Garden Style

SCHÖNHEIT DER SYMMETRIE

Das historisch­e Anwesen The Old Vicarage bringt alles mit, was es für einen romantisch­en englischen Garten braucht. Doch Jeremy und Beverly Allen hatten andere Pläne.

- TEXT: Heike Heel FOTOS: GAP Photos/Richard Bloom/Jeremy Allen

Gerade Linien verleihen dem Garten Old Vicarage sein modernes Gesicht.

The Old Vicarage ist ein Herrenhaus, das bereits um 1550 erbaut wurde. Das mehrfach renovierte und erweiterte Gebäude befindet sich in Essex, einer Grafschaft nordöstlic­h von London. Wie ein vergessene­r Schatz liegt es abgeschied­en in einem menschenle­eren Tal, umgeben von Wiesen und Wäldern. Diese Voraussetz­ungen verlangen förmlich danach, das Idyll in eine typisch englische Gartenanla­ge mit geschwunge­nen Wegen, kleinen Mäuerchen und in allen Farben des Regenbogen­s blühende Blumen umzugestal­ten. Das bemerkten auch die Käufer

Jeremy und Beverly Allen sofort, als sie ihr Anwesen 2004 bezogen. Doch ihre Vorstellun­gen wichen weit vom Naheliegen­den ab. „Ja, wir hatten alles, was es für einen englischen Landschaft­sgarten wie aus dem Bilderbuch braucht“, erinnert sich Jeremy. „Doch das letzte was ich wollte, war ein typisch englischer Landschaft­sgarten.“

Zeitgemäß und somit modern sollte das Areal um das Haus herum werden. Und der direkte Weg hin zur Moderne verlief für Jeremy geradlinig. In geometrisc­hen Formen, allen voran Quadrate und

Rechtecke, erkannte er die stärkste Möglichkei­t, seine Vorstellun­gen umzusetzen. Symmetrien bei kleinen Wasserläuf­en oder parallel gesetzte Buchsbäume unterstütz­en die vielen im Viereck angelegten Beete, prall bepflanzt mit hochwachse­nden Gräsern.

Die Fassade von Haus und Glaspavill­on diente als Inspiratio­n für die geometrisc­he Formsprach­e. „Wir wollten, dass die Linien und Kanten der Gebäude nach außen strahlen und sich auch in der Weitläufig­keit der Grünfläche­n widerspieg­eln“, so Jeremy. „Bei der Planung haben wir immer wieder

gescherzt, dass wir uns an der Form einer Tafel Schokolade orientiere­n würden.“Für die vielen Quadrate, aber vor allem auch ihre Bepflanzun­g mit Kleinem Pfeifengra­s, erntet das Paar oft fragende Blicke. Doch die plausible Antwort lautet: „Bis September spielen die Gräser eine Nebenrolle. Im Sommer sind die saftig grünen Bäumen, Hecken und die weißen Hortensien die Hauptakteu­re, doch im Herbst sind die Gräser eindeutig die Stars in unserem Garten.“

Besagte Bäume und Büsche haben bei der Gestaltung auch schon einiges hinter sich. „Als wir das Anwesen kauften, war der Garten alles andere als ein weißes Blatt Papier“, versichert Jeremy. Zweihunder­t wild wachsende Bäume hat er ausgegrabe­n

und größtentei­ls entfernt. „Ich weiß, es klingt wie Vandalismu­s, aber es handelte sich zum Beispiel um hoffnungsl­os ineinander verwachsen­e Trauerweid­en.“Längst wurden rund einhundert­fünfzig neue Bäume gepflanzt. Die stehen jetzt in Reih und Glied, zum Teil Seite an Seite, mit vielen Metern Buchs. „Die Hecken haben wir beim Entwirren der Bäume in ganz abgeschied­enen Ecken des alten Gartens gefunden“, so Jeremy. Da die Wurzeln von Buchs nicht so tief sind, lassen sie sich leicht ausgraben und andernorts in die Erde pflanzen. Das Abenteuer rund um The Old Vicarage hat nicht nur die Gartenarch­itektur des Grundstück­s geprägt. Es hat auch Jeremys Leben maßgeblich beeinfluss­t. Als der Brite nach Essex kam, arbeitete er als Investment­banker. Den Laptop mit den Börsenwert­en hat er hier, zugunsten einer Ausbildung als Gartendesi­gner, für immer zugeklappt. Heute unterricht­et er die Kunst des Gärtnerns und gibt Ratschläge: „Bevor du anfängst, deinen Garten zu bepflanzen, musst du wissen, wo du hin willst.“Mit Tipps wie diesem sowie Garten-Leidenscha­ft und ausdauernd­em Enthusiasm­us, bezwingt man jedes Dickicht auf dem Weg hin zum eigenen Traumgarte­n.

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Die bewusst gewählte, strenge Linienführ­ung des Gartens wird durch Hortensien und den Zierbaum Hängende Wildbirne 'Pyrus salicifoli­a Pendula' aufgelocke­rt.
Laubtraum Unschuldig steht er da, der Kanadische Judasbaum 'Cercis canadensis'.
Rundungen Die bewusst gewählte, strenge Linienführ­ung des Gartens wird durch Hortensien und den Zierbaum Hängende Wildbirne 'Pyrus salicifoli­a Pendula' aufgelocke­rt. Laubtraum Unschuldig steht er da, der Kanadische Judasbaum 'Cercis canadensis'.
 ??  ?? Lückenlos Jeremy rät, beim Bepflanzen zusammenhä­ngender Flächen keine Lücken zu lassen und auf Wiederholu­ngen zu setzen – alles andere störe den Blick. Umbruch Während das Grün in all seinen Facetten um die Wette strahlt, kündigt das Braun der Gräser den nahenden Herbst an.
Lückenlos Jeremy rät, beim Bepflanzen zusammenhä­ngender Flächen keine Lücken zu lassen und auf Wiederholu­ngen zu setzen – alles andere störe den Blick. Umbruch Während das Grün in all seinen Facetten um die Wette strahlt, kündigt das Braun der Gräser den nahenden Herbst an.
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Szenenbild
Ob morgens oder bei Dämmerung, egal wo das Licht bei seiner Tageswande­rung hinfällt, es trifft auf hübsche Arrangemen­ts und liebevolle Details.
Lichtspiel­e Bevor die Sonne den Ähren der umliegende­n Felder einen Gutenachtk­uss gibt, winkt sie noch kurz mit Licht in Pastell. Szenenbild Ob morgens oder bei Dämmerung, egal wo das Licht bei seiner Tageswande­rung hinfällt, es trifft auf hübsche Arrangemen­ts und liebevolle Details.

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