Zwischen Judomatte und Rasen
Kampfsport: Julian und Paul Stelzer gehören zu den besten Nachwuchs-Judoka Bayerns. Wie die Zwillinge bei den Sportfreunden Friedberg trainieren und woher das Talent kommt.
Es ist von der ersten Sekunde an ein Kampf, ein Ringen um den besten Griff. Zwei schnelle Armbewegungen, eine Drehung und mit Schwung schmeißt Paul Stelzer seinen Bruder Julian auf die Matte. Die beiden Zwölfjährigen aus Bachern gehören zu den besten Nachwuchs-Judoka Bayerns. Für die Sportfreunde Friedberg haben beide bereits einige Triumphe eingefahren. Auch beim Fußball sind die Brüder erfolgreich. Sie sind aber nicht die einzigen Sportler in der Familie. Gegeneinander kämpfen sie nur ungern, außer auf dem heimischen Trampolin.
Denn das Turngerät wurde im Hause Stelzer längst umfunktioniert. Im Garten in Bachern üben Paul und Julian ihre Würfe. „Das macht viel Spaß, auf dem Trampolin kann man das gut üben, weil man ja weich fällt“, erklärt Julian. Vater Manuel hat sich mittlerweile daran gewöhnt. „Bei uns ist immer was los. Immerhin machen bei uns vier Kinder Judo, da wird das Trampolin schon lange nicht mehr so genutzt, wie es ursprünglich vorgesehen war.“Denn auch der ältere Bruder Ben ist erfolgreicher Judoka und die kleine Schwester Emma übt den Sport ebenfalls aus. Mittlerweile trägt auch der Papa den Judo-Anzug: „Ich habe gesehen, was das für ein toller Sport ist, und da alle Kinder das machen, habe ich es jetzt auch angefangen“, so Manuel Stelzer.
So erfolgreich wie seine Zwillinge wird der Papa aber wohl nicht mehr werden. Paul Stelzer gewann 2023 die bayerische Meisterschaft der U13 und wurde Fünfter der U15 bei der Süddeutschen. Bruder Julian wurde in der U15 jeweils Dritter bei beiden Wettbewerben. „Beide sind sehr große Talente, wobei es in ihren Altersklassen noch keine deutschen Meisterschaften gibt. Sie sind sehr fleißig und wollen sich immer verbessern“, so ihr langjähriger Trainer Christian Mayr, der hinzufügt: „Man braucht beim Judo Kampfgeist und Mut und den haben die beiden.“Die nationalen Titelkämpfe sind das Ziel der beiden, die auch gerne einmal international kämpfen würden. Beide kämpfen
in unterschiedlichen Gewichtsklassen, denn Paul ist rund zwei Kilo schwerer als Julian. Nur ungern würden die Zwillinge gegeneinander kämpfen. Einmal standen sie sich aber auf der Matte gegenüber und neutralisierten sich weitestgehend – Paul wurde am Ende zum Punktsieger ernannt. „Das mögen sie gar nicht, zum Glück kommt das eigentlich nicht vor, das war eine Ausnahme“, so Vater Manuel. Im Training und zuhause auf dem Trampolin haben die beiden aber keine Berührungsängste voreinander.
Angefangen haben die Zwillinge im Alter von sieben Jahren. Schuld ist sozusagen ihr älteren Bruder Ben, der vor sieben Jahren als erstes Familienmitglied mit dem Sport angefangen hat. „Wir wollten es dann auch ausprobieren. Es hat uns gleich Spaß gemacht und wir sind dabei geblieben“, so Paul, der hinzufügt: „Man kann sich richtig austoben. Man braucht Körperbeherrschung, Technik und die Taktik spielt eine Rolle.“Zweimal pro Woche trainieren die Zwillinge in der Halle der
Vinzenz-Palotti-Schule, während der Saison stehen dann noch Turniere auf dem Programm.
Doch Judo ist nicht das einzige sportliche Hobby von Paul und Julian Stelzer. Beide spielen in der D-Jugend der Sport-Freunde Bachern Fußball. Auf dem Platz verstehen sich die beiden fast blind.
„Uns macht beides sehr viel Spaß und es lässt sich ganz gut verbinden“, erklärt Julian. Da kommt es den Zwillingen gelegen, dass sich nur wenige Termine überschneiden. Wenn dann gibt es aber eine ganz klare Regelung, wie Vater Manuel Stelzer erklärt: „Ein Judo-Turnier hat oberste Priorität, danach
kommen die Fußballspiele und zuletzt das Training, wobei Fußballund Judoeinheiten meist an unterschiedlichen Tagen stattfinden. Das ist sehr stressig, irgendwann werden sie sich einmal entscheiden müssen, aber noch bekommen wir alles unter einen Hut.“Manchmal komme dabei die Schule etwas zu kurz. Paul und Julian besuchen die siebte Klasse des Friedberger Gymnasiums, ebenso wie Bruder Ben, der in die elfte Klasse geht und ebenfalls Fußball spielt – in der B-Jugend der SG Paar- und Eisbachtal. Er weiß aus Erfahrung: „Manchmal bleibt wirklich nicht viel Zeit für die Hausaufgaben, wodurch es schon einmal vorkommen kann, dass man etwas vergisst.“
Doch allzu viel möchten seine beiden jüngeren Brüder darüber nicht nachdenken. Vielmehr interessiert sie die nächste Gürtelprüfung. Aktuell haben beide den orange-grünen Gürtel. Das große Ziel ist wie in den meisten Kampfsportarten der schwarze Gürtel. Bis es so weit ist, werden sich die Zwillinge noch oft gegenseitig auf den Mattenboden werfen.