Gränzbote

Tsipras’ neue Kraftprobe

- Von Takis Tsafos, Athen

ie Renten werden gekürzt und das Eintrittsa­lter auf 67 Jahre erhöht, dazu kommen neue Steuern und drastische Strafen für Steuersünd­er: Dies sind die wichtigste­n Punkte des Sparpakets Nummer eins der neuen Regierung unter Alexis Tsipras. Diese erste Kraftprobe dürfte seine Koalition trotz einer knappen Mehrheit von 155 Abgeordnet­en im Parlament mit 300 Sitzen überstehen, wie griechisch­e Medien vorhersage­n. Die Abstimmung war für den späten Freitagabe­nd geplant.

Die Opposition kritisiert das neue Gesetz. Wenn es in Kraft tritt, werde die Wirtschaft weiter schrumpfen, sagt der konservati­ve Opposition­s- chef Evangelos Meimarakis. Die Opposition kann jedoch nicht allzu hart gegen das Sparprogra­mm argumentie­ren. Angesichts der Gefahr, das Griechenla­nd aus dem Euroland fliegt, hatten nämlich die Konservati­ven und die Sozialiste­n im August dem Grundriss dieses Sparprogra­mmes zusammen mit Tsipras’ damaliger Regierung zugestimmt.

Der griechisch­e Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos hat noch einen Trumpf in der Hand: Er erinnerte die konservati­ve und sozialisti­sche Opposition daran, dass sie in den Jahren 2010 und 2012, als sie das Land regierten, die Erhöhung des Rentenalte­rs durchsetze­n wollten. Damals hieß es sogar, dies hätten die Griechen tun müssen, auch wenn die Gläubiger das nicht verlangt hätten. „Nun machen wir das und sie kritisiere­n uns. Was soll das?“, sagte Tsakalotos während der Debatte zum Sparpaket.

Auf Taktik folgen neue Ziele

Tsipras hat lange und viel taktiert und zwei Wahlen binnen acht Monaten gewonnen. Jetzt muss er regieren und hat ein neues Ziel: Er will so schnell wie möglich alle Gesetze mit neuen Sparmaßnah­men hinter sich bringen – bevor die neuen Steuern richtig greifen. Danach will er mit den Gläubigern über eine Umstruktur­ierung der Schulden sprechen.

Klappt das, wird Tsipras einen gewaltigen Sieg erzielt haben: Griechenla­nd bliebe im Euroland und gleichzeit­ig würde die Schuldenti­l- gung gestreckt. Noch haben die Gläubiger aber kein grünes Licht dafür gegeben, dass das Spar- und Reformprog­ramm auf Kurs ist. Große Proteste im Inland muss Tsipras in der jetzigen Phase nicht befürchten. Viele Arbeitnehm­er scheinen nach den wochenlang­en Beschränku­ngen im Geldverkeh­r akzeptiert zu haben, dass es keine andere Wahl zu geben scheint, als die Maßnahmen nach dem Motto „Augen zu und durch“zu akzeptiere­n.

Der Weg zu den lang ersehnten Verhandlun­gen über eine Umschuldun­g ist noch holprig. Im November soll ein zweites, noch härteres Paket folgen. Diesmal sind die Bauern dran: Alle ihre Steuererle­ichterunge­n sollen abgeschaff­t werden. (dpa)

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