Ungarischer Minister fordert „mehr Realismus“in Europa
Mitglied der Orbán-Regierung spricht auf CDU-Bezirksparteitag zur Flüchtlingskrise – Bareiß wiedergewählt
BAD SAULGAU - Vor knapp 170 Delegierten ist am Freitagabend in Bad Saulgau der 41. Bezirksparteitag der CDU Württemberg-Hohenzollern eröffnet worden. Die Parteiversammlung war mit Spannung erwartet worden, weil die Positionierung der CDU in der Flüchtlingsfrage seit Wochen zu erheblichen Spannungen in der Partei geführt hat.
Der Bezirksvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß stellte in seiner Begrüßungsrede den Landtagswahlkampf in den Mittelpunkt. Man sei hoch motiviert, „der grün-roten Gurkentruppe in Stuttgart Dampf zu machen“. BadenWürttemberg habe etwas anderes verdient als „das grün-rote Gemurkse“. Bareiß hob die Verbundenheit des Spitzenkandidaten Guido Wolf mit der Region hervor, der sei „das Cleverle“und „passt zum Ländle“. Er schwärmte von den „starken Persönlichkeiten und Charakterköpfen“in der CDU, und erwähnte Bundeskanzlerin Angela Merkel kaum.
Rottenburger OB lobt Merkel
Bestimmendes Thema war am Freitag aber der Umgang mit den Flüchtlingen. Der Bezirksvorsitzende lobte die Hilfsbereitschaft, wies aber die Meinung, dass Deutschland sich durch die Flüchtlinge zu einem besseren Land entwickele, zurück und erklärte: „Ich Deutschland.“
Sehr deutlich wehrte sich der Rottenburger Oberbürgermeister Stephan Neher gegen die Äußerungen von Bareiß und erklärte: „Wir müssen Merkel den Rücken stärken.“Neher hatte am Vortag gemeinsam mit mehr als 30 Bürgermeisterkollegen und Landräten in einem Brief der Bundeskanzlerin Unterstützung für ihre klare Haltung und ihr Durchhaltevermögen zugesichert. Thomas
will kein anderes Bareiß wurde nach der Aussprache mit 95, 1 Prozent der abgegebenen Stimmen als Bezirksvorsitzender wiedergewählt.
Bareiß hatte als Gastredner Zoltán Balog eingeladen. Der ungarische Pastor und Minister für Humanressourcen – dazu gehören die Dossiers Gesundheit, Soziales und Bildung –, sprach zum Thema „Herausforderungen in Europa gemeinsam meistern“. Der 57-jährige enge Berater des ungarischen Ministerpräsi- denten Viktor Orbán erklärte, dass die öffentliche Wahrnehmung seiner Regierung sich in den letzten Wochen in Westeuropa zum Positiven gewandelt habe. Dennoch gehöre heute Mut dazu, einen ungarischen Politiker nach Deutschland einzuladen. Unter frenetischem Beifall erklärte der Ungar, dass in die europäische Politik wieder mehr Realismus einziehen müsse. Die Ungarn hätten in der Flüchtlingspolitik „ihre Hausaufgaben gemacht“sagte Balog.
Heute kommt Dobrindt
Es werde in den Diskussionen am Samstag mit dem Landesvorsitzenden Thomas Strobl und dem Spitzenkandidaten Guido Wolf keine Festlegung entweder auf die Linie Merkels oder die des CSU-Chefs Horst Seehofer geben, sagte der Europaparlamentarier Norbert Lins im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Da man als Landesverband sehr nahe an Bayern liege und Seehofer eine andere Politik vertrete als Bundeskanzlerin Merkel, sei die Stimmung zwischen den Positionen „etwa fifty-fifty“, erklärte der Ravensburger Lins.
Heute wird in Bad Saulgau neben Guido Wolf und Thomas Strobl auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) erwartet. Spitzenkandidat Wolf will in seiner Rede über „eine Politik für die Mitte der Gesellschaft“sprechen.