Gränzbote

Castrol will Ölwechsel erheblich vereinfach­en

Neues System setzt auf Kartuschen wie beim Drucker – Noch mindestens fünf Jahre bis zur Einführung

-

chmierige Finger? Könnten in einigen Jahren der Vergangenh­eit angehören. Castrol hat nach dem Prinzip von Druckerpat­ronen eine revolution­äre ÖlwechselK­artusche entwickelt.

Wir stellen uns mal vor, die Sekretärin schraubt am Bürodrucke­r herum, baut dann den Filter aus, reinigt brav den Tank und füllt aus kleinen Ampullen frische Tinte nach. Undenkbar. Glückliche­rweise haben pfiffige Ingenieure auswechsel­bare Patronen erfunden. Klick, klack, und die Sache ist erledigt. Genauso einfach, sauber und schnell soll künftig der Ölwechsel im Autogewerb­e ablaufen. Zumindest, wenn es nach den Prognosen der BP-Tochter Castrol geht. Deren Techniker haben ein System entwickelt, das den klassische­n Ölwechsel in der Werkstatt revolution­ieren soll. Es nennt sich Nexcel. Ähnlich wie bei einem Drucker lässt sich am Otto- oder Dieselmoto­r eine Altöl-Kartusche auswechsel­n – inklusive Ölfilter. „Das ermöglicht den Austausch von Alt- zu Frischöl innerhalb von 90 Sekunden, 13-mal schneller als ein gewöhnlich­er Ölwechsel, der gut 20 Minuten dauert“, sagt Oliver Taylor. Der Projektlei­ter sieht in der neuen Technologi­e gar die „größte Ölwechsel-Innovation“der automobile­n Geschichte.

Laut Castrol kann bei dem neuen und äußerst sauberen Wechselsys­tem das Altöl zu 100 Prozent wiederaufb­ereitet werden. Auch Ölschwund werde vermieden, was der Umwelt zugute komme. „Wären heute alle Autos auf der Welt mit Nexcel ausgerüste­t, ließen sich jedes Jahr mehr als 200 000 Straßentan­kwagen an zu produziere­ndem Frischöl einsparen“, sagt Paul Waterman, Vorstandsc­hef von Castrol. Gleichzeit­ig verspricht er mehr Komfort für den Autofahrer. Dieser müsse keine zeitrauben­den Termine mehr einplanen, sondern könne die Kartusche austausche­n lassen, während er bei einer Tasse Kaffee wartet oder ein paar E-Mails checkt. Zudem soll der Nexcel-Ölwechsel nicht teurer sein als ein konvention­eller.

Verbrauch könnte sinken

Taylors Angaben zufolge kommt noch ein weiterer Umweltaspe­kt hinzu. Da in der Kartusche auch einige elektronis­che Bauteile stecken – sie messen unter anderem die Qualität des Öls und den Ölverbrauc­h –, könne der Schmiersto­ff exakt nach dem Bedarf des Motors dosiert wer- den. Von Vorteil sei dies besonders unmittelba­r nach dem Kaltstart. Die eingesetzt­e kleinere Ölmenge werde wesentlich schneller erwärmt, was die Reibung im Motor vermindere. Laufe er leichter, verbrauche er auch weniger, was letztlich den CO2-Ausstoß sinken lasse.

Das System wurde in den vergangene­n drei Jahren bereits in einer Vielzahl von Motoren getestet, vom kleinen Dreizylind­er in modernen Stadtautos bis hin zum VollblutRe­nnmotor. Die Kartuschen mussten dabei auch Extremtest­s verkraften. „Wir haben den Ölfluss auf bis zu 600 Liter pro Minute hochgefahr­en“, sagt Taylor, „das ist zehn- bis zwanzigmal mehr als in normalen Motoren.“Die Nexcel-Einheit, insgesamt nur etwas größer als eine Autobatter­ie, soll auch Schmiersic­herheit bieten bei G-Kräften, die dem 1,8-fachen der Erdbeschle­unigung entspre- chen. „Dies ist vergleichb­ar mit einer Vollbremsu­ng aus 100 km/h auf Null in nur 1,6 Sekunden“, erklärt der Projektlei­ter.

Kein nachträgli­cher Einbau

Bis der normale Autofahrer von Nexcel profitiere­n kann, werden noch mindestens fünf Jahre vergehen. Das System lässt sich nicht so einfach an einen bestehende­n Motor andocken, sondern muss schon im frühen Stadium der Entwicklun­g mit einbezogen werden. Heißt: So lange die Autoherste­ller keine neue Motorengen­eration ins Auge fassen, bleibt alles beim Alten. Ein nachträgli­cher Einbau ist ausgeschlo­ssen. Castrol steht derzeit aber mit einigen Autobauern in engem Kontakt.

Das erste Demonstrat­ionsobjekt, in dem das System zum Einsatz kommt, ist das Rennfahrze­ug Vulcan von Aston Martin. Dort handelt es sich allerdings um ein Hochleistu­ngsaggrega­t mit Trockensum­pfschmieru­ng, einer Technik, die aus Kostengrün­den in nur sehr wenigen Straßenaut­os zu finden ist. Der Porsche Carrera beispielsw­eise gehört dazu. Für konvention­elle ÖlwannenMo­toren will Castrol Nexcel in rund zwei Jahren vorstellen. (spx)

 ?? FOTO: CASTROL ?? Ölwechsel mit weißen Handschuhe­n: Eine Kartusche soll’s in einigen Jahren möglich machen.
FOTO: CASTROL Ölwechsel mit weißen Handschuhe­n: Eine Kartusche soll’s in einigen Jahren möglich machen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany