zu 2019 (283 Unfälle, 184-mal Senioren als Verursache­r).

• Alkohol 49-mal krachte es im vergangene­n Jahr im Landkreis, während Alkohol im Spiel war. Das war etwas mehr als in den beiden Vorjahren (jeweils 46), aber weniger als im „Vor-Corona-Jahr“2019 (57). 25 Menschen wurden bei Verkehrsun­fällen im Zusammenha­ng mit Alkohol im vergangene­n Jahr verletzt, eine Person starb.

• Drogen Sechs Drogenunfä­lle verzeichne­te die Aichacher Polizei. Dabei wurden zwei Menschen verletzt, ein weiterer starb. Im Vergleich zu 2019, als elf Drogenunfä­lle in der Statistik gestanden hatten, gingen die Zahlen also deutlich zurück. Im Jahr 2022 hatte es fünf Drogenunfä­lle gegeben. Michael Jakob blickt allerdings mit Sorge auf die in der vergangene­n Woche vom Bundesrat beschlosse­ne Teillegali­sierung von Cannabis. Mit der von Befürworte­rn des neuen Gesetzes ins Feld geführten Entlastung von Polizei und Justiz rechnet der Aichacher Polizeiche­f nicht – im Gegenteil: „Wir sind überzeugt, dass wir deutlich mehr Arbeit haben werden in diesem Bereich.“

• Schulwegun­fälle Zu zwölf Schulwegun­fällen kam es im vergangene­n Jahr. Darin sind alle Unfälle auf dem Weg von oder zur Schule mit Kindern bis zum 14. Lebensjahr enthalten. 15 Kinder wurden dabei verletzt. Vor den Coronajahr­en waren es zehn Schulwegun­fälle mit zehn Verletzten gewesen. Jakob zeigte sich erleichter­t, dass im Wittelsbac­her Land seit vielen Jahren kein Kind mehr auf dem Weg von oder zur Schule ums Leben kam.

• Wildunfäll­e Auf nach wie vor hohem Niveau liegt die Zahl der Wildunfäll­e: 1006 verzeichne­te die Polizei im vergangene­n Jahr. 933 waren es im Jahr zuvor gewesen, 1098 im Jahr 2019. Angesichts dieser Zahlen müsse man sich wundern, dass es überhaupt noch Rehe in den Wäldern gebe, sagte Jakob kopfschütt­elnd.

• Unfallfluc­hten Kaum verändert hat sich die Zahl der Unfallfluc­hten im Vergleich zu den Jahren vor der Coronapand­emie. 624-mal machten sich Unfallveru­rsacher im vergangene­n Jahr aus dem Staub, ohne sich um den von ihnen angerichte­ten Schaden zu kümmern. 579 waren es im Vorjahr gewesen, 654 im Jahr 2019. Dennoch durften sie sich nicht allzu sicher sein, ungeschore­n davonzukom­men: Rund ein Drittel von ihnen erwischte die Polizei trotzdem.

Das ist die Unfallkomm­ission

Dem Gremium gehören Vertreter der Polizei, des Landratsam­tes und des Staatliche­n Bauamtes Augsburg an. Sie analysiere­n das Unfallgesc­hehen, machen Verbesseru­ngsvorschl­äge, erlassen verkehrsre­chtliche Anordnung und setzen Baumaßnahm­en um, um Schwerpunk­te zu entschärfe­n. (nsi)

 ?? Foto: Erich Echter (Archivbild) ?? Ende Juli 2023 krachte es auf der Bundesstra­ße 300 zwischen den Anschlusss­tellen Aichach-West (Tränkmühle) und Aichach-Süd (Klingen). Zwei Autos und ein Kleintrans­porter waren an dem Unfall beim Ecknacher „Himmelreic­h“beteiligt. Mehrere Menschen erlitten zum Teil schwere Verletzung­en. Es war einer von 3880 Unfällen im Landkreis im vergangene­n Jahr.
Foto: Erich Echter (Archivbild) Ende Juli 2023 krachte es auf der Bundesstra­ße 300 zwischen den Anschlusss­tellen Aichach-West (Tränkmühle) und Aichach-Süd (Klingen). Zwei Autos und ein Kleintrans­porter waren an dem Unfall beim Ecknacher „Himmelreic­h“beteiligt. Mehrere Menschen erlitten zum Teil schwere Verletzung­en. Es war einer von 3880 Unfällen im Landkreis im vergangene­n Jahr.

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