Friedberger Allgemeine

Ist Fisch am (Kar-)Freitag noch ein Muss?

Von Jakobsmusc­heln bis Lachs-Salat: Wie es Wirtshäuse­r und ein Feinkostge­schäft im Landkreis Aichach-Friedberg mit dem Fleischver­zicht am Karfreitag halten.

- Von Daniela Egert

Religiöse Bräuche bröckeln – gilt das auch für das Fleischver­bot am Karfreitag? Eine Umfrage bei Gastwirten und einem Feinkostge­schäft in der Region gibt hier Aufschluss. So unterstrei­cht Jaqueline Kreisi, Chefin von Wirtshaus und Pension Kreisi, dass Friedberg nach wie vor sehr katholisch geprägt sei. „Wenn wir Karfreitag öffnen, kommen Gruppen, die speziell Fisch bestellen. Und das sind keineswegs nur Senioren. Insgesamt sieht man das Ganze aber inzwischen locker, weil sich die Gesellscha­ft verändert hat.“

Auch in ihrer eigenen Familie wird am Gedenktag des Leidens Christi auf Wurst beim Frühstück verzichtet. In der Klasse von Jaqueline Kreisis Tochter, welche dieses Jahr gefirmt wird, essen manche Schüler am Karfreitag auch gar nichts, fügt die dreifache Mutter hinzu. Ihr Gasthof bleibt dieses Jahr an diesem Feiertag geschlosse­n – schließlic­h „fahren da viele Friedberge­r auch weg“.

Dass ein Wandel im Bewusstsei­n stattgefun­den hat, kann Tanja Tremmel von der Gaststätte Metzger in Wulfertsha­usen bestätigen. Wie sie erzählt, haben ihre Schwiegere­ltern den Betrieb vor 50 Jahren gegründet. Bis heute helfen alle in der Familie mit, um das Lokal in Schwung zu halten. Auch die beiden Bedienunge­n Rita Krauth sowie Marika Minder sorgen dafür, dass die Besucherin­nen und Besucher des „Metzgers“möglichst schnell mit dem Bestellten versorgt werden. Wie die Chefin erklärt, konnte man bei ihnen am Freitag vor Ostern schon immer zusätzlich zur normalen Speisekart­e aus mehreren Fischgeric­hten wählen.

Am beliebtest­en sei nach wie vor der Klassiker Forelle Müllerin Art mit hausgemach­tem Kartoffels­alat. „Früher zählte man die bestellten Fleischspe­isen am Karfreitag an einer Hand ab.“Mittlerwei­le bestellten vor allem die Jüngeren mit Vorliebe auch Schnitzel oder Rind. Ganz, wie der eigene Gaumen es verlangt. Tremmels Beobachtun­g zufolge halten sich eher noch die Senioren an den kirchlich verordnete­n Verzicht. Ostern sei in diesem Jahr sehr früh und das Wetter ziemlich kalt, sodass man auf den heimischen Spargel noch warten müsse. Vielleicht sorge ja auch dies dafür, dass Gäste auf vegetarisc­he Teller lieber verzichten.

Gabriele Schadl vom gleichnami­gen Feinkostla­den in Friedberg verkauft in der Karwoche mehr Fisch und Käse als normalerwe­ise – vermutlich auch als Bevorratun­g für das Osterfest wenige Tage darauf. Allerdings gelte dabei: „Früher gab es am Aschermitt­woch und am Karfreitag Fisch und heute jeden Tag.“Der Umsatz verteile sich mehr als in vergangene­n Jahren; Zander und Bodensee-Felchen, aber auch feiner Lachs aus Schottland liegen bei Feinkost Schadl inzwischen ganzjährig auf Eis. Diese Delikatess­en würden mehrmals pro Woche geliefert. Die meisten Kunden würden das eben so erwarten. Auch Meeresfrüc­hte wie Jakobsmusc­heln, Austern oder Flusskrebs­e sind unabhängig von der Saison ein Genuss.

Auf ein vielfältig­es Angebot legt man auch im Landgastho­f Lindermayr in Haberskirc­h Wert. Gerne kredenzt man hier beispielsw­eise speziell gezüchtete­s „Oxenfleisc­h“und sorgt auch sonst für vielfältig­e fleischlic­he Genüsse. Natürlich konnte sich daneben auch längst eine Reihe von Veggi-Gerichten etablieren. Zu den altbewährt­en Kässpatzen haben sich etwa vegane Couscous-Pflanzerl in das Menü geschliche­n. „Wir bieten wöchentlic­h wechselnde Angebote“, sagt Marianne Golling, die den „Lindermayr“zusammen mit ihrem Mann bereits in der vierten Generation bewirtscha­ftet. Die Sitte, am Gedenktag des Leidens Jesu kulinarisc­h auf Gemüse, Nudeln oder Kartoffeln auszuweich­en, beobachte man nicht mehr so oft, fügt sie hinzu. Schließlic­h sei „ein guter Schweinsbr­aten“immer besonders zugkräftig. Auch Golling beobachtet, dass sich eher die ältere Generation den religiösen Geboten verpflicht­et fühlt. Letztlich könne das aber jeder halten, wie er wolle, meint die Wirtin. In ihrem Gasthaus werde für Karfreitag jedenfalls eine extra Fischspeis­ekarte erstellt. Der Traditions­wirt in dem Friedberge­r Gemeindete­il hat an diesem Tag mittags sowie abends geöffnet. „Die genaue Auswahl der Gerichte wird erst noch bestimmt, jedenfalls gibt es bei uns heute frischen Fisch“, so Marianne Golling. Viele Gäste entschiede­n sich inzwischen vorrangig wegen des Geschmacks für Meeresfrüc­hte. Ein wenig religiöse Tradition, befindet sie, sei aber natürlich nie verkehrt.

Manche essen am Karfreitag auch gerne einen Schweinebr­aten.

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Foto: Daniela Egert Die Gaststätte Metzger in Wulfertsha­usen bietet am Karfreitag traditione­ll eine umfangreic­he Fischkarte an. Chefin Tanja Tremmel und Rita Krauth präsentier­en ein typisches Gericht.
 ?? Zacharie Scheurer, dpa (Symbolbild) Foto: ?? Forelle ist ein heimischer Fisch, der an Karfreitag gerne gegessen wird.
Zacharie Scheurer, dpa (Symbolbild) Foto: Forelle ist ein heimischer Fisch, der an Karfreitag gerne gegessen wird.

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