GÄRTNER AUS LEIDENSCHAFT
Wenn Roel Vorsthof über sein grünes Reich spricht, vergleicht er es oft mit einem Bild; er selbst ist der Maler, der Farben und Formen immer neu kombiniert.
Wenn der Spätsommer den Herbst anstupst, beginnt die schönste Zeit.
Jeden Morgen, wenn ich die Vorhänge öffne, beginnt die Vorstellung von Neuem“, sagt Roel Vorsthof. Denn jeden Morgen hat sich der Garten, auf den er vom Haus aus hinunterblickt, ein klein wenig verändert, wie eine Art lebendiges Gemälde. Bei seinem täglichen Rundgang durch den Garten erfreut er sich an jeder gerade erst erwachten Blume, an den sich wechselnden Schattierungen, die Jahreszeit und Sonnenstand mit sich bringen, an den Vögeln, die sich in einem der vielen Bäume niederlassen und den Tag mit ihrem Gesang verzaubern. Wenn es warm genug ist, frühstücken Roel und seine Frau Karin oft inmitten des Grüns, gewissermaßen als Teil des Kunstwerks. Verantwortlich dafür ist Roel: Während seine Frau sich lieber in der Küche aufhält und immer neue Gerichte kreiiert, geht ihr Mann komplett in der Gartenarbeit auf: Er kümmert sich um alles, was dort anfällt, vom Rasenmähen, Gießen und Düngen bis hin zum Setzen von neuen Pflanzen.
Als die Vorsthofs vor 30 Jahren auf das rund 500 Quadratmeter große Gartengrundstück zogen, bestand der Garten mehr oder weniger aus einer verwahrlosten Grünfläche mit umgestürzten Koniferen-Hecken. Erst richtete das Paar seine ganze Aufmerksamkeit darauf, das Haus zu renovieren – doch dann widmete sich Roel mit Hingabe dem Garten. Zunächst setzte er aufs Geratewohl einige Pflanzen, die ihm gefielen. Aber nachdem er andere Gärten besucht hatte, erkannte er, dass es sei
nem eigenen Garten an Struktur mangelte. „Farben passten nicht zueinander und größere Pflanzgruppen fehlten“, erzählt der Niederländer. „Dabei“, sagt er, „müssen Gärten Menschen bewegen und als Kunst gesehen werden.“So wie ein Maler alle Elemente zu einem Bildnis arrangiert, begann Roel, Farben und Formen zusammenzustellen, mit Blumen ein lebendiges Gesamtkunstwerk zu kreieren. Das Zentrum bilden Sonnenbraut, Indianernessel und Knöterich, dazu setzte er Wiesenrauten, Verbenen, Wiesenknopf und Fenchel. Dahlien, die er einst nicht mochte, erfreuen den Garten-Liebhaber jetzt bis in den Herbst hinein mit ihren leuchtenden Farben, genau wie die lila-gelben Köpfe des Sonnenhuts. Rote Blüher wie Purpurglöckchen, Blumenrohr und Wunderbaum bilden einen kräftigen Kontrast dazu. Ebenfalls im Garten zu finden sind nicht winterharte Sorten wie die Knollige Seidenpflanze mit ihren orangefarbenen Blüten. „Früher habe ich sie gemieden, die nicht winterharten Pflanzen“, erzählt Roel Vorstof, „aber jetzt will ich sie nicht mehr missen.“
Meinung: „Bei einer so großen Blumenpracht ist es wichtig, dass es einige Ruhepunkte gibt.“Ein weiterer Rückzugsort ist die Veranda: Wer dort steht und einen Moment innehält, dem eröffnet sich ein malerischer Blick über den Garten. „Unser Garten ist für uns ein privates Paradies, in dem man sich rundum wohlfühlen kann“, sagt er, „ein Garten, in dem das Herz singt und deine Seele sich zu Hause fühlt.“
Wichtig ist dem Gartenbesitzer auch eine gewisse Privatsphäre, um sich voll und ganz wohlzufühlen: Aus diesem Grund gibt es hier viele hohe Hecken und Bäume, die das Grundstück gegen neugierige Blicke von außen abschirmen. Nach und nach hat er die Anlage rund um das Haus in einen Cottage-Garten verwandelt, „mit einem Hauch von ‘New Dutch Wave‘ “, wie Roel Vorsthof sagt. Die sogenannte „Dutch Wave“ist Teil der „New Perennial“-Bewegung („perennial“heißt auf deutsch so viel wie „Mehrjährige“). Sie geht auf den 1944 geborenen Landschaftsgärtner Piet Oudolf zurück.
Das Ziel der Bewegung ist es, einen Garten so natürlich wie möglich aussehen zu lassen, auch wenn ganz genau geplant ist, wo welche Pflanzen in welchen Farben und Formen angelegt werden.
Um an einer der prächtigen Blüten zu schnuppern, muss man sich hier in den seltensten Fällen hinunterbeugen. „Wir Gartenliebhaber sind ohnehin allzu oft mit dem Hintern in der Luft“, sagt Roel Vorsthof schmunzelnd. Beim Gärtnern setzt er auf die vertikale Ebene und pflanzte beispielsweise Duftnesseln, Rittersporn, Knöterichgewächse und Fackellilien. Schließlich, so sagt er, käme ja auch kein Mensch auf die Idee, ein Gemälde zum Bewundern auf den Boden zu legen – und ebenso verhält es sich mit seinem gepflanzten Kunstwerk.
Ein Garten sollte seinen Betrachter tief im Herzen berühren