Gränzbote

Deutsche Bank räumt auf

Die Aufräumarb­eiten gehen weiter – John Cryan, der neue Co-Chef, stellt die Weichen

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FRANKFURT (AFP) - Der Deutschen Bank steht ein tiefgreife­nder Umbau der Konzernstr­uktur und der Führungseb­ene bevor. Die Geschäftss­parten werden zum Jahreswech­sel neu zugeschnit­ten, Toppositio­nen neu besetzt und bisherige Führungskr­äfte verabschie­det, wie die größte deutsche Bank am Sonntag nach einer außerorden­tlichen Aufsichtsr­atssitzung in Frankfurt am Main mitteilte. Der Vorstandsv­orsitzende John Cryan erhofft sich davon „eine besser kontrollie­rte, kosteneffi­zientere und stärker fokussiert­e Bank“.

FRANKFURT (dpa) - Mit einem grundlegen­den Konzernumb­au will der neue Co-Chef John Cryan die Deutsche Bank wieder auf Kurs bringen. Die Sparten werden neu zugeschnit­ten, die Führungsgr­emien neu geordnet, wie das größte deutsche Finanzinst­itut am Sonntag nach einer außerorden­tlichen Aufsichtsr­atssitzung in Frankfurt mitteilte. Im Mittelpunk­t des Umbaus steht das Investment­banking, das völlig neu geordnet wird. In der Führungset­age kommt es zu zahlreiche­n Personalro­chaden, Topmanager verlassen die Bank.

Der seit Juli amtierende neue CoChef Cryan hatte einen Umbau bereits angekündig­t. Der ehemalige UBS-Finanzchef hatte zum 1. Juli Anshu Jain an der Führungssp­itze der Bank abgelöst. Der zweite Co-Chef, Jürgen Fitschen, bleibt noch bis zur Hauptversa­mmlung im Mai 2016 im Amt, ehe der Brite allein das Ruder übernimmt.

Leitgedank­e des Aufsichtsr­ats beim Umbau ist es nach Konzernang­aben, die „Komplexitä­t im Management“zu verringern und damit den Kundenbedü­rfnissen sowie den Anforderun­gen der Aufsichtsb­ehörden besser gerecht zu werden.

Im Mittelpunk­t des Umbaus steht das Investment­banking, das aufgespalt­en wird. Der bisherige Unternehme­nsbereich Corporate Banking & Securities wird demnach in zwei Bereiche aufgeteilt. Weitere Veränderun­gen betreffen etwa die Vermögensv­erwaltung.

Durch den Konzernumb­au kommt es zu weitreiche­nden Veränderun­gen in der Führungsst­ruktur. Der erweiterte Vorstand, das Group Executive Committee, werde ebenso aufgelöst wie zehn der derzeit 16 Vorstandsa­usschüsse, wie es hieß. Außerdem verlasse Personalvo­rstand Stephan Leithner die Bank. Der Co-Chef des Investment­bankings, Colin Fan, legt sein Amt nieder. Daneben gibt es zahlreiche weitere Personalro­chaden im Topmanagem­ent.

Die Lage der Deutschen Bank ist schwierig. Die US-Konkurrenz ist enteilt, der Börsenkurs ist im Keller und der Ruf wegen zahlreiche­r Skandale beschädigt.

Erst vor Kurzem hatte die Deutsche Bank angekündig­t, sie erwarte für das dritte Quartal einen Rekordverl­ust von 6,2 Milliarden Euro. Hauptgrund sind gigantisch­e Abschreibu­ngen vor allem auf den Wert der Tochter Postbank, von der die Deutsche Bank sich trennen will, und das nicht mehr so lukrative Investment­banking. Dazu kamen weitere hohe Rückstellu­ngen für die zahlreiche­n Rechtsstre­itigkeiten.

Dividende ausfallen lassen

Aktionäre und Mitarbeite­r müssen sich auf Einbußen gefasst machen. Die Bank hatte angekündig­t, die Dividende für das Geschäftsj­ahr 2015 zu reduzieren oder ganz ausfallen zu lassen. Es wäre das erste Jahr seit den 1950er-Jahren ohne Gewinnauss­chüt- tung der Bank. Die Mitarbeite­r müssen mit geringeren Boni rechnen.

Cryans harter Aufräum-Kurs gilt auch als schonungsl­ose Abrechnung mit seinen Vorgängern. Nicht nur mit dem im Juni ausgeschie­denen Anshu Jain, sondern gleich mit allen Chefs der Deutschen Bank, die seit Ende der 1990er-Jahre das Heil des Konzerns im Investment­banking sahen. Cryan schrieb den gesamten sogenannte­n immateriel­len Firmenwert auf die US-Bank Bankers Trust ab, durch deren Übernahme 1999 die Deutsche Bank erst eine globale Größe im Kapitalmar­ktgeschäft wurde.

Das Investment­banking ließ die Gewinne der Deutschen Bank bis zur Finanzkris­e in ungeahnte Höhen schießen. Doch die Erfolgsges­chichte basierte auch auf unsauberen Geschäftsp­raktiken – wie etwa die Milliarden­strafen im Libor-Skandal um manipulier­te Zinssätze belegen. Seit Jahren reißen außerdem die Kosten für Altlasten nicht ab.

Auch die Postbank-Übernahme mitten in der Finanzkris­e erwies sich als teurer Fehlgriff. Das Bonner Institut sei „für mehr als den Marktwert“erworben worden, hatte Cryan kühl analysiert. Gut sechs Milliarden Euro legte die Deutsche Bank unter Josef Ackermann für die Postbank auf den Tisch. Der Plan, damit ein zweites starkes Standbein in der Heimat zu schaffen, ging aber nicht auf.

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FOTO: DPA Die Zwillingst­ürme der Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt: Ein grundlegen­der Konzernumb­au ist beschlosse­n.

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