Ist Fisch am (Kar-)Freitag noch ein Muss?
Von Jakobsmuscheln bis Lachs-Salat: Wie es Wirtshäuser und ein Feinkostgeschäft im Landkreis Aichach-Friedberg mit dem Fleischverzicht am Karfreitag halten.
Religiöse Bräuche bröckeln – gilt das auch für das Fleischverbot am Karfreitag? Eine Umfrage bei Gastwirten und einem Feinkostgeschäft in der Region gibt hier Aufschluss. So unterstreicht Jaqueline Kreisi, Chefin von Wirtshaus und Pension Kreisi, dass Friedberg nach wie vor sehr katholisch geprägt sei. „Wenn wir Karfreitag öffnen, kommen Gruppen, die speziell Fisch bestellen. Und das sind keineswegs nur Senioren. Insgesamt sieht man das Ganze aber inzwischen locker, weil sich die Gesellschaft verändert hat.“
Auch in ihrer eigenen Familie wird am Gedenktag des Leidens Christi auf Wurst beim Frühstück verzichtet. In der Klasse von Jaqueline Kreisis Tochter, welche dieses Jahr gefirmt wird, essen manche Schüler am Karfreitag auch gar nichts, fügt die dreifache Mutter hinzu. Ihr Gasthof bleibt dieses Jahr an diesem Feiertag geschlossen – schließlich „fahren da viele Friedberger auch weg“.
Dass ein Wandel im Bewusstsein stattgefunden hat, kann Tanja Tremmel von der Gaststätte Metzger in Wulfertshausen bestätigen. Wie sie erzählt, haben ihre Schwiegereltern den Betrieb vor 50 Jahren gegründet. Bis heute helfen alle in der Familie mit, um das Lokal in Schwung zu halten. Auch die beiden Bedienungen Rita Krauth sowie Marika Minder sorgen dafür, dass die Besucherinnen und Besucher des „Metzgers“möglichst schnell mit dem Bestellten versorgt werden. Wie die Chefin erklärt, konnte man bei ihnen am Freitag vor Ostern schon immer zusätzlich zur normalen Speisekarte aus mehreren Fischgerichten wählen.
Am beliebtesten sei nach wie vor der Klassiker Forelle Müllerin Art mit hausgemachtem Kartoffelsalat. „Früher zählte man die bestellten Fleischspeisen am Karfreitag an einer Hand ab.“Mittlerweile bestellten vor allem die Jüngeren mit Vorliebe auch Schnitzel oder Rind. Ganz, wie der eigene Gaumen es verlangt. Tremmels Beobachtung zufolge halten sich eher noch die Senioren an den kirchlich verordneten Verzicht. Ostern sei in diesem Jahr sehr früh und das Wetter ziemlich kalt, sodass man auf den heimischen Spargel noch warten müsse. Vielleicht sorge ja auch dies dafür, dass Gäste auf vegetarische Teller lieber verzichten.
Gabriele Schadl vom gleichnamigen Feinkostladen in Friedberg verkauft in der Karwoche mehr Fisch und Käse als normalerweise – vermutlich auch als Bevorratung für das Osterfest wenige Tage darauf. Allerdings gelte dabei: „Früher gab es am Aschermittwoch und am Karfreitag Fisch und heute jeden Tag.“Der Umsatz verteile sich mehr als in vergangenen Jahren; Zander und Bodensee-Felchen, aber auch feiner Lachs aus Schottland liegen bei Feinkost Schadl inzwischen ganzjährig auf Eis. Diese Delikatessen würden mehrmals pro Woche geliefert. Die meisten Kunden würden das eben so erwarten. Auch Meeresfrüchte wie Jakobsmuscheln, Austern oder Flusskrebse sind unabhängig von der Saison ein Genuss.
Auf ein vielfältiges Angebot legt man auch im Landgasthof Lindermayr in Haberskirch Wert. Gerne kredenzt man hier beispielsweise speziell gezüchtetes „Oxenfleisch“und sorgt auch sonst für vielfältige fleischliche Genüsse. Natürlich konnte sich daneben auch längst eine Reihe von Veggi-Gerichten etablieren. Zu den altbewährten Kässpatzen haben sich etwa vegane Couscous-Pflanzerl in das Menü geschlichen. „Wir bieten wöchentlich wechselnde Angebote“, sagt Marianne Golling, die den „Lindermayr“zusammen mit ihrem Mann bereits in der vierten Generation bewirtschaftet. Die Sitte, am Gedenktag des Leidens Jesu kulinarisch auf Gemüse, Nudeln oder Kartoffeln auszuweichen, beobachte man nicht mehr so oft, fügt sie hinzu. Schließlich sei „ein guter Schweinsbraten“immer besonders zugkräftig. Auch Golling beobachtet, dass sich eher die ältere Generation den religiösen Geboten verpflichtet fühlt. Letztlich könne das aber jeder halten, wie er wolle, meint die Wirtin. In ihrem Gasthaus werde für Karfreitag jedenfalls eine extra Fischspeisekarte erstellt. Der Traditionswirt in dem Friedberger Gemeindeteil hat an diesem Tag mittags sowie abends geöffnet. „Die genaue Auswahl der Gerichte wird erst noch bestimmt, jedenfalls gibt es bei uns heute frischen Fisch“, so Marianne Golling. Viele Gäste entschieden sich inzwischen vorrangig wegen des Geschmacks für Meeresfrüchte. Ein wenig religiöse Tradition, befindet sie, sei aber natürlich nie verkehrt.
Manche essen am Karfreitag auch gerne einen Schweinebraten.