Brillante Schauspielleistungen in Entführungsdrama
Die NTM-Akteure zeigen mit ihrem neuen Stück, dass auch harte Stoffe gute Bühnenunterhaltung bieten können. Am Freitag und Samstag wird „Der Fall Rautermann“noch einmal aufgeführt.
Schuldig oder nicht schuldig? Das Publikum soll über das Schicksal eines mutmaßlichen Kindermörders abstimmen. Entführt wurde er von einem „Komitee der gerechten Bürger“. Sie wollen von ihm ein Geständnis und von der Politik härtere Strafen für Triebtäter zu erzwingen. Die letzte Konsequenz wäre seine Erschießung. Kein wohliges Unterhaltungsstück, das den Zuschauerinnen und Zuschauern im Neuen Theater Mering in zwei Aufführungen präsentiert wurde. Wohl aber ein Genuss für Freunde glanzvoller Bühnenleistung, wie sie die sechs Schauspielerinnen und Schauspieler im Dachtheater der Schlossmühle erbrachten.
Mutig und rundum gelungen war die Inszenierung des Stücks „Der Fall Rautermann“. Es sind beklemmende Szenen, die sich auf der Bühne abspielen. Ein Kellerraum mit Gitterfenster, auf der rechten Seite ein Stuhl mit Armlehnen, an die der mutmaßliche und sichtlich malträtierte Kinderschänder
mit Handschellen gefesselt ist. Links ein Schreibtisch mit kompletter Computerausstattung, damit alle Aufnahmen und das erzwungene Geständnis des Kinderschänders gleich viral gehen können. Durch die schmalere Bühne, die den engen Kellerraum darstellt, wurde der Theaterraum anders bestuhlt. Das Publikum sitzt sehr nah am Entführungsdrama, was schon eine leichte Beklemmung bereiten kann.
Gespenstische Stille herrscht in den Zuschauerrängen bereits am Anfang, als die Bühne noch im Dunkeln liegt. Dann grelles Neonlicht, Geschrei, erregtes Atmen, die Anspannung der vier Entführer in ihrer Zerrissenheit zwischen Wut und Zweifel an ihrer Aktion überträgt sich. Sie werden überzeugend dargestellt von Yvonne Strecker, Markus Schwab, Ingrid Martin und Stefan Grundei. Die übers Netz hergestellte Öffentlichkeit peitscht ein, schnell werden im Internet Stimmen laut, die den Tod des Gekidnappten fordern. Die fünfte im Bunde ist die Mutter eines der vier verschwundenen Mädchen, gespielt von Simone
Seitz. Auch sie schwankend zwischen Vernunft, Empörung und großer Emotion über den Verlust ihres Kindes. „Ich weiß, es ist nur gespielt, aber ich leide mit Simone, die im richtigen Leben zwei Töchter hat“, gesteht ihre Schwester Irene bei der Premiere.
Wie weit darf Selbstjustiz gehen, wenn Politik und Polizei zu versagen scheinen? Was macht Hass aus Menschen? Geschürt wird dieser immer wieder auch durch das Verhalten des Entführten. „Gert Rautermann ist ein Psychopath“, sagt Marco Früchtl über seine Rolle. Mal macht er sich vor Angst in die Hose, wenn er, die Wollmütze über den Augen, die Pistole an seiner Schläfe spürt. Ein andermal kokettiert er mit Sarkasmus oder zeigt sich empathisch. Dann folgt sein vermeintliches Geständnis. War er es oder nicht?
Anders als die vier anderen langjährigen Spielerinnen und Spieler ist Marco Früchtl im NTMTeam noch relativ neu. Seine herausfordernde Rolle, bei der er größtenteils angekettet und mit verbundenen Augen auf der Bühne sitzt, besetzt er mit Bravour. Begeistert von der Inszenierung zeigen sich auch die 24-jährige Katharina Bader, die selbst mit dem Jugendensemble Neons auf der Bühne steht, und ihre Freundin Sofia Meurer. Diese ist erst 16 und dürfte somit die jüngste Zuschauerin im Publikum gewesen sein. „Die spielen einfach super und ich liebe solche Action!“, sagt sie.
Noch jüngeren Zuschauern wird von dem Stück aufgrund seiner Brutalität allerdings abgeraten. Es gibt noch zwei weitere Aufführungen am kommenden Freitag, 19. April, und am Samstag, 20. April, jeweils um 20 Uhr. Karten sind entweder direkt bei M-Style Friseur & Barbier in der Münchener Straße 31 erhältlich oder online bestellbar über die Homepage www.neues-theatermering.de und auf der FacebookSeite des NTM.