So entsteht eine Osterkerze
Von Bienenwachs und Glauben: Die Meringerin Antonie Bradl fertigt kunstvolle Schmuckstücke an. Die Osterkerze ist ein Sinnbild der Auferstehung.
Wer derzeit bei Antonie Bradl in Mering zu Hause vorbeischaut, dem geht ein Licht auf. Oder vielmehr ganz viele Lichter, denn die ehrenamtliche Mesnerin ist von einem kleinen Kerzenmeer umgeben. „Ostern liegt mir sehr am Herzen, denn als gläubiger Mensch fasziniert mich die Liturgie immer wieder aufs Neue“, sagt die Hobby-Künstlerin dazu. Dass die 59-Jährige ein Ass im Dekorieren ist, steht außer Frage, schließlich fertigt sie jetzt schon seit 20 Jahren die Osterkerze für ihre Heimatpfarrei St. Michael in Mering an. Pfarrer Florian Markter gibt ihr bereits zu Jahresbeginn seine Motivwünsche bekannt. „Nach Heiligdreikönig werden die Schablonen ausgewählt“, erzählt Bradl, während sie weiter an einer Wachsvorlage arbeitet. Auf ihrem Schoß liegt dabei ein Aktenordner mit eigens angefertigten Entwürfen. „Die wurden von meinem verstorbenen Mann maßstabsgerecht gezeichnet“, sagt Bradl.
Nach langem, fleißigem Basteln entstehen so markante, 80 bis 100 Zentimeter große Kerzen, die sich ganz vorn im Kirchenschiff sehen lassen können. Weil diese Arbeit Antonie Bradl trotz allem Aufwand recht flott von der Hand geht, erstellt sie auch immer die österlichen Pracht-Exemplare für „Mariä Himmelfahrt“in Mering St. Afra sowie für einige weitere Pfarreien. Ganzjährig sorgt sie zusammen mit Mesner Oliver Kosel für stets frische, bunte Blumen in der barocken Pfarrkirche St. Michael. Bradl ist es wichtig, dass keine Massenware an den Altar kommt: „Jede Kerze wird individuell und passend für den jeweiligen sakralen Raum angefertigt.“Etwas Hilfe erhält sie von umliegenden Wachsziehern oder Kerzengeschäften, von denen „fertige Motive wie Lämmer sowie Bordüren“bezogen werden. Auch beim Material legt sie höchsten Wert auf beste Qualität. So besteht die Kerze für Mering etwa zu 100 Prozent aus teurem Bienenwachs. „Mindestens 300 Euro“, sagt Antonie Bradl, „kostet so ein spezieller Rohling, der dann gestaltet wird.“Sie deutet zur Erläuterung vor sich auf eine Osterkerze mit großem Kreuz vor braunem Hintergrund, umrahmt von zahlreichen christlichen Symbolen.
Näheres dazu führen Kreisheimatpfleger Hubert Raab und seine Frau Gabriele aus: „Die Kerze ist ein Symbol für Tod und Auferstehung. Auf ihr sind Motive wie das Kreuz mit fünf Wachsnägeln für die Wundmale Christi, die Jahreszahl sowie die Buchstaben Alpha und Omega für Anfang und Ende dargestellt.“Für ein eindrucksvolles Ergebnis werkt Bradl jeweils stolze zehn bis fünfzehn Stunden in ihrer Küche, die ihr als Werkstatt dient. Zum Einsatz gelangen die Kerzen dann erstmals am Osterfeuer, an dem diese mitten in der Nacht entzündet werden: Als buntes, erhebendes Zeichen dafür, dass Gottes Sohn durch seinen Tod am Kreuz das Dunkel vertrieben und die Menschheit erlöst hat. Vor der noch dunklen Kirche singt der Pfarrer während der nächtlichen Feier drei Mal `Lumen Christi´ (das Licht Christi), wie das Ehepaar Raab weiter erläutert. „Die Ministranten
reichen das Licht weiter. Erst beim feierlichen Gloria erstrahlt die Kirche hell.“Bis Christi Himmelfahrt brennt die große Osterkerze sodann neben dem Ambo, also dem Lesepult.
Rund um das höchste Kirchenfest engagiert sich Antonie Bradl übrigens auch für die noch sehr jungen Mitglieder von St. Michael. Die Kommunionkinder dürfen in Mering selbst Hand anlegen an ihr persönlich gestaltetes Osterlicht – was offensichtlich gerne angenommen wird. „Auch Taufkerzen, Hochzeits- sowie Primizkerzen werden von mir gefertigt.“Viele ihrer Anfertigungen verschenkt die Meringerin auch. Die Kirche habe eine lange Tradition, was Dekor oder Kirchenschmuck zu Festtagen betrifft, erklärt Heimatpfleger Hubert Raab zum Thema, der – teils zusammen mit seiner Frau – mehrere Bücher zur örtlichen Historie verfasst hat. Wie Raab hinzufügt, gebe es zudem schon seit den ersten Jahrhunderten zahlreiche, auch individuelle religiöse Riten rund ums Jahr.
So erstellte man früher in den süddeutschen und österreichischen Klöstern sogenannte Fatschenkindl, eng gewickelte WachsNachbildungen des Jesuskinds. Dazu Antonie Bradl: „Wenn meine Zeit es erlaubt, bastle ich die mit den Landfrauen, ebenso gestalten wir zusammen Andachtsbilder.“Aber besonders am Herzen liegen ihr nach wie vor die beeindruckenden Osterkerzen, mit ihrer zentralen Rolle zum Fest der Auferstehung – sagt sie und strahlt dabei ganz hell.
In der Osternacht wird die Kerze zum ersten Mal entzündet.