Alle Länder ziehen an einem Strang
Bundesrat beschließt Asyländerungen – Kretschmann fordert schnellere Verfahren
BERLIN - So viel Einigkeit war selten: Im Bundesrat stimmten bis auf drei Enthaltungen alle Länder den Asyländerungen zu. Alle wissen auch: Das wird nicht ausreichen, weitere Gesetze sind zu erwarten. Von einem „guten Tag für die Demokratie“, sprach Innenminister Thomas de Maizière nach der Abstimmung.
„Wir haben diesen verdammten Druck“, schildert Malu Dreyer, Ministerpräsidentin aus RheinlandPfalz, die Situation. Mit besonderer Spannung wurden die Reden von Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der als Grüner einer Asylverschärfung in einigen Punkten zustimmen muss, und den Bayern erwartet, die die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel rundweg ablehnen. Ministerpräsident Horst Seehofer schickte, obwohl er selbst anwesend war, seinen Bundesratsminister Marcel Huber vor. „Das alles ist noch lange nicht genug“, sagte Huber. „Wir glauben, es geht nur, wenn wir den Zuzug deckeln.“Oder aber, wenn man vorhandene Gesetze anwende.
Wenn es in einer EU der 28 am Ende „27 Transitländer und nur ein Aufnahmeland“gebe, sei das nicht logisch. Bayern müsse darüber nachdenken, die Binnengrenzen zu sichern, wenn andere europäische Länder Schengen nicht anwenden. Also die Regelung, dass das EULand, das einem Asylsuchenden die Einreise gestattet, auch für das Asylverfahren zuständig ist.
Doch wie bitte sichert man Grenzen? Mit neuen Zäunen? Das mag schränkte Leistungen. Finanzielle Anreize sollen vermieden werden, Sachleistungen sollen Geldleistungen ersetzen. Asylbewerber mit guten Aussichten auf ein Bleiberecht, zum Beispiel Syrer, können an Integrationskursen schon vor der Bewilligung des Asylantrags teilnehmen. Asylsuchende mit Arztausbildung sollen Flüchtlinge behandeln dürfen. ( sal) sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow gar nicht erst vorstellen, „damit fiele Europa in die Zeit vor 1990 zurück“. Auch Hannelore Kraft, die NRW-Ministerpräsidentin, bittet Huber um eine Erklärung. Wie wolle man Menschen bewegen, in Transitzonen zu gehen, wenn sie auch über andere Wege ins Land kommen können? Kraft warnt, Verunsicherung sei der Nährboden, auf dem andere ihr Süppchen kochen.
Winfried Kretschmann hält die Flüchlingskrise für eine der größten Herausforderungen seit der Wiedervereinigung. Man könne nur auf Sicht fahren, so Kretschmann, „das bedeutet aber nicht, dass wir im Nebel stochern, denn wir haben einen klaren Kompass“.
Kretschmanns Appell
Kretschmann sagte, man solle sich auf die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung stützen, nicht auf die Angst. Die müsse man zwar ernst nehmen, „schließlich sind wir selbst besorgt“, aber jeder Bürgermeister müsse auch klare Ansagen machen und Gerüchten, wie sie derzeit überall im Umlauf sind, entgegentreten.
Kretschmann endet mit einem Appell an den Innenminister, die Asylverfahren zu beschleunigen. Die Integration entscheide darüber, ob aus Flüchtlingen Leistungsempfänger oder Leistungsträger werden.
„Wir können die Aufgabe schaffen“, variiert Kretschmann Merkels „wir schaffen das“. Annegret KrampKarrenbauer, die CDU-Ministerpräsidentin aus dem Saarland, teilt diese Einschätzung. Der Föderalismus erlebe gerade einen guten Tag.