Friedberger Allgemeine

Triebtäter-Drama mit Selbstjust­iz

Schwere Kost servieren die Akteure des Neuen Theaters Mering mit dem „Fall Rautermann“. Am Freitag, 12. April, ist die Premiere. Karten sind bereits erhältlich.

- Von Heike John

Nein, ein Wohlfühlst­ück ist es nicht, an dem das Team des Neuen Theaters Mering (NTM) derzeit probt. „Der Fall Rautermann“, ein Drama von Jürgen Baumgarten, hat gesellscha­ftliche Relevanz. Denn das schwierige Thema Kindesmiss­brauch, Vorverurte­ilungen von mutmaßlich­en Tätern, Shitstorm in Social-Media-Kanälen, in denen man sich auch gerne über das Gesetz stellt und im Extremfall sogar Selbstjust­iz übt, das ist allzu oft auch heute Realität. „Wir bringen hier ein brandaktue­lles Thema auf die Bühne, bei dem unserem Publikum aber mit Sicherheit das Lachen vergeht“, sagt Markus Schwab überzeugt.

„Seit dem Tagebuch der Anne Frank im März 2018 haben wir kein ernstes Stück mehr in Angriff genommen“, sagt der NTM-Vorsitzend­e. Denn in letzter Zeit wurde auf der Bühne viel Komödianti­sches dargeboten wie zuletzt bei den NTM Kids mit den Opodeldoks, bei den Erwachsene­n im März 2023 mit „Spamalot – Die Ritter der Kokosnuss“oder auch ein Jahr zuvor bei Ritter Kamenbert. Statt wie zuletzt geschmunze­lt und gelacht dürfte beim neuen Stück auf der Bühne im Dachtheate­r der Schlossmüh­le wohl eher betreten geschluckt werden.

Und das ist die Handlung: Gerd Rauterman, ein verdächtig­ter Kinderschä­nder wird entführt. Freunde einer betroffene­n Mutter wollen ihm ein Geständnis abtrotzen und via Internet Druck auf die Politiker ausüben, um strengere Gesetze einzuforde­rn. In einem abgedunkel­ten Keller, festgebund­en an einem Stuhl verliert der Entführte seine menschlich­e

Würde, denn seine Entführer wenden immer brutalere Methoden an, um ein Geständnis zu erzwingen. Doch auch dann bleiben Zweifel. Ist es nur kranke Geltungssu­cht, die Rautermann zum Geständnis bringt? Wie soll eine Gesellscha­ft mit Opfern und Tätern unfassbare­r Verbrechen umgehen? Für die Internetge­meinde, die ständig auf dem Laufenden gehalten wird, ist der Fall klar und sie fordert den Tod des Kinderschä­nders. Soll man diesem nachgeben und Selbstjust­iz üben? Wie würde das Publikum entscheide­n?

„Es ist ein sehr schwierige­s Stück, mit nur sechs Personen auf der Bühne sowie zwei Moderatori­nnen, und wir haben dafür unsere erfahrenen Schauspiel­erinnen und Schauspiel­er ausgewählt“, berichtet Markus Schwab. Die Bühne ist spartanisc­h ausgestatt­et, die Wände weiß, der Ort stellt einen abgelegene­n Keller dar. Und noch etwas ist besonders bei dieser Inszenieru­ng.

Nicht Markus Schwab alleine, sondern alle führen gemeinsam Regie. „Ich hatte das Stück schon länger im Kopf, hatte es vor einiger Zeit gelesen und es hat mir für unser Team gut gefallen“, berichtet Markus Schwab. „Es hat so eine Vielschich­tigkeit,

ein Schwanken zwischen Empathie und Grausamkei­t. Und sich in diese besondere Situation hineinzufü­hlen, das fordert uns Akteure ganz schön“, bestätigt auch Schauspiel­erin Yvonne Strecker.

Auch wenn die Handlung keineswegs lustig ist, ist das Bühnenteam mit Begeisteru­ng bei der Sache. „Es macht richtig Spaß, an diesem Stück zu arbeiten“. Eine besondere Herausford­erung ist es für Marco Früchtl, der in die Rolle des entführten Rautermann schlüpft und somit den mutmaßlich­en Kindermörd­er spielt. „Ich sitze 70 Prozent der Zeit mit verbundene­n Augen auf der Bühne und bin zudem auch noch angekettet!“

Gert Rauermann sei ein richtiger Psychopath, erklärt Früchtl. Im Stück „Ritter Kamenbert vor zwei Jahren spielte er die Hauptrolle. Für die Darstellun­g des Gert Rautermann muss er sich in verschiede­ne Rollen eindenken. „Es ist ein schlauer Hund, mal aggressiv, mal empathisch“, sagt Marco Früchtl von seiner Bühnenroll­e. Es sei sein erstes Stück mit viel Ernsthafti­gkeit, erklärt der Laienschau­spieler, der in Bobingen beim Volkstheat­er seine ersten Erfahrunge­n sammelte.

Seit Januar wird geprobt, das

Stück dauert mit Pause zwei Stunden. Der Wunsch des NTM-Teams ist es natürlich, alle vier Vorstellun­gen vollzubeko­mmen. „Wir hoffen, dass sehr viele kommen, gerade weil wir Hardcore-Theater spielen“, betont Markus Schwab, ist aber zuversicht­lich. Schließlic­h habe man im 34. Jahr des Bestehens des Neuen Theaters Mering viel Stammkunds­chaft nicht nur in Mering, sondern auch aus der weiteren Umgebung und aus München.

Die neue Inszenieru­ng bietet mit Sicherheit jede Menge Diskussion­sstoff, auch für junge Theaterbes­ucher. „Jünger als 14 Jahre sollten unsere Zuschaueri­nnen und Zuschauer aber nicht sein“, bittet Markus Schwab.

Die Aufführung ist nur für Erwachsene und Jugendlich­e ab 14 Jahren geeignet. Es gibt vier Aufführung­stermine: Freitag, 12. April um 20 Uhr, Sonntag, 14. April um 19 Uhr, Freitag, 19. April, um 20 Uhr und Samstag, 20. April, um 20 Uhr. Karten für 10 Euro (keine Ermäßigung) sind ab 10. März erhältlich entweder zur Abholung direkt bei M-Style Friseur & Barbier in der Münchener Straße 31 oder online bestellbar über die Homepage www.neues-theater-mering.de und auf der Facebook-Seite.

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Fotos: Heike John Schwere Kost ist das aktuelle Stück des Neuen Theaters Mering. Die Inszenieru­ng (hier mit Yvonne Strecker und Marco Früchtl) ist aufgrund ihrer Brutalität nicht für Kinder geeignet.
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Erstmals führt Markus Schwab nicht alleine Regie, sondern alle sechs Akteure des Stückes zusammen.

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