Pflege-App auf dem Prüfstand
Eine Forschergruppe hat untersucht, inwiefern Programme auf Smartphones Angehörigen bei der Versorgung von Hilfebedürftigen unterstützen können. Es gibt Verbesserungsbedarf.
Medikamente vorbereiten, einkaufen, kochen, Körperpflege, Arzttermine und die Suche von Informationen im „Behördendschungel“: Pflegende Angehörige haben nicht nur mit der körperbezogenen Pflege selbst viel zu tun, sondern sind zusätzlich mit einem hohen organisatorischen und zeitlichen Aufwand konfrontiert, um die Pflege zu koordinieren. Kann da eine App auf einem Smartphone helfen?
Dr. Johanna Schütz und Alexander Karl vom Bayerischen Zentrum Pflege Digital in Kempten haben mit einem sechsköpfigen Team ein zweijähriges Forschungsprojekt durchgeführt. Die Fragestellung war: Ist eine existierende App bei pflegenden Angehörigen bekannt, wie wird sie wahrgenommen und wird sie als echte Unterstützung bei der täglichen Pflegearbeit empfunden?
Nach wie vor werden 80 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt. Projektleiterin Johanna Schütz erklärt: „Genau bei dieser Zielgruppe haben wir am Anfang unserer Studie einen Aufruf im Raum Kempten/Oberallgäu gestartet. An der Studie teilgenommen haben 18 pflegende Angehörige, die im Alter zwischen 45 und 65 Jahren und überwiegend weiblich waren – und kaum Vorerfahrungen mit Pflege-Apps hatten.“
Die Teilnehmenden nutzten die im Google Play Store und AppStore von Apple erhältliche App namens NUI Care über einen Zeitraum von fünf Monaten. „Im Studienverlauf führten wir zwei Interviews pro Person durch – vor und nach der Nutzung. In den Interviews interessierte uns vor allem, ob und wie sich die Pflegesituation durch die Nutzung der App verändert, welche Funktionen besonders hilfreich sind und ob die digitale Unterstützung tatsächlich zu einer Entlastung führt.“
Die App bietet verschiedene Funktionen – wie Ratgeber mit Informationen zum Thema Pflege, Kalender, Möglichkeiten, Checklisten
und Berichte zu erstellen sowie Unterstützung bei der Beantragung von Leistungen oder des Pflegegrades. Zudem ermöglicht die App die Kommunikation und die Terminkoordination zwischen Angehörigen sowie den Austausch mit anderen Betroffenen und Pflegeexpertinnen.
Was den Experten und Expertinnen allerdings auffiel: „Nach der Nutzungsphase zeigte sich, dass die Teilnehmenden die Funktionen besonders hilfreich zu Beginn der Pflege einschätzten, wenn pflegende Angehörige sich erst seit kurzer Zeit in einer Pflegesituation befinden.
Insbesondere um einen ersten Überblick über die Beantragung von Leistungen und pflegebezogenes Wissen zu erhalten.“Für zukünftige Apps wünschten sich die Teilnehmenden vertiefende Informationen, auch in Bildern und Videos. Eine weitere Erkenntnis aus der Studie: Die Teilnehmenden würden eine Übersicht regionaler Pflegeangebote sowie die Einbindung professioneller Dienste, etwa ambulanter Pflegedienste begrüßen.
Das Studienteam betont, dass die Einbindung regionaler Pflegeangebote sowie eine regelmäßige Aufbereitung und Kennzeichnung der Inhalte den Mehrwert einer solchen App erhöhen. Außerdem müsse die Bekanntheit von Apps für Pflegende deutlich verbessert werden. (AZ; Foto: Hermann Rupp, Hochschule Kempten)