Gränzbote

Gefängnis für Mord an Eisverkäuf­erin

Fast drei Jahrzehnte nach der Tat bei Karlsruhe fällt Urteil gegen 48-Jährigen

- Von Anika von Greve-Dierfeld

KARLSRUHE (dpa) - 28 Jahre nach dem Mord an einer jungen Eisverkäuf­erin in Karlsruhe ist ihr Mörder am Freitag zu sechs Jahren Haft verurteilt worden.

Der greise Vater der ermordeten Eisverkäuf­erin betritt als Letzter den Gerichtssa­al. Kurz vor der Urteilsver­kündung des Landgerich­ts Karlsruhe am Freitag humpelt er an einer Krücke und gestützt von seinem Anwalt an seinen Platz. Sechs Jahre Jugendstra­fe für den Mörder seiner Tochter, der zum Tatzeitpun­kt 20 Jahre alt war. Antonella starb 1987 in einem Karlsruher Wald, erdrosselt, missbrauch­t. Tot sechs Wochen, nachdem sie für den Job in einer Eisdiele nach Deutschlan­d gekommen war. Tot mit 25 Jahren.

Opfer schwer misshandel­t

Der 48-jährige Angeklagte hört das Urteil und schließt kurz die Augen. Sechs Jahre für den Mord an der jungen Italieneri­n, die zur falschen Zeit am falschen Ort war. Die ihn nur etwas fragen wollte, und dann von ihm verfolgt, vom Fahrrad gerissen und mit bloßen Händen erwürgt wird.

Er habe die junge Frau aus sexuellen Motiven attackiert und umgebracht, ist sich die Große Jugendkamm­er unter Vorsitz von Richter Peter Schweikart sicher. Während der späteren Misshandlu­ngen und dem Missbrauch sei die Frau schon nicht mehr bei Bewusstsei­n oder bereits tot gewesen. Der Täter wickelt ihr eine Kordel um den Hals und bindet sie straff an Bäumen fest.

Das Geständnis rechnet ihm das Gericht hoch an. Denn der in der Schweiz lebende Mann stellt sich im Februar in Basel selbst den Behörden. Die Bilder der Tat quälen ihn Nacht für Nacht, bis er die Schuld nicht länger erträgt. „Ohne dieses Geständnis wäre der Täter nie gefasst worden“, sagt Schweikart.

Beim Strafmaß folgt das Gericht dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft, in der Begründung dem Gutachten des Sachverstä­ndigen Hartmut Pleines. Der Mann sei bei seiner schrecklic­hen Tat als 20-Jähriger weder geistig noch emotional altersgemä­ß entwickelt und nur eingeschrä­nkt steuerungs­fähig gewesen. „Das Jugendstra­frecht ist daher angemessen“, so das Gericht.

Der 48-Jährige schafft nie einen Schulabsch­luss. Er erlebt eine Kindheit ohne Bindung, ohne Förderung, ohne Zuneigung, Wärme oder Liebe. Seinen Vater kennt er nicht, zeitweise lebt er im Heim. „Ich hatte Angst vor mir selber und wie brutal ich war“, sagt der Angeklagte im Laufe des Prozesses.

„Sie haben Sühne gesucht“

Als er den Mord begeht, ist er in einem seelischen Zustand, der eigentlich den stationäre­n Aufenthalt in einer Klinik erfordert hätte, meint der Gutachter. Dass er nach dem Umzug in die Schweiz fast 30 Jahre lang in der Lage war, nicht noch einmal ge- walttätig zu werde und sich später zu stellen, sei eine beachtlich­e Reifeleist­ung.

Am Schluss wendet sich Richter Schweikart noch einmal an den Mann auf der Anklageban­k. „Sie haben Sühne gesucht, die Sühne ist jetzt eingetrete­n. Vielleicht können Sie ihren Frieden machen.“Er hofft, dass der 48-Jährige das Urteil annimmt und auf Revision verzichtet – „aus Respekt vor Antonellas Familie“. Der Anwalt will dies mit seinem Mandanten erst noch besprechen.

„Es tut mir leid, was ich getan habe. Es tut mir auch leid für die Familie“, hatte der Täter nach den Plädoyers gesagt.

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FOTO: DPA Bilder seines Verbrechen­s quälten ihn, bis er die Tat gestand: Der 48- Jährige muss sechs Jahre in Haft.

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