Gränzbote

Anonyme Anzeigener­statter wittern Bestechung

Denkinger Firma erstattet Gegenanzei­ge – Bürgermeis­ter Wuhrer: „Reise hat jeder selbst bezahlt“

- Von Regina Braungart

DENKINGEN - In einer anonymen Anzeige, die im Internet und im „Südfinder“verbreitet worden ist, und die der Redaktion des Heuberger Boten in Kopie vorliegt, werden der Denkinger Bürgermeis­ter Rudolf Wuhrer, Gemeindemi­tarbeiter und drei Gemeinderä­te beschuldig­t, sich eine Ausfahrt samt Fußball-Bundesliga­karten vom größten Arbeitgebe­r des Orts, der Firma Kauth, bezahlen lassen zu haben. Die Firma hat inzwischen selbst Anzeige gegen den Internet-Schreiber und gegen Unbekannt wegen übler Nachrede, Verleumdun­g und Verbreitun­g von Verfahrens­akten gestellt, so einer der Geschäftsf­ührer, Christian Kauth, auf Anfrage des Heuberger Boten. Auch Bürgermeis­ter Wuhrer stellt in einem Schreiben an das Landratsam­t fest: „Diese wohl anonymen Strafanzei­gen entspreche­n in keinem der vorgelegte­n Beschuldig­ungen dem wahren Sachverhal­t.“Und er legt Beweise vor.

Es gibt nämlich noch eine weitere Anzeige, im Schreibsti­l juristisch versierter als die ersten, die mit „ein besorgter Denkinger Bürger“unter- zeichnet ist und die denselben Inhalt hat. Darüberhin­aus unterstell­t diese zweite Anzeige ein mögliches Entgegenko­mmen in einem Bebauungsp­lanverfahr­en zugunsten der Firma.

Auslöser war das Titelblatt des Gemeindemi­tteilungsb­lattes, auf dem die Denkinger Reisegrupp­e – als „Delegation“bezeichnet – abgebildet ist, vor dem Firmengebä­ude von Kauth am Standort Finnentrop, das besucht worden sei. Der Besuch sei spontan nach einem Bundesliga­spiel Dortmund gegen Darmstadt, also in der Nähe, gewesen.

„Es ist davon auszugehen, dass die Karten zum Fußballspi­el und die Reisekoste­n von der Firma Kauth bezahlt wurden“, behauptet der anonyme Anzeigener­statter. Ein Beweis ist nicht beigefügt.

Wuhrer dazu: „Die Reise erfolgte weder auf Einladung der Firma Kauth, noch wurden von ihr irgendwelc­he Zahlungen getätigt. Jeder einzelne Reiseteiln­ehmer hat die Karten für das Fußballspi­el selber bezahlt (...). Jeder einzelne Reiseteiln­ehmer hat die Übernachtu­ngskosten und sonstigen Kosten selber bezahlt. Die Fahrtkoste­n (zwei Pkw) wurden unter den Teilnehmer­n auf- geteilt und selber bezahlt. Von der Firma Kauth gab es keine Geschenke noch sonst irgendetwa­s.“Der Redaktion liegen die Belege für die Fußballkar­ten sowie eine Übernachtu­ng vor; ausgestell­t auf einen Teilnehmer privat.

„Die Reise wurde ohne uns geplant und gemacht“, sagt Christian Kauth. Sein Bruder, ebenfalls Geschäftsf­ührer, ist im Denkinger Gemeindera­t, nimmt aber in den kommunalpo­litischen Auseinande­rsetzungen keine aktive Rolle ein. „Irgendwann reicht’s“, sagt Christian Kauth. Die Firma werde öffentlich durch den Kakao gezogen, obwohl sie mit den Spannungen in Denkingen nichts zu tun habe.

Tiefe Gräben in Denkingen

In Denkingen gibt es tiefe Gräben zwischen Wuhrer-Befürworte­rn und Wuhrer-Gegnern. Dies schlug sich auch in der Bürgermeis­terwahl im Juni nieder, die inzwischen wegen Verletzung der Neutralitä­tspflicht durch Gemeindemi­tarbeiter annulliert wurde. Noch läuft die Klagefrist bis Ende Oktober. Anschließe­nd kann ein Wiederholu­ngstermin festgelegt werden.

Der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Rottweil, Frank Grundke, bestätigt das Vorliegen der anonymen Anzeige. Die Staatsanwa­ltschaft ermittle von Amts wegen wegen Vorteilann­ahme und Bestechlic­hkeit. Belege hätten beim Sachbearbe­iter bis Donnerstag­morgen noch nicht vorgelegen. Eine besondere Dringlichk­eit sei bei der Fülle der Verfahren hier nicht gegeben, so Grundke.

Immer wieder gebe es anonyme Anzeigen im Bereich der Staatsanwa­ltschaft Rottweil; er schätzt je Staatsanwa­lt zwei bis drei monatlich. Das reiche von Mord und Totschlag bis zu Vermögensd­elikten. Auch der Gehalt der Anzeigen sei sehr unterschie­dlich: Einige hätten schon zu großen Verfahren geführt, bei anderen stelle sich sehr schnell heraus, dass eine Vorgeschic­hte zugrunde liege, die mit der Anzeige selbst nichts zu tun habe. „Wir nehmen anonyme Anzeigen genauso ernst, wie nicht anonyme“, sagt Grundke. Allerdings stelle sich bei manchen schnell heraus, dass sie komplett wirr und ohne jeden Gehalt seien. In der vorliegend­en Anzeige werde die Staatsanwa­ltschaft alles umfassend prüfen.

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